Detailansicht

Unterhaltung in der Wüste
verbale Interaktion und Soziabilität bei Imuhaṛ-NomadInnen
Anja Fischer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Andre Gingrich
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.11132
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30347.71416.666259-2
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Soziales Handeln und Kommunikation sind die zentralen Elemente, durch die sich eine Gesellschaft konstituiert und verortet. Diese Studie zielt auf eine detaillierte Analyse der sozialen Gesichtspunkte der verbalen Interaktion am Beispiel der Imuhaê-NomadInnen in der Algerischen Sahara ab. Die forschungsleitende Fragestellung dabei lautet: Wie reflektiert sich Soziabilität im interaktionalen Gebrauch von semiotischen Ressourcen? Ziel dieser Untersuchung ist es, die komplexen sozialen Zusammenhänge der interaktionalen Kommunikation bei den Imuhaê zu analysieren. Dabei dient als Grundstein der Forschung der von Hymes (1971[1962]) entwickelte Ansatz der Ethnographie des Sprechens. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf der semiotischen Gemeinschaft von Sprechen, Raum, Zeit, Gender, Alter, Hierarchie, sozialen Werten und Normen in einer nomadischen Gesellschaft. Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine empirische Studie, die auf teilnehmender Beobachtung in der Feldforschung basiert. Die qualitative Methode der Anthropologie erlaubt Einblick in die soziokulturellen Komponenten der Unterhaltung. Durch das Sprechen eröffnet sich die unsichtbare Dimension des sozialen Handelns. Der Fokus der Untersuchung liegt nicht auf der Bevölkerung insgesamt, sondern auf der individuellen Persönlichkeit. Mit Hilfe der Darstellung einer Person in ihrem Umfeld und im Zusammenhang mit einer kommunikativen Komponente wird versucht, dem „native point of view“ entgegen zu kommen. Zunächst wird in dieser Studie das ethnographische Feld um die Imuhaê aufgespannt. In einem Überblick präsentiere ich das nomadische Gefüge im geographischen Kontext. Danach entfaltet sich der komplexe linguistische Raum mit seiner enormen Sprachenvielfalt. Im Anschluss erfolgt die Aufarbeitung der persönlichen Erfahrungen in der Feldforschung, in der die permanente Selbstreflexion erforderlich ist. Den Abschluss des ersten einführenden Teils dieser Studie bildet ein kurzer theoretischer Einstieg in die linguistische Nomadologie und in die Ethnographie des Sprechens. Der empirische zweite Teil ist das Kernstück – die Nomadographie des Sprechens. Die Unterhaltungen in der Wüste werden anhand von personalisierten linguistischen Portraits veranschaulicht. Durch die Darstellung des sozialen, räumlichen und zeitlichen Schauplatzes wird zunächst eine Kontextualisierung der verbalen Kommunikation versucht. Die Exposition des Alltagsgesprächs bis hin zu komplexen Sprechgenres zeigen die verbale Virtuosität der NomadInnen. In dem Zusammenhang wird unter anderem auf die Geheimsprachen, die Rätsel, die Poesie, die Sprichwörter und die Geschichten der Imuhar eingegangen. Im letzten Teil werden die vielschichtigen Zusammenhänge von Soziabilität und Sprachgebrauch analysiert. Soziale Werte und Normen beeinflussen die Wahl der Worte und formen sprachliche Interaktionsnormen. Durch die analytische Betrachtung der Bedeutung des Sprechens werden die Sprechmuster der NomadInnen nachvollziehbar. Dafür werden die Bedingungen des adäquaten Kommunikationsverhaltens fokussiert und es wird versucht, die Kommunikations-gewohnheiten der Gemeinschaft darzustellen. Die Situationen, der Gebrauch, das Muster und die Funktion des Sprechens zeigen den engen Konnex von verbaler Interaktion und Soziabilität. Was bedeutet das Sprechen für NomadInnen? Im letzten Kapitel kristallisiert sich das Sprechkonzept der Imuhaê heraus und die Interpretationsmuster des Sprechens der NomadInnen werden deutlich. Das Wissen über die Art und Weise des Sprechens (ways of speaking) eröffnet den Zugang zu einer Gesellschaft. Der Sprachgebrauch wird als sozialer Prozess interpretiert. Diese Untersuchung analysiert das Sprechverhalten in der Unterhaltung der Imuhaê mit einem holistischen Ansatz. Welche semiotischen Muster sind in welchem Kontext verfügbar und wie, wann und wo werden diese verwendet? Haben Sahara-NomadInnen eine spezifische Auffassung, was Sprechen bedeutet, und woraus setzt sich adäquates Sprechen in der Gesellschaft der nomadischen Imuhaê zusammen? Thema dieser Studie ist die kommunikative Funktion der Sprache bei der Konstitution von sozialem Leben in der Wüste.
