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Zu den Grundlagen materialistischer Staatstheorie
der bürgerlich-kapitalistische Staat und seine historische Konstituierung
Johannes Pardatscher
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Ulrich Brand
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.13420
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30468.83095.105966-3
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In vorliegender Arbeit werden verschiedene Seiten der Debatte um materialistische Staatstheorie aufgeworfen und diskutiert. Das Forschungsinteresse gilt dabei besonders stark der Frage, welche Rolle der historische Prozess der Konstituierung bürgerlich-kapitalistischer Staatlichkeit für eine materialistische Staatstheorie spielt bzw. spielen sollte. Am Beginn steht eine Diskussion der theoretischen und methodischen Grundlagen materialistischer Staatstheorie. Dabei wird diskutiert, wie überhaupt an eine materialistische Theorie des Staats herangegangen werden muss, als auch, welche theoretischen und methodischen Grundannahmen einem solchen Unterfangen zugrunde liegen müssen. Dies geschieht in der Auseinandersetzung mit Überlegungen bei Karl Marx und Friedrich Engels, sowie bei Luis Althusser und Michael Heinrich. Es wird argumentiert, dass einer historisch-materialistischen Analyse die Annahme einer determinierenden Wirkung „der Ökonomie“ zugrunde liegen muss. Eine solche Annahme muss notwendigerweise aber auch eine genauere Bestimmung beinhalten, worin diese besteht und wie sich diese auswirkt. Außerdem braucht es ein Bewusstsein über die begrenzten Möglichkeiten eine solche Determination auf abstrakt-theoretischer Ebene alleine bestimmen zu können – diese kann nicht isoliert von Analysen historisch-konkreter Prozesse vorgenommen werden. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Ansätze und Debatten der materialistischen Staatstheorie vorgestellt und diskutiert (dabei wird besonders auf die Arbeiten von Karl Marx und Friedrich Engels, sowie Nicos Poulantzas und Joachim Hirsch eingegangen). Als zentral wird dabei herausgestellt, dass sowohl eine Staatsformanalyse, d.h. die „Ableitung“ der spezifischen politischen Form des Kapitalismus aus dessen zentralen Charakteristika, als auch, damit in Zusammenhang stehend, eine klare Definition des (Klassen-)Charakters des Staats notwendig sind. Ohne diese beiden Punkte wird es sowohl verunmöglicht, das Verhältnis des Staats zur ökonomischen Ebene zu bestimmten, als auch die qualitativen historischen Veränderungen, die zur Etablierung des bürgerlich-kapitalistischen Staats geführt haben, zu erfassen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Themenkomplex bürgerliche Revolutionen, also dem Prozess der historischen Konstituierung bürgerlich-kapitalistischer Staaten. In Auseinandersetzung mit dem Ansatz von Heide Gerstenberger, wie er in ihrer Arbeit Die subjektlose Gewalt dargelegt wird, werden die treibenden Mechanismen und Dynamiken hinter diesen Veränderungen in den Blick genommen, sowie die Struktur-Handlungs-Problematik anhand konkreter Prozesse diskutiert. Zusammengefasst kann als Ergebnis herausgestellt werden, dass die bürgerlichen Revolutionen keinen automatischen Prozess oder Reflex auf „objektive“ Veränderungen darstellen, aber dennoch materielle Vorbedingungen und Widersprüche die elementare Grundlage für diese Prozesse, ihr Auftauchen und ihre Wirkungsrichtung, darstellen. Im Anschluss daran wird, mit Bezug auf die Arbeiten von Eric Hobsbawm, der Fokus auf die konkret-historischen Prozesse in der Phase der bürgerlichen Revolutionen gelegt und versucht zu bestimmen, wo bzw. inwieweit der bürgerlich-kapitalistische Staat, als spezifische politische Form, seine Wirkung entfaltet. Im vierten und letzten Kapitel werden die bisherigen Diskussionspunkte und –stränge, rund um das Konzept des Bonapartismus, zusammengeführt. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass eine Auseinandersetzung mit der „historischen Dimension“, d.h. den Prozessen der historischen Konstituierung des bürgerlich-kapitalistischen Staats, eine Notwendigkeit für eine umfassende und kohärente materialistische Staatstheorie darstellt. Gerade durch die Betrachtung des konkret-historischen Entwicklungswegs soll gezeigt werden, dass sowohl eine verkürzte, verengte Formbestimmung als auch das Fehlen einer Staatsformanalyse zu unlösbaren theoretischen Problemen führen müssen. Es wird argumentiert, dass ohne Formbestimmung, d.h. ohne das Wissen über die spezifische Form des Politischen im Kapitalismus, die aus einer abstrakt-theoretischen Analyse gewonnen werden muss, es verunmöglicht wird, die Phase der bürgerlichen Revolutionen und die damals stattfindenden politischen Auseinandersetzungen und Konflikte in ihrem Charakter und ihrer Tragweite überhaupt erfassen zu können. Ein weiteres Argument ist, dass es jedoch weder möglich, noch sehr sinnvoll ist, den historischen Zeitpunkt des „Auftauchens“ einer spezifisch kapitalistischen Staatsform genau bestimmen zu wollen – mit Hilfe der Formbestimmung können vielmehr Entwicklungstendenzen erkannt und in einen größeren Rahmen eingebettet werden. Im Verlauf der Arbeit wird die Argumentation entwickelt, dass sich die Notwendigkeit einer theoretischen Bearbeitung des historischen Prozesses der Konstituierung bürgerlich-kapitalistischer Staatlichkeit aus dem Umstand ergibt, dass die abstrakt-theoretische Analyse nur über begrenzte Erklärungskraft verfügt und deswegen nach einer Rückbindung an die Betrachtung konkret-historischer Prozesse verlangt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
materialistische Staatstheorie Staatstheorie Bürgerliche Revolutionen Bonapartismus
Autor*innen
Johannes Pardatscher
Haupttitel (Deutsch)
Zu den Grundlagen materialistischer Staatstheorie
Hauptuntertitel (Deutsch)
der bürgerlich-kapitalistische Staat und seine historische Konstituierung
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
140 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Ulrich Brand
Klassifikation
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.02 Philosophie und Theorie der Sozialwissenschaften
AC Nummer
AC08506789
Utheses ID
12060
Studienkennzahl
UA | 300 | | |
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