Detailansicht

Der sogenannte "Antiquus Austriacus" und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Doris Marth
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Ekkehard Weber
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30142.65315.899570-1
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Dissertation widmet sich der ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum, wobei der geographische Schwerpunkt auf der Provinz Noricum liegt. Da die antiken Provinzgrenzen für die frühen Sammler allerdings nicht von Bedeutung waren, werden – wenn im Kontext erforderlich – auch Denkmäler aus Raetia, Dalmatia und Italia, vor allem aber aus Pannonia Superior behandelt. Der chronologische Schwerpunkt der Arbeit liegt im ausgehenden 15. und ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Nach der einführenden Darstellung der Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften werden die beiden ältesten Abschriften norischer Inschriften durch den Mönch Berchtold in einem Kremsmünsterer Codex (um 1300) und durch einen Anonymus in einer Lambacher Handschrift (vermutlich 1398) genauer beleuchtet. Im Folgenden wird der Humanismus als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik und die entsprechende Ausbreitung im Ostalpenraum mit ständigem Bezug auf die relevanten Bestrebungen in Italien untersucht. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Vorbildwirkung von Poggio Bracciolini und Ciriaco d’Ancona. Die ältesten Abschriften von fünf Inschriften aus Celeia finden sich schließlich in einem Werk, in dem man sie nicht vermuten möchte: Im dritten Teil des Itinerarium von Paolo Santonino (1487). Mit der weiteren Verbreitung des humanistischen Gedankengutes und der Förderung durch Maximilian I. setzt auch im österreichischen Raum umfassenderes Interesse für eine antiquarisch-epigraphische Sammeltätigkeit ein, doch die nachweisbaren Spuren großer Humanisten wie Johannes Cuspinianus und Konrad Celtis bleiben klein. Nur Johannes Fuchsmagen, neben Konrad Peutinger wichtigster Ratgeber und Sachverständiger des Kaisers in altertumskundlichen Belangen, kann vorerst durch den Besitz von römerzeitlichen Originalen und einer handschriftlichen Inschriftensammlung aus Italien entsprechendes Interesse nachgewiesen werden. Besondere Aufmerksamkeit wird in der vorliegenden Arbeit Augustinus Prygl Tyfernus zuteil, der eine umfangreiche Inschriftensammlung angelegt hat. Diese ist in Form zweier Abschriften erhalten geblieben, deren Genese möglicherweise mit Johannes Fuchsmagen in Zusammenhang zu bringen ist. Augustinus Tyfernus wurde bisher bereits mehrfach mit dem sog. „Antiquus Austriacus“, dem angeblich ersten Sammler norischer Inschriften identifiziert. Obwohl tatsächlich vieles dafür spricht, bleiben Fragen offen, die in der vorliegenden Arbeit behandelt werden. Die Untersuchung von zwei bisher wenig beachteten Handschriften epigraphischen Inhalts, CVP 3255* aus der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und Codex XIII G 14 aus der Tschechischen Nationalbibliothek in Prag, erbringt schließlich nicht nur in dieser Hinsicht aufschlussreiche Ergebnisse.Zunächst konnte der erste Teil der Wiener Handschrift, eine bisher nicht näher bekannte Inschriftensammlung, als eine (weitere) Abschrift der sog. „Publius-Licinius-Sammlung“ identifiziert werden. Beim zweiten Teil der Handschrift, einem Register einer bisher unbekannten Inschriftensammlung, handelt es sich zweifelsfrei um das Register der Prager Sammlung in ihrem ursprünglichen Zustand. Diese Zusammengehörigkeit ermöglicht in Folge wechselweise Ergänzungen der beiden Codices sowie genauere Aussagen zur Datierung der Prager Pergamenthandschrift. Zudem kann jetzt nachgewiesen werden, dass die Prager Sammlung formal und inhaltlich auf Johannes Fuchsmagen zurückzuführen ist, womit die Berechtigung gegeben ist, diese Sammlung als „Fuchsmagen-Sammlung“ zu bezeichnen. Dieser Umstand ist von besonderem Interesse, da diese Handschrift als einzige bisher bekannte Sammlung sämtliche Inschriften enthält, deren Erstabschrift von Theodor Mommsen