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Zur künstlerischen Rezeption Ferdinand Georg Waldmüllers
Elke Doppler-Wagner
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Walter Krause
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29392.50976.411161-0
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Seit der Wiederentdeckung der Kunst Ferdinand Georg Waldmüllers um die Jahrhundertwende sind eine nicht geringe Anzahl an Monografien, Bearbeitungen und Artikel zum Waldmüller-Themenkreis erschienen. Im Anschluss an die 1997 unternommene Neubewertung der Kunst Waldmüllers befasst sich nun vorliegende Dissertation mit der künstlerischen Rezeption, eine Problemstellung, die sich wegen des thematischen Umfangs zunächst auf Waldmüllers in der Nachfolge engeres Umfeld konzentriert, - auf das Kernland Österreich, mit Wien als Ausgangspunkt. Es erklärt sich von selbst, dass es nicht immer stichhaltige Fakten geben kann, die eine Rezeption Waldmüllers nachweisbar machen. Viele Beobachtungen müssen „angedacht“ bleiben und als Hypothese belassen werden. Es waren die Secessionisten, die Ferdinand Georg Waldmüller als einen der ihren erkennen wollten und sich öffentlich zum „Antipoden der Akademie“ als ihren geistigen Vorläufer bekannten. Sie sahen in Waldmüller einen „von den ganz großen Meistern des Jahrhunderts“. Und es war Carl Moll, ein Mitglied des secessionistischen „Siebener Clubs“, der als neuer artistischer Leiter der Galerie Miethke in Wien im Jahr 1904 seine erste Ausstellung Ferdinand Georg Waldmüller widmete. Sein Beitrag zur Waldmüller-Rezeption um die Jahrhundertwende kann nicht hoch genug geschätzt werden. Nicht zufällig wurde 1907 von Arthur Roessler und Gustav Pisko die erste Waldmüller-Monografie veröffentlicht. Trotz Carl Molls internationaler kulturpolitischer Tätigkeit lässt sein Werk rückblickend immer wieder an eine Tradition anknüpfen, die mit Ferdinand Georg Waldmüller auch typisch österreichische Wurzeln behält. Ein Maler, der in der Literatur wiederholt als künstlerischer Nachfolger Waldmüllers genannt wird, ist der Stimmungsimpressionist Emil Jakob Schindler, Carl Molls Lehrer und vielverehrter „Meister“. Obwohl Schindler und Waldmüller von offensichtlich gegensätzlichem Charakter waren und Schindlers vom Gefühl gelenktes Naturschauen - das ihm erlaubte, die Landschaftskunst um die Stimmung verschiedener Tages- und Jahreszeiten mit deren atmosphärischen Erscheinungen wiederzugeben und fühlbar zu machen - in Gegensatz zu Waldmüllers objektiverem und deskriptivem Natursehen steht, zeigen ihre Werke doch immer wieder Verwandtschaften und Parallelen. Zum Kreis um Emil Jakob Schindler gehörte auch für einige Zeit Olga Wisinger-Florian, in deren Kunstschaffen bereits Zeitgenossen der 1880er Jahre ein „Revivere Waldmüller“ erkannten. Marie Egner gehörte ebenfalls zum ganz engen Kreis um Emil Jakob Schindler. Auch ihr gelang es im Laufe der Zeit, so wie ihrer Kollegin Olga Wisinger-Florian und nach dem Tod Schindlers auch Carl Moll, die „Schindler-Schule“ zu überwinden und zu einer eigenständigen Landschaftsauffassung zu gelangen. Dass Egner dabei mitunter auch Waldmüller rezipierte, soll nicht ausgeschlossen werden. Obgleich in der Literatur als zum Kreis des „Stimmungsimpressionismus“ zählend, ist Tina Blau jedoch einen sehr eigenständigen Weg gegangen. Durch ihr gesamtes Werk zieht sich eine gewisse Sachlichkeit in der Wiedergabe des Gesehenen, die sich deutlich von der stimmungshaften Sensibilität der Malerei Schindlers abhebt und ihre Werke wiederholt in die Nähe Waldmüllers stellt. So lässt sich sowohl während ihrer Ausbildung als auch in späteren Jahren immer wieder ein Konnex mit Ferdinand Georg Waldmüller erkennen. Dass nicht nur Tina Blau, sondern auch ihre Familie Werke Waldmüllers hatte und Tina Blaus Bruder Theodor zur Zeit der Waldmüller-Monografiepublikation 1907 den gesamten schriftlichen Nachlass Waldmüllers besaß, spricht für sich und eine mögliche Vorbildrolle Waldmüllers. Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, Ferdinand Georg Waldmüller auch im Œuvre Gustav Klimts, dem Wortführer und der Leitfigur der Wiener Secession, zu suchen. Trotzdem sich bei Betrachtung der Werke Klimts im Vergleich mit Waldmüllers Œuvre augenscheinliche Differenzen auftun, können in Klimts Landschaften doch mitunter kompositionelle, motivliche und inspirative „Spuren“ Waldmüllers entdeckt werden. Ein Zeitgenosse Waldmüllers bis nach der Mitte des 19. Jahrhunderts war Rudolf von Alt, der wie Waldmüller immer tief in der Heimat verwurzelt und der österreichischen Tradition verbunden geblieben ist. Auf der Suche nach der „wirklichen Wirklichkeit“ ist Rudolf von Alt mit seiner Aquarellmalerei in der Naturwiedergabe zu Lösungen gekommen, die ihn immer wieder in die Nähe des eine Generation älteren Waldmüller