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Ratio decoris
archäologische Erklärungsmodelle zur Aufnahme und Verbreitung dorischer Friese im Mittelitalien des 2. und 1. Jhs. v. Chr.
Dominik Maschek
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Friedrich Krinzinger
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29590.56127.771753-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Bislang standen bei der Erforschung von Architekturdekor eindeutig chronologische und typologische Fragen im Vordergrund. Das Interesse der Forschung richtete sich besonders auf die Validität bestimmter Leitformen als Datierungskriterium. In dieser unbestrittenermaßen wertvollen Funktion ist der heuristische Wert der Beschäftigung mit Architekturornamentik jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft.
Gerade kulturgeschichtliche Fragen werden nur am Rande berührt. Deshalb setzte es sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, basierend auf typologischen Auswertungen und räumlichen wie zeitlichen Differenzierungen verschiedene historische Modelle zu entwerfen, die sowohl die diachrone
Entwicklung von Architekturdekoration in den mittelitalischen Regionen, als auch deren Abhängigkeit von größeren kulturgeschichtlichen und sozioökonomischen Prozessen darzustellen vermögen. Die empirische Auswertung des archäologischen Materials konzentrierte sich dabei primär auf Fragen nach der technischen Ausführung der untersuchten Stücke und deren regionaler Verbreitung. Die Befunde der Einzelobjekte werden übersichtlich zusammengefaßt, typologisch geordnet und nach regionalem Vorkommen sowie nach stilistisch-technischen Übereinstimmungen kartiert, um Grundlagen für die folgende chronologische und chorologische Auswertung zu liefern. Vor allem die Rekonstruktion der ursprünglichen Baukontexte von Einzelstücken spielte dabei eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse dieser Basisuntersuchung wurden in einem letzten Schritt zu einer modellhaften Interpretation und historischen Auswertung synthetisiert. In Form dreier Exkurse konnten abschließend die Fragen nach den inhaltlichen und kulturellen Aspekten von Baudekor nochmals von unterschiedlichen Seiten beleuchtet werden.
In bisherigen Forschungen zu mittelitalischer Bauornamentik des späten 2. und des 1. Jhs. v. Chr. wurden motivisches Repertoire und Verbreitung verschiedener Dekorformen oft mit dem Wirken wandernder griechischer Werkstätten, einem übergeordneten Prozess der ‚Hellenisierung’ oder dem Aspekt der ‚klassenspezifischen’ Repräsentation in Verbindung gebracht. Die im Zuge der vorliegenden Arbeit durchgeführten typologischen Auswertungen und diachronen Kartierungen der mittelitalischen Monumente mit dorischem Fries zeigen allerdings, dass derartige Postulate in mehrfacher Hinsicht
zu differenzieren sind: Erstens muss der Einsatz verschiedener Dekorformen chronologisch und geographisch gegeneinander abgestuft werden. Zweitens ist er in semantischer Hinsicht nach den jeweiligen Ornamentträgern, also den Bauwerken und ihren unterschiedlichen Funktionen zu differenzieren,
und drittens können motivische Abhängigkeiten sowie regionale Produktionsspezifika isoliert und in ihren Abhängigkeiten analysiert werden. Eines der wesentlichen Ergebnisse der Arbeit besteht in einer kohärenten Typologisierung von motivischen Merkmalen, die an den exemplarisch ausgewählten dorischen Friesen aus insgesamt 195 verschiedenen Baukontexten durchgeführt wurde. Anhand dieser Datenbasis war es erstmals möglich, für jedes der untersuchten Gebäude eine typologisch begründete Datierung vorzuschlagen. Auf dieser Grundlage konnten im Anschluss geographische diachrone Kartierungen vorgenommen werden, die in traditionellen Typologien bislang fehlten. Aus der räumlichen und zeitlichen Verteilung des Materials konnte abgeleitet werden, dass anstelle einer von Rom ausgehenden konzentrischen Verbreitung der Ornamente ein komplexes Netzwerk kleinräumiger Beeinflussungen zu postulieren ist. Die Analyse von gut erhaltenen Einzelmonumenten erlaubte darüber hinaus die Rekonstruktion des motivischen Repertoires und der Organisation einzelner lokaler Handwerksbetriebe. Abschließend konnte die wechselnde Verbreitung spezifischer Motivkombinationen an bestimmten Typen von Sakral- und
Grabbauten mit verschiedenen politischen Umstrukturierungen vom Bundesgenossenkrieg bis hin zu den Landverteilungen und Munizipalisierungsprozessen der frühaugusteischen Zeit korreliert werden. Die eingehende Analyse von Werkzeugspuren zeigte, dass die Arbeiten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht von wandernden griechischen oder stadtrömischen Handwerkern, sondern von
lokalen, in spezifischen Traditionen der Steinbearbeitung geschulten Betrieben ausgeführt wurden. Das herkömmliche Modell, in dem mittelitalische Architekturdekoration des 1. Jhs. v. Chr. als Zeichen einer zunehmend ‚hellenisierten’ Gesellschaft gesehen wurde, reicht zur Erklärung solcher Phänomene im Kontext einer komplexen historischen Lebenswirklichkeit nicht aus. Vielmehr wurde im
Rahmen der Dissertation das Hauptaugenmerk auf die Beschreibung interregionaler und intralokaler
Rezeptionsphänomene gelegt. Bauornamentik konnte dabei als sensibler Indikator für die diachronen Veränderungen in der kleinräumigen ästhetischen Wahrnehmung von Architektur und somit auch als kulturgeschichtlich relevante Quelle für die heterogene Gesellschaft der spätrepublikanischen mittelitalischen Regionen erkannt werden.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Bauornamentik Mittelitalien römische Republik dorische Ordnung dorische Friese Werkstätten Bauwesen
Autor*innen
Dominik Maschek
Haupttitel (Deutsch)
Ratio decoris
Hauptuntertitel (Deutsch)
archäologische Erklärungsmodelle zur Aufnahme und Verbreitung dorischer Friese im Mittelitalien des 2. und 1. Jhs. v. Chr.
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
341, 23, 21 S. : Ill., Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Friedrich Krinzinger ,
Klaus Stefan Freyberger
Klassifikation
15 Geschichte > 15.17 Klassische Archäologie
AC Nummer
AC08445159
Utheses ID
10661
Studienkennzahl
UA | 092 | 314 | |