Detailansicht
Mode unter dem Kreuz - Rogier van der Weyden und seine Zeit
Kleiderkommunikation im christlichen Kult
Silke Birte Geppert
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Michael Viktor Schwarz
DOI
10.25365/thesis.13676
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29536.29481.554563-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Betrachtet man heute Heiligendarstellungen in Kreuzigungsdarstellungen wie jenen von Rogier van der Weyden, besticht das äußere Erscheinungsbild der Protagonisten durch einen hochmodischen Auftritt. Dadurch wird das dargestellte Geschehen dem Betrachter in einer zuvor nicht gekannten Unmittelbarkeit präsentiert. Die vorliegende Arbeit zu Mode unter dem Kreuz befasst sich daher mit der Beziehung von Zeitmode und Heiligentracht unter dem Kreuz und deren Darstellungsentwicklung im 14. und 15. Jahrhundert, und versucht das Wesen der medialen Kommunikation zwischen Heiligenbildern und Auftraggebern zu erfassen, um Evidenz und Entwicklung des vestimentären Codes aufzuzeigen.
Zwischen Giotto und dem Meister des Bartholomäus-Altars wurde die Kleidung der Protagonisten zu einem bildimmanenten Gestaltungsmittel. In der Paduaner Kreuzigung von Giotto und in der erweiterten Kreuzigung Ambrogio Lorenzettis, die eine Bühne für zahlreiche Statisten ist, wurde das Zeitkostüm der Protagonisten zu einem bildlichen Ausdrucksträger, der das Geschehen in die Gegenwart der Betrachter rückte und so seine Glaubwürdigkeit verstärkte. In der französischen Buchmalerei vermischen sich märchenhafte Phantasiekostüme der Buchilluminatoren mit der frühen burgundischen Mode, z.B. in der Kreuzigungsszene der Très Riches Heures der Gebrüder Limbourg. Jan van Eyck kleidet die Kreuzigungsfiguren in prächtige, z. T. der burgundischen Mode entlehnte Kostüme. Rogier van der Weyden und seine Zeitgenossen verfeinern die Darstellung mit größter Sorgfalt und exklusivem Raffinement. Eine Steigerung erfährt die Behandlung des Kostüms in den manierierten Szenen von Dirk Bouts und an der Schwelle zur Renaissance, z.B. von den Figuren des Meisters des Bartholomäus-Altars. Bei all diesen Darstellungen besticht das äußere Erscheinungsbild einiger Protagonisten durch einen modischen und extrem textilaufwendigen Auftritt. Maria Magdalena, oftmals gekleidet in engem Surkot und in erotischer Silhouette, oder Josef von Arimathia in auffälligen Beinkleidern mit kostbar verbrämten Wämsen und Mänteln, bestimmen die Silhouette auf dem Berg Golgotha. Diese Beobachtung führt zu der Frage, wie nahe die jeweiligen Protagonisten der damaligen Zeitmode waren, und ob diese „Verhüllungen“ von Heiligen, deren Biographie einen starken Bezug zur Kleidung hat, von Anfang an als mediales Konstrukt bildlich eingesetzt wurden. Kleidung wird bei den Darstellungen des Hl. Franziskus oder der Hl. Maria Magdalena zu einer „sprechenden Hülle“ des Körpers. So hat die synthetisierte Vita der Hl. Maria Magdalena im 14. und 15. Jahrhundert, die sich aus der Maria aus Magdala, der Maria Ägyptica, der Maria aus Bethanien und teilweise auch aus der komplexen Vita der Maria Salome zusammensetzt, mehrere vestimentäre Hüllenvorgaben, also eine ganze Kleiderkammer für die Darstellung zur Verfügung. Schauplatz der Hüllen, „Catwalk“ der Bibel, ist ein prominenter Ort, wo es sich lohnt, gut angezogen zu sein – es ist der Hauptplatz des Christentums – die Kreuzigung Christi.Die Varianten der Bußkleidung waren im franziskanischen Kontext beliebt, weil sie sich auf den „poverello“ Franziskus und damit auf die conformitas Christi bezogen. Die Kleidung des „poverello“ Franziskus war ein medial eingesetztes vestimentäres Konstrukt. Sein ennui resultierte aus dem materiellen und vestimentären Überfluss eines von Textil geprägtem Elternhauses. Sein Vater handelte zwischen Assisi und Frankreich mit den kostbarsten Stoffen und kleidete seinen Sohn entsprechend standesgemäß ein, so dass dessen Biographie von Anfang an auf Stoff gebaut ist. Die Stationen in Franziskus Leben