brachten. Eine hintergründige theoretische aber auch charakterliche Verwandtschaft verbindet Waldmüller mit Theodor von Hörmann, dessen kämpferisches Wesen gerade in der Durchsetzung seiner Vorstellungen von Kunstausbildung und -ausübung gleichfalls Gemeinsamkeiten mit Waldmüller erkennen lässt. Der zunächst als Lithograf ausgebildete und tätige August von Pettenkofen wandte sich ab circa 1851 nur noch der Malerei zu. Zeitparallel lassen sich in seinen Werken der 1850er Jahre und der Zeit um 1860 immer wieder auch ähnliche Ansätze wie bei Waldmüller feststellen, dessen niederösterreichische Bauern und dessen Bettelkinder durchaus als thematische Entsprechung in Pettenkofens ungarischen Zigeunern gesehen werden können. Wie in vielen anderen Aspekten auch, hat sich Waldmüller in seinen zahlreichen schriftlichen Nachlässen über die Fotografie ebenfalls nicht geäußert. Nur aus zwei Briefen aus dem Jahr 1858 geht hervor, dass Waldmüller dieses neue Medium sehr wohl als Reproduktion seiner originalen Werke zu nutzen wusste. Ob Waldmüller tatsächlich mit Fotografien als Vorlage arbeitete, oder aber ob Waldmüller mit seinem „fotografischen“ Blick mögliche Vorarbeit zur Erfindung der Fotografie geleistet hat, muss Hypothese bleiben. Der Themenkreis vorliegender Dissertation soll ansatzweise mit Oskar Kokoschka geschlossen werden. Dass Oskar Kokoschka 1953 in seiner Eröffnungsrede zur „Schule des Sehens“, die er im Rahmen einer Internationalen Sommerakademie in Salzburg gründete, sich explizit auf Ferdinand Georg Waldmüller berief, dessen Forderung nach „Anschauung, Auffassung und Verständnis der Natur“ mit Kokoschkas Lehrmethode vom bewussten Einsehen und Einschauen in die Natur korrespondierte, soll als Anregung zu weiterer Forschungsarbeit hinsichtlich rezeptionsorientierter Einflüsse Ferdinand Georg Waldmüllers gelten, die nicht nur im Raum Österreichs, sondern auch international zu suchen und zu finden sind.
Abstract
(Englisch)
The years since the official rediscovery of the art of Ferdinand Georg Waldmüller around 1900 have seen the publication of a large number of monographs, studies and articles on Waldmüller and related subjects. The present dissertation follows on from the re-evaluation of Waldmüller’s art undertaken in 1997 and is concerned with the extent of Waldmüller’s influence upon other artists, principally in Austria and above all in Vienna. It goes without saying that Waldmüller’s influence on a given artist cannot always be demonstrated with concrete facts. In these instances, the observations made are to be regarded as no more than hypothetical. The members of the Vienna Secession were adamant that they and Ferdinand Georg Waldmüller were kindred spirits, publicly declaring this “antipode of the Academy” to have been a forerunner of theirs. They saw Waldmüller as one of the very great figures of his century. And when Carl Moll, who was a member of the secessionist “Siebener Club”, became the new artistic director of the Galerie Miethke in Vienna in 1904, his first exhibition was devoted to none other than Ferdinand Georg Waldmüller. Moll’s contribution to the general understanding and appreciation of Waldmüller around the turn of the century cannot be overestimated. Significantly, it was in 1907 that the first monograph on Waldmüller was published, by Arthur Roessler and Gustav Pisko. In contrast to the international scope of Moll’s work in the sphere of cultural politics, his work as an artist was to an extent rooted in a tradition that contained a typically Austrian strain through the influence of such artists as Waldmüller. One painter repeatedly cited in literature on the subject as having followed in Waldmüller’s tracks is Moll’s revered teacher the “mood-Impressionist” (“Stimmungsimpressionist”) Emil Jakob Schindler. As artists, Schindler and Waldmüller were diametrically opposed in character: Schindler’s intuitive eye for nature, which enabled him to paint landscapes that vividly evoke the characteristic climatic conditions and moods of a wide variety of times of day and seasons of the year, contrasts strongly with Waldmüller’s more objective and descriptive approach. Nevertheless, comparison of their work reveals many parallels and cross-relations. For some years, Emil Jakob Schindler’s artistic circle included the painter Olga Wisinger-Florian, who even as early as the 1880s was seen by her contemporaries as a Waldmüller revivalist. Another figure from the closer circle of painters around Emil Jakob Schindler was Marie Egner. Like her colleague Olga Wisinger-Florian and also, after Schindler’s death, Carl Moll, she successfully broke out of the confines of the “Schindler school” and developed her own approach to landscape painting. In so doing, she too may well have been influenced by Waldmüller. Although the literature on