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Kunst und Pneuma
von Hofmannsthals Lyrik des Hauchs zur Atemperformance
Dorothea Rebecca Schönsee
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Roland Innerhofer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.13312
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29396.00664.982854-6
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Im Zentrum der vorliegenden Untersuchung von Hofmannsthals "Gespräch über Gedichte" (1904) steht die Herleitung einer polaren Spannung zwischen dem Hauch als Index eines Körpers und seiner blutmystischen Entgrenzung. Es erweist sich, dass diese auf dem Opferritus gründende Polarität für Hofmannsthal zur Bedingung idealer Kunsterfahrung wird. Erst in sakrifizieller Resonanz zum im Werk konzeptuell verborgenen orgiastischen Opfergeschehen kann demnach eine ästhetische Wahrnehmung pneumatischer Dimensionen gelingen und ein Prozess initiiert werden, der im Erschließen einer Sprache der Entladungen und über ein tautegorisches Erfassen der Welt einem Bewegungsvokabular jenseits des Figurativen auf die Spur zu kommen sucht. Unter dem Aspekt des Atmosphärischen spannt Hofmannsthals Wissenspoetik ein fachübergreifendes Netz diskursiver Konstellationen, in das sprachmystische Ansätze Hamanns und Brunos genauso integriert werden wie zeitgenössische Erkenntnisse aus dem Gebiet der Thermodynamik (z.B. die Helmholtz-Energie), aber auch okkultistische Strömungen der Zeit wie Maacks Vorstellung eines Perisomas. Zentrale Begriffe Schulers, wie der des Telesmas oder sein Konzept des „Offenen Lebens“ werden inhaltlich vorweggenommen. An dieser kulturellen Matrix zeigt sich, wie schnell die Feier des Hauchs zum realitätsvernichtenden Quietiv werden kann, das einer Apologie der Gewalt im Vorzeichen faschistischer Strukturen und patriarchaler Herrschaftsgesten Vorschub leistet. In der Untersuchung der sprachkritischen Dimension von Hofmannsthals Wahrnehmungstheorie einer "Aporie des Hauchs" lässt sich dagegen ein innovatives, modernistisches Potential erkennen. Inwiefern Hofmannsthals Kritiktheorie in ihrer spannungsgeladenen Stellung zwischen Erfahrungsvernichtung und Erfahrungserweiterung ein ästhetisches Maß bietet für den schmalen Grad, an dem das ästhetische Versprechen pneumatischer Fluchtpunkte in eine Nichtung des Humanen umzuschlagen droht, skizziert die Untersuchung in einem abschließenden Ausblick am Beispiel Vito Acconcis, Yves Kleins, Hermann Nitschs und einiger neuerer künstlerischer Projekte im Bereich der Neuen Medien, der Bio-Art und der Werbung. Ziel ist es, ein Dispositiv zu entwerfen, anhand dessen die immer wieder in neuen Medienkonstellationen erwachende Faszination des Pneumatischen kritisch erfassbar wird.
Abstract
(Englisch)
Ascending from a micro-perspective on Hofmannsthal’s “Gespräch über Gedichte” (1904) to a macro-perspective on breath and the meaning of breathing as performative artistic gesture, the research paper at hand aims to illuminate multifarious dynamics and phenomena that pneumatic apparitions rise to. Hofmannsthal’s fictional dialouge about poetry and the power of aesthetic judgment revolves around the assertion that both the apprehension of the linguistic symbol and its creation derive from a voluptuously relished act of sacrifice culminating in a breathing performance in which for the beat of breath the perpetrator, seeking a sigh of relief from inchoate forces, shares the death of the victim and transcends into a realm of fibrous connectivity beyond the confines of space and time. The study at hand traces how Hofmannsthal’s aesthetics of respiration (Hauch) lead the recipient into translating the sacrificial vacillation between ego-annihilation and recapturing of the self, between suppressing and subjugated body, between soma and sarx, pneuma and pnoé into a cathartic post-choreographic mode of dance, which as it regresses through a complex system of mythological layers towards a non-verbal level of breathing-communication formulates a method of language critique. The cross-disciplinary research carried out here (e.g. Hofmannsthal’s relation to Hamann and Bruno, his alignment with Maack and Schuler but also his use of concepts borrowed from the field of thermodynamics, such as the Helmholtz free energy) unravels a woof of theoretical threads vital to understanding the psychoanalytical, philosophical and socio-historical context in which manifestations of the pneumatic have since resurfaced. The last chapter applies the results to works by Vito Acconci, Yves Klein and Viennese Actionism but also to recent developments in new media culture and bio-art. The thesis strives to demonstrate how Hofmannsthal’s aesthetics of an “aporia of pneuma” provides a critical art theory which facilitates fathoming the fine line where the fascination with the ineffable turns into a toxic bubble of totalitarian thought and fascist sensuality.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
pneuma breath sacrifice Hofmannsthal aesthetic theory bio-power fascism Bataille Yves Klein Vito Acconci
Schlagwörter
(Deutsch)
Atem Hofmannsthal Opfer Bruno Hamann Maack Schuler Blutmystik Ästhetik Performance
Autor*innen
Dorothea Rebecca Schönsee
Haupttitel (Deutsch)
Kunst und Pneuma
Hauptuntertitel (Deutsch)
von Hofmannsthals Lyrik des Hauchs zur Atemperformance
Paralleltitel (Englisch)
Art and pneuma. From Hofmannsthal's lyric poetry of breath to breathing performance
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
283 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Roland Innerhofer ,
Michael Rohrwasser
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.99 Wissenschaft und Kultur allgemein: Sonstiges ,
08 Philosophie > 08.41 Ästhetik ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.00 Geisteswissenschaften allgemein: Allgemeines ,
11 Theologie > 11.48 Kulturgeschichtlicher Hintergrund ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.90 Literatur in Beziehung zu anderen Bereichen von Wissenschaft und Kultur ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.93 Literarische Stoffe, literarische Motive, literarische Themen ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.94 Literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.96 Vergleichende Literaturwissenschaft: Sonstiges ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.97 Texte eines einzelnen Autors ,
20 Kunstwissenschaften > 20.06 Kunstphilosophie, Kunsttheorie ,
20 Kunstwissenschaften > 20.07 Kunstkritik, Kunstinterpretation ,
20 Kunstwissenschaften > 20.24 Gesellschaft, Kultur ,
21 Einzelne Kunstformen > 21.99 Sonstige Kunstformen ,
24 Theater > 24.03 Theorie und Ästhetik des Theaters
AC Nummer
AC08504291
Utheses ID
11962
Studienkennzahl
UA | 092 | 332 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1