reichen vom öffentlichen Entkleiden und Eintreten in den Orden zu Beginn bis zum völlig nackten Sterben in Portiuncula und hängen immer mit dem Anlegen und Ablegen von Hüllen zusammen. Für den luxusverliebten Hof in Burgund, der eine ganze Reihe von Kreuzigungsdarstellungen in Auftrag gab, war es in erster Linie das hochmodische Kleid der reichen und schönen Patrizierin aus Magdala. Prachtentfaltung galt an den Höfen des späten Mittelalters als Tugend, sie war als „Magnifizenz“ ethisches Gebot und der schiere Wert eines Kunstwerks, gepaart mit der Kunstfertigkeit der Bearbeitung, der Ausgefallenheit und Besonderheit der Darstellung bestimmten seine Geltung. Kleidung in vielerlei Gestalt spielte für die Choreographie der Macht, den magnifizenten Luxus, wie überhaupt für die soziale Ordnung der Vormoderne, eine herausragende Rolle.Kleidung als sprechende Hülle von Heiligen bietet eine noch unbearbeitete Stofffülle für die kostümhistorische Forschung. Nicht selbstverständlich kann man von den Kleidern der Heiligen auf Altarbildern auf Kleider der Gesellschaft schließen. Dass jedoch die „Hüllen“ der Heiligen auf den Altarbildern einem eigenen Dresscode unterliegen, der teilweise metaphorisch, teilweise symbolisch und legendarisch bedingt ist, ist die zentrale These dieser Untersuchung. So werden die Hüllen der Heiligen auf den Altarbildern zur eigenen Determinante der Ikonographie, da Kleidung als wesentlicher Teil der materiellen Kultur der Neuzeit besonders für die Kunstgeschichte als historische Bildwissenschaft methodisch relevant ist.
Abstract
(Englisch)
Looking at the medieval depiction of saints, e.g. on crucifixion panels of Rogier van der Weyden, one is still impressed by the fashionable figuration of the protagonists of these paintings. The dressed up saints present to us the narration of the bible in a previously unknown way. The saints are shown in a timeless stereotype form of their dress. This mode changes radically in the fifteenth century. This study will focus especially on one person, namely Mary Magdalene. Through her appearance and her fashionable dress, the concepts of the pictures that present this female saint reveal a new media dimension. On the one hand the fashionable staging of Mary Magdalene at the foot of the cross seems to be realistic, but on the other hand her dress code is used by the painters and the patrons as a medium of communication. Judging from the artistic and literary evidence, the depiction of Mary Magdalene presents a new aspect of dress in religious communication. This study will present this new aspect.The present study on Fashion and crucifixion deals with the relationship between the general dressing style of the respective time period, the vestment of saints at the crucifix, as well as the development of presenting them in the fourteenth and fifteenth century. It is also intended to show the character of media communication between the images of saints and their patrons, in order to provide evidence and show the development of the dress code (vestment code).
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
crucifixion panels (Fourteenth and Fifteenth Cent.) Rogier van der Weyden and his contemporaries Media Communication of Clothing in Religious Art Vestment Code Mary Magdalen Francis of Assisi
Schlagwörter
(Deutsch)
Kreuzigungsdarstellungen im 14. und 15. Jahrhundert Rogier van der Weyden und Zeitgenossen Mediale Kommunikation durch Kleidung Vestimentärer Code Maria Magdalena Franz von Assisi
Autor*innen
Silke Birte Geppert
Haupttitel (Deutsch)
Mode unter dem Kreuz - Rogier van der Weyden und seine Zeit
Hauptuntertitel (Deutsch)
Kleiderkommunikation im christlichen Kult
Paralleltitel (Englisch)
Fashion under the cross - Rogier van der Weyden and his contemporaries ; communication and clothing in Religious Art
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
202, [ca. 30 Bl.] : zahlr. Ill.
Sprache
Deutsch
AC Nummer
AC08476023
Utheses ID
12290
Studienkennzahl
UA | 092 | 315 | |