the subject counts Tina Blau as having been a “mood-Impressionist”, she in fact followed a very independent path. Throughout her entire work, she displays an objectivity that is in stark contrast to Schindler’s concern with and sensitivity to mood, giving many of her works a close relationship to Waldmüller. This connection with Ferdinand Georg Waldmüller is frequently evident both during her training and in her later years. Interestingly, not only Tina Blau but also her family possessed paintings by Waldmüller, and at the time of the publication of the Waldmüller monograph of 1907 her brother Theodor was in possession of Waldmüller’s entire literary estate. This having been the case, Waldmüller may well have exerted a direct influence upon her as an artist. It may at first seem strange to look for the influence of Waldmüller in the work of Gustav Klimt, the foremost spokesman and leading figure of the Secession. In spite of all the obvious differences between the work of the two artists, “traces” of possible Waldmüller influences can be perceived in Klimt’s landscapes with respect to composition, motifs, and general inspiration. One artist who was a contemporary of Waldmüller until past the middle of the nineteenth century was Rudolf von Alt, who like Waldmüller had close ties to his homeland and was deeply rooted in Austrian tradition. Rudolf von Alt’s search for “real reality” in the rendering of nature in watercolours repeatedly led him to opt for approaches similar to ones practised by Waldmüller, who was his senior by one generation. It is also possible to detect links between Waldmüller and Theodor von Hörmann, not only in terms of theory but also of character: like Waldmüller, Theodor von Hörmann was a forceful and determined individual, particularly in the implementation of his vision of how artists were to be trained and how he himself chose to practise his art. August von Pettenkofen initially trained and practised as a lithographer before devoting himself exclusively to painting from around 1851. Pettenkofen’s works of the 1850s and around 1860 repeatedly display similarities with those of Waldmüller in the same period, as for example in the parallels between the latter’s beggar children and Lower Austrian peasants and similar figures amongst Pettenkofen’s Hungarian gypsies. Photography is just one of many subjects on which Waldmüller refrained from expressing an opinion in all his many writings. Only from two letters from the year 1858 do we know that Waldmüller did make use of this new medium for the reproduction of his own original works. However, we can only speculate as to whether Waldmüller actually used photographs as auxiliary material for his paintings, or, conversely, whether with his photographic eye he possibly made a preliminary contribution to the invention of photography. The present dissertation concludes by touching upon Oskar Kokoschka. Kokoschka made explicit reference to Ferdinand Georg Waldmüller in his speech for the opening of the “School of Seeing” (“Schule des Sehens”) that he founded in 1953 in the context of an International Summer Academy in Salzburg. Waldmüller’s appeal to artists to “contemplate nature, perceive nature, and understand nature” (“Anschauung, Auffassung und Verständnis der Natur”) has much in common with the method of teaching practised by Kokoschka, who insisted that his students should consciously strive for the kind of insights that come from “looking into” nature and seeing below the surface of natural phenomena. This fact is intended to serve as a prompt for further research into Ferdinand Georg Waldmüller’s influence on artists both in Austria and beyond its borders. (Translated by John Nicholson)

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Rudolf von Alt Theodor von Hörmann August von Pettenkofen Fotografie Oskar Kokoschka nature light landscape painting plain-air painting portraits genre scenes
Schlagwörter
(Deutsch)
Ferdinand Georg Waldmüller Carl Moll Emil Jakob Schindler Olga Wisinger-Florian Marie Egner Tina Blau Gustav Klimt Rudolf von Alt Theodor von Hörmann August von Pettenkofen Fotografie Oskar Kokoschka Natur Licht Landschaftsmalerei Freilichtmalerei Porträts Genreszenen
Autor*innen
Elke Doppler-Wagner
Haupttitel (Deutsch)
Zur künstlerischen Rezeption Ferdinand Georg Waldmüllers
Paralleltitel (Englisch)
On the extent of Ferdinand Georg Waldmüller`s influence on artists of later generations
Publikationsjahr
2007
Umfangsangabe
249, 31, 228 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Walter Krause ,
Werner Kitlitschka
Klassifikation
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.00 Geisteswissenschaften allgemein: Allgemeines
AC Nummer
AC06514957
Utheses ID
182
Studienkennzahl
UA | 092 | 315 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1