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Die europäische Öffentlichkeit im Lichte des Vertrags von Lissabon
theoretische Analyse anhand der normativen Faktoren Jürgen Gerhards (2002)
Thomas Stern
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Peter Gerlich
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.13633
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29091.98207.827264-3
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Insbesondere seit der Politisierung der Europäischen Union durch den Vertrag von Maastricht wird die Debatte um ein existentes Öffentlichkeitsdefizit der Europäischen Union offen geführt (Gerhards 2002, 1). Während ein Teil der sozialwissenschaftlichen Forschung davon ausgeht, dass ein solche Europäische Öffentlichkeit mangels dafür charakteristischer Indikatoren – wie etwa gemeinsamer Sprache, europäischer Identifikation oder europaweiter Massenmedien – nicht entstehen könne (z.B. Grimm 1995), versuchen neuere Ansätze eine solche – womöglich schon in Ansätzen bestehende – Öffentlichkeit über alternative Theorien zu analysieren (z.B. Trenz 2001, Meyer 2000; Eder 2000; Gerhards 2002). Auch die politischen Akteure der Europäischen Union erkennen mittlerweile die Bedeutung dieser Thematik und versuchen zum Teil schon aktiv, die Konstituierung einer Europäischen Öffentlichkeit zu fördern (z.B. Kom 2001; EP 2010). Gerade der enge Zusammenhang von Öffentlichkeits- und Demokratiedefizit der Union (Gerhards 2002) lassen erkennen, dass die Lösung dieser Fragen potentiell umfassende Auswirkungen auf die europäische Legitimation, Identifikation und somit auf die Zukunft der Europäischen Integration in ihrer Gesamtheit haben kann. Die vorliegende Forschungsarbeit soll einen Beitrag zur steten Debatte um das Öffentlichkeitsdefizit liefern und erörtern, wie ein solches im Rahmen eines bestimmten angewandten theoretischen Konzepts wirksam bekämpfbar sei. Die gegenständliche Forschungsarbeit beschränkt sich daher auf theoretische Ausführungen. Auf umfassende empirische Erhebungen zur Qualität der Europäischen Öffentlichkeit (s z.B. bei Scharkow 2005) wird verzichtet. Im Rahmen der Forschungsarbeit wird die Europäischen Öffentlichkeit als Raum zwischen Sprechern und Publikum, dessen Zugang prinzipiell offen ist und in dem sich individuelle und kollektive Akteure aus dem politischen Raum der EU vor einem breiten Publikum zu europäischen politischen Themen äußern (Jarren/Donges 2006, 96; Gerhards/Neidhart 1990; Trenz 2005, 60; Scharkow 2005, 5) definiert. Diese Begriffsfindung beinhaltet den Vorteil der Miteinbeziehung der europäischen politischen Dimension und der Verknüpfung des Verständnisses von Öffentlichkeit als 138 Raum sowie als Kommunikationsprozess, lässt aber ebenso die theoretische Aufsplitterung in Teilöffentlichkeiten grundsätzlich zu. Um den Untersuchungsobjekt einer theoretischen Untersuchung zugänglich zu machen, wird in der gegenständlichen Forschungsarbeit das Modell der Europäisierten nationalen Öffentlichkeiten (Gerhards 2002, 9) herangezogen. Dieses setzt prinzipiell weder die aktive Unterstützung von Massenmedien, noch die Entwicklung einer gemeinsamen europaweiten Sprachgemeinschaft, noch die Begründung eines gemeinsamen demos voraus. Um in einem überschaubaren theoretischen Rahmen zu bleiben, bietet es sich an, die theoretischen Ansätze zur Europäischen Öffentlichkeit an die normativen Rahmenbedingungen des europäischen Primärrechts zu koppeln. Dies lässt zwar nationale Eigenheiten unberücksichtigt, fingiert jedoch einen einheitlichen europäischen Raum, in dem sich die Öffentlichkeit konstituieren könnte. Aus aktuellem Anlass erscheint es sinnvoll, bei Ausformulierung eines theoretischen Modells der Öffentlichkeit dieses im Lichte der Vertragsnovellierung von Lissabon (Lissabonner Reformvertrag) erscheinen zu lassen. Als diesbezüglich zentraler theoretischer Ansatz wird daher auf die Ausführungen von Jürgen Gerhards in dessen Schrift „Das Öffentlichkeitsdefizit der EU im Horizont normativer Öffentlichkeitstheorien“ (2002) eingegangen, in denen Gerhards einerseits den normativen Gehalt der Öffentlichkeit, andererseits vermeintliche Ursachen sowie Lösungsansätze zur Bekämpfung des Europäischen Öffentlichkeitsdefizits erörtert. Gemäß den theoretischen Ausführungen Gerhards ließe sich das Europäische Öffentlichkeitsdefizit vor allem durch die normative Berücksichtigung und Förderung dreier Faktoren bekämpfen, nämlich durch Erhöhung und Intensivierung der Ressourcen und Präferenzen jeweils für eine europäische Berichterstattung, für die Aufmerksamkeit des Publikums für europäische Themen sowie für die politischen Akteure, sich selbst medial zu vermitteln. Die Forschungsarbeit folgt somit dem Konzept, die drei Gerhardschen Faktoren anhand der primärrechtlichen Rahmenbedingungen in der Fassung des Vertrags von 139 Lissabon zu analysieren und zu klären, ob die ausformulierten Kriterien durch die Vertragsänderung positiv tangiert wurden oder nicht. Engt man den Begriff nun anhand des Modells der Summe der Europäisierten