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Das reiche Land der Armen
die Polarisierung der argentinischen Gesellschaft und die Verarmung der Mittelklassen
Lisa Seekircher
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Johannes Jäger
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.11711
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30242.90907.153353-9
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Nach der internationalen Wirtschaftskrise 1930 wurde in Argentinien das Agrarexportmodell von der importsubstituierenden Industrialisierung (ISI) abgelöst. Diese neue Entwicklungsstrategie ermöglichte Argentinien die Etablierung einer Integrationsgesellschaft, gekennzeichnet durch einen großen Anteil von Mittelklassen in der Bevölkerung, einer hohen Formalisierung der Arbeitsverhältnisse und einer aufsteigenden sozialen Mobilität. Armut und soziale Ungleichheit gehörten zu marginalen sozialen Realitäten des Landes, sodass Argentinien in Lateinamerika lange durch sein gesellschaftliches Integrationsmodell hervorstach. Mitte der 1970er Jahre änderte sich mit der Implementierung des neoliberalen Wirtschaftsmodells diese Realität. Vor allem in den 1990er Jahren wurden neoliberale Reformen nach der Vorlage des Washington Consensus auf radikale Art und Weise durchgeführt und hatten fatale gesellschaftliche Folgen, sodass sich die ehemalige Inklusionsgesellschaft in eine Exklusionsgesellschaft verwandelte. In der Diplomarbeit wird analysiert, wie und warum sich die Sozialstruktur Argentiniens seit 1976 veränderte und wie sich die Veränderungen auf die Beziehungen zwischen den verschiedenen sozialen Schichten auswirkten. Der Ansatz der Chancenstruktur von Carlos Filgueira als Basiskonzept für die Bildung eines integrierten Modells der sozialen Schichtung und Mobilität stellt die theoretische Basis für die Analyse der Veränderungen der Sozialstruktur in Argentinien dar und zeigt, wie sich der Auslöser für auf- und absteigende soziale Mobilität in Argentinien modifizierte. Die neoliberale Wirtschaftspolitik zerstörte die für lange Zeit gültigen Integrationsmechanismen Sozialstaat und Lohnarbeit in Argentinien. Der Staat verlor seine Interventionsrolle zur Verteilung der Ressourcen sowie zur öffentlichen und universellen Garantie der sozialen Sicherheit der Bevölkerung. Weiters führte die Flexibilisierung und Deregulierung des argentinischen Arbeitsmarktes zur Segmentierung der ArbeiterInnen. Eine dualisierende Dynamik am Arbeitsmarkt führt zu einer zunehmenden Kluft zwischen qualifizierten und unqualifizierten ArbeitnehmerInnen, d.h. die Chancen auf aufsteigenden Mobilität haben sich vermindert. Konkret zeigte sich dies im Anstieg der Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, Informalität, Prekarität, Einkommensungleichheit sowie im Rückgang der Einkommen. Die Zerstörung der Integrationsmechanismen in der argentinischen Gesellschaft führte zu einem Wachstum und einer Heterogenisierung der Armut, d.h. es nahm nicht nur die Anzahl der Armen zu, sondern weite Teile der Mittelklassen verarmten. Außerdem nahm die soziale Ungleichheit und Polarisierung in Argentinien zu. Der Wandel zu einer ungleichen und polarisierten Gesellschaft in Argentinien führte zum Anstieg der sozialen Konflikte, sodass heute die Kriminalität und die physische Unsicherheit zur Normalität des Landes gehören. Die Folge war die Auflösung der vertikalen Beziehungen in der argentinischen Sozialstruktur. Die sogenannten GewinnerInnen im neoliberalen System segregierten sich in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen. Die weitere Folge dieser Veränderungen in den Beziehungen zwischen den verschiedenen sozialen Schichten war die Etablierung eines Vergesellschaftungsmodells, das untereinander abgregrenzte und in sich homogene Gruppen produzierte.
Abstract
(Englisch)
After the Great Depression of the 1930s Argentina's agricultural export model was displaced by the economic policy of import substitution industrialization (ISI). This new policy allowed Argentina to become an integrated society characterized by a high percentage of middle classes, the formalization of labour relations and upward social mobility. Poverty and social inequality appeared just as extremly marginal phenomenons in the Argentine society, such as that Argentina's model of social integration was unique in Latin America for many years. By the mid of the 1970s however the implementation of the neoliberal model changed Argentina's social reality. Particularly the radical neoliberal reforms of the 1990s, which have been introduced in line with the Washington Consensus, had a fatal impact on the Argentine society. Argentina moved from an inclusive society to an exclusive society. This diploma thesis focuses on the transformation of Argentina's social structure since 1976 and its impact on the relations between the different social classes in the Argentine society. Carlos Filgueira's “structure of opportunities“ model provides the theoretical basis to study the transformation of Argentina's social structure and to analyse how the chances of upward social mobility as well as the risks of downward social mobility have changed. The neoliberal economic policy abolished wage labour and the state, which both provided the basis for social integration in Argentina. By then the state ensured social security and the equitable distribution of resources within the society. The deregulation of the Argentine labour market caused an internal segmentation of the workers. A dualization deepend the gap between skilled and unskilled labour, such as the chances of upward mobility declined. Consequently unemployment, underemployment, informal labour relations, precarious labour relations and income disparity increased; poverty increased as well and became much more heterogeneous. Not only that the number of poor people rose, but large sections of the middle classes sank into poverty. The polarization of the Argentine society and the social inequality were attended by a rise of social conflicts, such as delinquency and physical unsecurity belong to everyday life now. As a result the vertical relations between the different social classes were dissolved; those who profited from the neoliberal reforms segregated themselves from the rest of the society. This transformation of the relations between the different social classes caused a model of sociation which produces isolated and internally homogenous groups.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Argentina social mobility structure of opportunities poverty impoverishment of middle classes social inequality social polarization
Schlagwörter
(Deutsch)
Argentinien soziale Mobilität Chancenstruktur Armut Verarmung der Mittelklassen soziale Ungleichheit soziale Polarisierung
Autor*innen
Lisa Seekircher
Haupttitel (Deutsch)
Das reiche Land der Armen
Hauptuntertitel (Deutsch)
die Polarisierung der argentinischen Gesellschaft und die Verarmung der Mittelklassen
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
145 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Johannes Jäger
Klassifikation
71 Soziologie > 71.12 Soziale Stratifikation, soziale Mobilität
AC Nummer
AC08364363
Utheses ID
10566
Studienkennzahl
UA | 057 | 390 | |
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