Detailansicht

Modi der Sozialität
zur Rekonstruktion jugendkultureller Vergemeinschaftungsformen anhand ausgewählter Musikszenen
Isabel Bernhardt
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Thomas Slunecko
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.14193
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29873.35172.278069-9
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Jugendszenen sind soziale Welten, die im Alltag vieler Jugendlicher eine große Bedeutung haben. Unter dem Begriff ‚Szene’ versteht man aus soziologischer Perspektive soziale Netzwerke, in denen Menschen mit ähnlichen kulturellen Interessen, Werthaltungen und Weltanschauungen einen gemeinsamen Bezugspunkt finden, wodurch sie zu einem gemeinsamen Erfahrungshintergrund werden. Dabei formieren sich Jugendszenen um drei zentrale Themen: Neben den ‚Neuen Medien’ und ‚Fun-Sport’ ist (populäre) ‚Musik’ eine der wesentlichen Organisationszentren jugendkultureller Praxis. Indem die Musikszene den Jugendlichen Identifikations- und Distinktionsressourcen bereitstellt, treibt sie über das Erleben von Ähnlichkeit und Verschiedenheit nicht nur die Identitätsentwicklung des Einzelnen voran, sondern verhilft ihm darüber hinaus zu einer gesellschaftlichen Positionierung als zugehörig zu einer bestimmten Gemeinschaft. In dem Maß, in dem nun traditionale Bindungen an Bedeutung verlieren, gewinnen Jugendszenen resp. Musikszenen zunehmende indentitätsstiftende und -stabilisierende Relevanz. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu zeigen, dass die Institutionalisierung des Lebenslaufs (Kohli 1986) nicht notwendigerweise zu einer Individualisierung der AkteurInnen führen muss, sondern dass mit veränderten Lebensbedingungen durchaus auch neue, andere Formen jugendkultureller Vergemeinschaftung einhergehen können. So resultieren biografische Gemeinsamkeiten und kollektive Lebensformen bzw. -stile nicht nur aus dem gemeinsamen Erleben sozialisationsgeschichtlicher Kontinuität. Im Gegenteil, auch bzw. gerade das strukturidentische Erleben habitueller Verunsicherung und biografischer Diskontinuität vermag seinerseits neue konjunktive Erfahrungsräume und Milieus zu konstituieren, was wiederum habituelle Sicherheiten schafft, die weit in den Alltag der Szenemitglieder hineinreichen (vgl. Bohnsack 1997). Im Fokus der Analyse steht die alltagspraktische Relevanz der Szenezugehörigkeit von Mitgliedern der Metal- und Reggae-Szene. Es wurden jeweils zwei Gruppendiskussionen aus beiden Milieus einer systematischen Interpretation entsprechend der dokumentarischen Methode der Textinterpretation, wie sie von Ralf Bohnsack der Anwendung zugänglich gemacht wurde, unterzogen. Die so rekonstruierten kollektiven Orientierungen und Erfahrungsräume veranschaulichen nicht nur wie in den einzelnen Gruppen kulturelle Zugehörigkeit bzw. Identität über den Weg der Integration und Distinktion hergestellt wird, sondern erlauben außerdem Rückschlüsse auf milieuspezifische Modi jugendkultureller Vergemeinschaftung. Entsprechend konnten zwei zentrale Orientierungsfiguren bzw. Problemstellungen im Hinblick auf die Konstitution kultureller Identität in den Diskussionsgruppen rekonstruiert werden: Ein zentrales Thema, welches in allen vier Gruppendiskussionen viel Raum im Diskursverlauf beansprucht, von den einzelnen Gruppen jedoch unterschiedlich behandelt wird, ist das der ‚Integration in die Szene(gemeinschaft)’. Hierbei konnten insgesamt vier Typen abstrahiert werden: (1) Die Musikszene als beruflicher Bezugsrahmen, (2) Die Musik(szene) als emotionaler Bezugsrahmen, (3) Die Musikszene als kultureller Bezugsrahmen und (4) Die Musikszene als sozialer Bezugsrahmen. Darüberhinaus spielen diverse Abgrenzungsbewegungen sowohl von Mitgliedern der eigenen Szene oder als auch von Mitgliedern anderer Musikszenen bzw. anderer Musik schlechhin einen zentrale Rolle im Diskursverlauf der vier Gruppendiskussionen. Es konnten sechs Typen spzifiziert werden, welche in der Orientierungsfigur der ‚Distinktion von Anderen – intern und extern’ zusammengefasst werden: (1) Distanzierung vom Aktionismus des Fanstatus, (2) Distanzierung von temporärer Szenepartizipation, (3) Distanzierung von inszenierter Szenepartizipation, (4) Distanzierung von sozialer Konformität, (5) Distanzierung von Diskriminierung und (6) Distanzierung von negativer Emotionalität. Vor diesem Hintergrund gelang schließlich die milieuspezifische Spezifizierung der Generationstypik. So konnten unterschiedliche Modi der Sozialität in den jeweiligen Musikszenen rekonstruiert und im Rahmen einer Milieutypik veranschaulicht werden: Während sich die Metal-Szene durch eine ‚professionell-distanzierte Szeneanbindung’ im Sinne einer Zugehörigkeit von Andersgesinnten auszeichnet, erwies sich der Modus der ‚soziokulturellen Szeneeinbindung’ im Sinne einer Zusammengehörigkeit von Gleichgesinnten als charakteristisch für die Reggae-Szene. Insofern aus dem vorliegenden Material Hinweise für eine Bildungs-, Geschlechts- und Entwicklungstypik hervorgehen, wurde ansatzweise eine weitere Spezifizierung der Generationstypik unternommen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Jugendkultur Musikszene Vergemeinschaftung rekonstruktive Sozialforschung dokumentarische Methode
Autor*innen
Isabel Bernhardt
Haupttitel (Deutsch)
Modi der Sozialität
Hauptuntertitel (Deutsch)
zur Rekonstruktion jugendkultureller Vergemeinschaftungsformen anhand ausgewählter Musikszenen
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
274 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Thomas Slunecko
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.00 Wissenschaft und Kultur allgemein: Allgemeines ,
71 Soziologie > 71.13 Soziales Milieu ,
71 Soziologie > 71.30 Soziale Gruppen: Allgemeines ,
71 Soziologie > 71.35 Kindersoziologie, Jugendsoziologie ,
71 Soziologie > 71.50 Kultursoziologie: Allgemeines ,
77 Psychologie > 77.03 Methoden und Techniken der Psychologie ,
77 Psychologie > 77.60 Sozialpsychologie: Allgemeines ,
77 Psychologie > 77.63 Soziale Interaktion, Soziale Beziehungen
AC Nummer
AC08510568
Utheses ID
12733
Studienkennzahl
UA | 298 | | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1