dem sog. „Antiquus Austriacus“ zugewiesen worden ist, sowie all jene Denkmäler, die später zu dieser anonymen Sammlung gekommen sein sollen. Durch die Untersuchung dieser Abschriften zeigt sich, dass es sich bei der „Antiquus-Austriacus-Sammlung“ nicht um eine homogene Zusammenstellung eines einzigen auctor antiquissimus handelt, sondern um ein Produkt aus qualitativ unterschiedlichen Abschriften. In Verbindung mit weiteren Untersuchungsergebnissen zu Johannes Fuchsmagen (u. a. ist seine eigene Hand in der Prager Sammlung nachweisbar) ist die Schlussfolgerung unumgänglich, dass sich seine Sammeltätigkeit hinter der rekonstruierten Bezeichnung „Antiquus Austriacus“ verbergen muss. Da er hiefür auch älteres, in den einschlägigen Kreisen zirkulierendes Material zusammengetragen und sein weitreichendes humanistisches Netzwerk genutzt hat, erscheint es jedoch zutreffender, von einem „Antiquus-Austriacus-Kollektiv“ unter der Ägide von Johannes Fuchsmagen zu sprechen. Die Fuchsmagen-Sammlung wird zusätzlich den bisher bekannten Nachfolgesammlungen des sog. „Antiquus Austriacus“ von Peutinger, Choler und Apianus/Amantius gegenübergestellt. Auf diese Weise kann auch Mommsens Ansatz bestätigt werden, dass Peutingers Codices die älteste Fassung der sog. „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bieten, die auch Choler für einen vorderen Abschnitt seiner epigraphischen Handschrift zur Verfügung stand. Dann aber wurde die Inschriftensammlung als Vorbereitung für den Prager Codex überarbeitet, d. h. nach geographischen Gesichtspunkten neu zusammengestellt, erweitert und in dieser Form von Choler abermals herangezogen. Schließlich kann gezeigt werden, dass die kodikologisch hochwertige Prager Inschriftensammlung als Vorarbeit für eine Drucklegung gedacht war, denn sie diente den etwa 25 Jahre später gedruckten „Inscriptiones sacrosanctae vetustatis“ von Apianus/Amantius für Noricum und Pannonia Superior als Hauptquelle.
Abstract
(Englisch)
This doctoral thesis attends to the oldest records of Roman inscriptions of Austria, predominantly of the province of Noricum. Since the ancient provincial borders were not of significance to early collectors, monuments of Raetia, Dalmatia, Italia, and especially of Pannonia Superior are dealt with if required by context. The chronological focus of the survey is to be found towards the end of the 15th and the first third of the 16th century. After the introductory description of the beginnings and early stages of recording Latin inscriptions the two oldest copies of Noric inscriptions by Monk Berchtold in a Codex of Kremsmünster (around 1300) and by an anonymous author in a manuscript of Lambach (supposedly 1398) are examined meticulously. Thereafter humanism and its corresponding spread in the area of the Eastern Alps are surveyed as the time of birth of Latin epigraphy, constantly keeping in mind relevant efforts in Italy. Particular attention is directed to the influential models of Poggio Bracciolini and Ciriaco d’Ancona. The oldest copies of five inscriptions from Celeia are finally to be found where one would not expect them: in the third part of Paolo Santonino’s Itinerarium (1487). As a consequence of the spreading humanistic attitude and the promotion through Maximilian I, extensive interest for antiquarian-epigraphic collecting activity can be noted in the area of Austria, yet the detectable traces of sophisticated humanists such as Cuspinianus and Celtis remain modest. For the time being relevant interest can only be ascribed to Johannes Fuchsmagen (beside Konrad Peutinger most influential imperial advisor and consultant in matters of antiquity), due to his possession of Roman originals and a manuscript collection of inscriptions from Italy. The thesis at hand grants Augustinus Prygl Tyfernus recognition for having gathered a comprehensive collection of inscriptions which has been preserved in form of two copies. Their genesis may possibly be related to Johannes Fuchsmagen. Augustinus Tyfernus has repeatedly been identified as the socalled “Antiquus Austriacus“, the