nationalen Öffentlichkeiten (Gerhards 2002) ein und beleuchtet man diese unter dem Blickwinkel der drei Gerhardschen Faktoren zur Konstituierung einer Europäischen Öffentlichkeit, namentlich der Ressourcen und Präferenzen für eine europäische Berichterstattung, der Ressourcen und Präferenzen für die Aufmerksamkeit des Publikums für europäische Themen sowie den Ressourcen und Präferenzen der politischen Akteure, sich selbst medial zu vermitteln, so lässt sich grundlegend feststellen, dass die aktive Veränderung normativer Rahmenbedingungen im Lichte des Gerhardschen Ansatzes (2002) theoretisch geeignet ist, die Qualität der Europäischen Öffentlichkeit effektiv zu beeinflussen. Gerade der Ratifikationsprozess zum Vertrag von Lissabon hat aber ebenso verdeutlicht, dass eine Abschottung der politischen Eliten negative Folgen für das Entstehen einer Europäischen Öffentlichkeit haben kann. Sofern am Ziel der Konstituierung einer Europäischen Öffentlichkeit festgehalten werden soll, so werden es die politischen Eliten wohl zukünftig riskieren müssen, auch heikle politische Themen in der Öffentlichkeit zu präsentieren und gegebenenfalls die Bürger aktiv mitentscheiden zu lassen.
Abstract
(Englisch)
Is there a common European Public Sphere? If not, does the political system of the European Union need such a public sphere? How can a public sphere be created? Notably since the politicization of the European Communities in the 1990s the debate on the existence of a European Public Sphere increased considerably. Among others, this debate underlines the remarkable connection between the public sphere and democratic legitimation of the European Union. The present thesis discusses different types and models of the European public sphere, its political content and argues how changes in a legal framework may influence the ‘quality’ of the European public sphere. In this context the thesis focuses on the relevant theoretical papers by Jürgen Gerhards (e.g. „Das Öffentlichkeitsdefizit der EU im Horizont normativer Öffentlichkeitstheorien“; 2002) and attempt to clarify the impacts of the Lisbon treaty (as legal framework) on the European Public sphere as defined in the thesis. In 2002’ paper Gerhards states that the European public sphere bases on three central factors: First, the resources and preferences of the media coverage concerning European topics (Ressourcen und Präferenzen für die europäische Berichterstattung), second the resources and preferences of the audience’ advertence regarding to European political themes (Ressourcen und Präferenzen für die Aufmerksamkeit des Publikums für europäische Themen) and third the resources and preferences of the political actors for medial appearance (Ressourcen und Präferenzen für die politischen Akteure, sich selbst medial zu vermitteln). Within the scope of the theoretical approaches by Jürgen Gerhards it could be claimed that - in theory - modifications of a legal framework can have effective influences of the European public ‘quality’ as defined by means of the three factors named above. In view of the Lisbon treaties ratification process it could also be claimed that the ignorance of these three factors and non-communication with the European audience may have disastrous consequences for the confidence in the Unions political actors.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Public Sphere European Public Sphere Lisbon Treaty European Union Habermas Gerhards Public opinion Civil society Democracy Democratic deficit media coverage audience’ advertence medial appearance
Schlagwörter
(Deutsch)
Öffentlichkeit Europäische Öffentlichkeit Zivilgesellschaft Öffentliche Meinung Habermas Gerhards Demokratie Demokratiedefizit Europäische Berichterstattung Aufmerksamkeit des Publikums Mediale Vermittlung
Autor*innen
Thomas Stern
Haupttitel (Deutsch)
Die europäische Öffentlichkeit im Lichte des Vertrags von Lissabon
Hauptuntertitel (Deutsch)
theoretische Analyse anhand der normativen Faktoren Jürgen Gerhards (2002)
Paralleltitel (Englisch)
The European Public Sphere and the Lisbon Treaty
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
143 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Peter Gerlich
Klassifikationen
05 Kommunikationswissenschaft > 05.20 Kommunikation und Gesellschaft ,
05 Kommunikationswissenschaft > 05.31 Öffentlichkeit ,
05 Kommunikationswissenschaft > 05.32 Öffentliche Meinung ,
86 Recht > 86.00 Recht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.44 Staatsrecht, Verfassungsrecht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.86 Europarecht: Allgemeines ,
89 Politologie > 89.05 Politische Theorie ,
89 Politologie > 89.31 Staatslehre ,
89 Politologie > 89.35 Demokratie ,
89 Politologie > 89.56 Politische Kommunikation ,
89 Politologie > 89.59 Politische Prozesse: Sonstiges ,
89 Politologie > 89.62 Politische Bewegungen ,
89 Politologie > 89.73 Europapolitik, Europäische Union
AC Nummer
AC08565574
Utheses ID
12250
Studienkennzahl
UA | 300 | | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1