Abstract
(Englisch)
Social acting and communication are the central elements, which constitute a society. This study focuses on a detailed analysis of social aspects of verbal interaction among the Imuhar nomads (“Tuareg”) in the Algerian desert. The central question in my research is: How is sociability reflected in its interactional use of semiotic resources? The aim of this study is to analyse the complex social components of interactional communication in the Imuhar society. The approach to an ethnography of speaking as developed by Hymes (1971[1962]) gives the basis of this research. The focal point of this work is to be found in the semiotic congruence between speaking, space, time, gender, age, hierarchy, values, and norms in a nomadic society. This empiric study is based on participant observation in fieldwork. The qualitative method in anthropology allows an insight into the social and cultural components in verbal interaction. Speaking opens the invisible dimension of social acting. The focus of the investigation is not on the population as such, but aims on the individual personality. Introducing a person in a situation of speaking and in a context of communicative components shall try to find the “native point of view”. In the first part of this study the ethnographic field of the Imuhar is presented. Then, the complex linguistic space is described with its enormous variety of language, followed by a concise theoretical introduction in the Linguistic Anthropology and the ethnography of speaking. The second, the empiric, is the main part – the nomadography of speaking. The conversations in the desert are illustrated by the way of personalised linguistic portraits. Presenting the social, spatial and timely situation tries to contextualise the verbal communication. Exposing the everyday talk up to the complex genres of speaking shows the verbal virtuosity of the nomads. In the final part the multi-layered connections of sociability and the use of speech are analysed. Social values and norms have an influence to chose words and form norms of interaction. By the analytic viewing of the meaning of speaking the patterns of speech of the nomads can be followed. Consequently the conditions of adequate behaviour of communication are focussed to try to illustrate the habits of communications of the community. The situation, the use, the pattern and the function of speaking show the close correlation of verbal interaction and sociability. What means speaking to the nomads? In the last chapter the concept of speaking crystallises and the patterns of interpretation of speaking among nomads gets clear. The knowledge on the ways of speaking opens an access to this society. The use of speech is interpreted as a social process. Which semiotic patterns are available in which context and how, when and where are they used? As for this the various speech genres like the secret languages, the riddles, the proverbs and the tales among Imuhar are investigated. Do nomads in the desert have a specific conception, what speaking means and what adequate speaking implies in the society of the Imuhar? The theme of the study is the communicative function of language while constituting social life in the desert.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
linguistic anthropology semiotic Imuhar Tuareg Nomads Nomadism Nomadology verbal interaction sociability Algeria Sahara communication conversation ethnography of speaking
Schlagwörter
(Deutsch)
Linguistische Anthropologie Semiotik Imuhar Tuareg Nomaden Nomadismus Nomadologie verbale Interaktion Soziabilität Algerien Sahara Kommunikation Unterhaltung Ethnographie des Sprechens
Autor*innen
Anja Fischer
Haupttitel (Deutsch)
Unterhaltung in der Wüste
Hauptuntertitel (Deutsch)
verbale Interaktion und Soziabilität bei Imuhaṛ-NomadInnen
Paralleltitel (Englisch)
Conversation in the desert ; verbal interaction and sociability among Imuhar Nomads
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
219 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Andre Gingrich ,
Wolfgang Kraus
Klassifikationen
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.08 Semiotik ,
73 Ethnologie > 73.06 Ethnographie
AC Nummer
AC08238997
Utheses ID
10044
Studienkennzahl
UA | 092 | 307 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1