supposedly first collector of Noric inscriptions. Even though there is indeed much indication in favour of that theory, various questions tackled in this survey remain unanswered. The examination of two hardly noticed epigraphic manuscripts, CVP 3255* from the National Library of Austria in Vienna and Codex XIII G 14 from the National Library of the Czech Republic in Prague, leads to revealing results interesting in many respects. First of all the first part of the Viennese manuscript, a hitherto hardly known collection of inscriptions, could be identified as a (further) copy of the so-called “Publius-Licinius-Collection“. Its second part, a register of a so far unknown collection of inscriptions, can doubtlessly be determined as the register of the collection of Prague in its original form. As a consequence this unity allows alternate supplements of both codices as well as a more precise assessment of the date of the parchment manuscript. Furthermore, it can now be proved that the collection of Prague traces back to Johannes Fuchsmagen with regard to form and content and therefore deserves to be regarded as “Fuchsmagen-Collection“. That circumstance is of significant interest as the mentioned manuscript happens to be the only collection so far known containing all inscriptions of which Theodor Mommsen ascribed the oldest copy to the socalled “Antiquus Austriacus“, while at the same time including all those monuments which later supposedly became part of this anonymous collection. The examination of the relevant copies shows that the “Antiquus-Austriacus-Collection“ is not a homogeneous compilation by a single auctor antiquissimus but rather an amalgam derived from different copies of varying quality. In connection with other results of the investigation concerning Johannes Fuchsmagen (e.g. his own handwriting can be identified in the collection of Prague) the conclusion is inevitable that his activity as a collector must be concealed behind the reconstructed expression “Antiquus Austriacus“. Since he also compiled older material circulating in appropriate sections of society,thereby making use of his wide-ranging humanistic network, it seems more suitable to speak of an “Antiquus-Austriacus-Collective“ under the aegis of Johannes Fuchsmagen. The Fuchsmagen-Collection is also compared with the hitherto known succeeding collections of the so-called “Antiquus Austriacus“ of Peutinger, Choler and Apianus/Amantius. That way even Mommsen’s assumption can be confirmed that Peutinger’s Codices provide the oldest version of the so-called “Antiquus-Austriacus-Inscriptions“, which also Choler found available for an early section of his epigraphic manuscript. But then the inscriptions were revised in preparation for the Codex of Prague, thus newly compiled according to geographical criteria, and in this form used by Choler anew. Finally, it can be shown that the codicologically refined collection of inscriptions of Prague were meant to be a preliminary work preparing a printed edition as they served as a main source for the “Inscriptiones sacrosanctae vetustatis“ by Apianus/Amantius (printed in 1534) for Noricum and Pannonia Superior.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Inschriften Römerzeit Österreich Überlieferung Humanismus
Autor*innen
Doris Marth
Haupttitel (Deutsch)
Der sogenannte "Antiquus Austriacus" und weitere auctores antiquissimi
Hauptuntertitel (Deutsch)
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
558 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Ekkehard Weber ,
Franz Römer
Klassifikationen
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.01 Geschichte der Geisteswissenschaften ,
15 Geschichte > 15.03 Theorie und Methoden der Geschichtswissenschaft ,
15 Geschichte > 15.10 Historische Hilfswissenschaften ,
15 Geschichte > 15.14 Diplomatik, Epigraphik ,
15 Geschichte > 15.28 Römisches Reich ,
15 Geschichte > 15.60 Schweiz, Österreich-Ungarn, Österreich
AC Nummer
AC11230105
Utheses ID
27541
Studienkennzahl
UA | 092 | 310 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1