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Rhetorik eines 'Protagonisten gegen die Zeit'
Karl Kraus als Redner in den Vorlesungen 1919 bis 1932
Brigitte Stocker
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Werner Welzig
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.14420
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29957.25997.123661-6
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Mit dieser Arbeit soll versucht werden, Texte von Karl Kraus unter einem rhetorischen Blickwinkel zu betrachten. Traditionell weist die Satire als engagierte Kunstform durch ihre außerordentliche Publikumsbezogenheit und ihren persuasiven Charakter ein besonderes Naheverhältnis zur Rhetorik auf. Obwohl der Satire also ein hohes Maß an Rhetorizität innewohnt, bestand bis jetzt in der Literatur über Karl Kraus nur an einigen wenigen Stellen eine Verbindung zwischen dem Satiriker und dem Feld der Rhetorik. Mit der rhetorischen Perspektive wird eine neue Lesbarkeit von Kraus-Texten angeboten. Dabei wird der Ambivalenz der sich weder auf eine literarische Gattung noch auf die Kunstform Literatur überhaupt beschränkten Satire, die in ihrer Zeitgebundenheit und in ihrem ästhetischen Autonomieanspruch besteht, Rechnung getragen. Wie wird die Figur des satirischen Ichs ausgestaltet? Welche Rollen (etwa die des Nestbeschmutzers) schreibt der Satiriker, der von seinem Werk als „geschriebener Schauspielkunst“ sprach, sich selbst? Die Selbstdarstellung des Satirikers (Ethos) schafft nicht nur Identifikationsfläche, sondern dient durch das Rekurrieren auf die Rolle einer moralischen Instanz der Persuasion des Publikums, ebenso wie die anderen klassisch-aristotelischen Überzeugungsmittel Logos und Pathos. Kraus‘ Schaffen beschränkte sich nicht auf die Autorschaft und Herausgabe der ›Fackel‹, sondern umfasste auch das gesprochene Wort des Vortragenden. Die vorliegende Arbeit widmet sich diesem Aspekt des Krausschen Oeuvres; der Fokus der Betrachtung liegt auf dem Zeitraum der zwanziger Jahre. In 700 Vorlesungen las Kraus nicht nur aus fremden und eigenen Schriften, sondern hielt auch Reden, die in der ›Fackel‹ mit dem Zusatz „Gesprochen am […]“ in den jeweils folgenden Heften abgedruckt sind. Die Reden, Ansprachen und Vorbemerkungen wurden als eigenständige Textsorte innerhalb der ›Fackel‹ erkannt und isoliert. Ihre Analyse richtet sich nach den klassischen Überzeugungsmitteln Ethos, Logos und Pathos und umfasst außer der schon erwähnten Selbstdarstellung des Autor-Ichs, die argumentativen Strategien der Überzeugung, Aspekte des Aufbaus der Reden, die rhetorischen Figuren in ihrer Funktionalität, das Verhältnis der gesprochenen und geschriebenen Texte zueinander und die sermo corporis des Vortragenden. Des Weiteren wird auf das Setting der Reden wie auch auf das Verhältnis zum Auditorium eingegangen. Abschließend widmet sich die Arbeit der für Kraus‘ Satire spezifischen Verwendung des Pathos. Dabei wird gezeigt, wie pathetische Rede von Kraus eingesetzt wird, um die reservierte Haltung des Rezipienten anzugreifen und den aggressiven Impuls des satirischen Ausbruchs weiterzugeben.
Abstract
(Englisch)
This paper attempts to analyze the texts of Karl Kraus using a rhetorical perspective. Tradition has shown satire to have a close relationship to rhetoric: it is an engaged art form that is not only directed at the audience to a great degree, but also extraordinarily persuasive in character. Although satire contains an inherently large amount of rhetoricity, the literature pertaining to Karl Kraus has dealt with the connection between the satirist and the field of rhetoric in only a few selective instances up until now. The rhetorical perspective offers a new way to read the texts of Kraus. Satire has an ambivalent character. It is neither limited to a literary genre, nor to the art form of literature; it deals with specific historical events while claiming aesthetical autonomy. The rhetorical method takes this ambivalence into consideration. What does the satirical persona embody? Which roles (such as the person who fouls his own nest) does the satirist, who spoke of his work as the “written theatrics” (German: “geschriebener Schauspielkunst”), prescribe to this persona? The satiricist’s self portrayal (ethos) not only creates levels of identification but, along with logos and pathos – the other classic-Aristotelian tools of persuasion, also serves the persuasion of the audience by appealing to the role of a moral authority. Kraus’ work is not limited to the ›Fackel‹, which he penned and published, but is also comprised of his spoken word. The paper at hand is dedicated to this aspect of Kraus’ oeuvre; the focus is on the time period of the twenties. In 700 lectures, Kraus not only read from his own works and from those of other authors, but he also held speeches, which were then subsequently printed in the issues of the ›Fackel‹ with the subtitle “spoken on…” (German: “Gesprochen am […]”). The speeches, addresses and prefaces are recognized and isolated as independent textual types within the ›Fackel‹. Their analysis is based on the classical tools of persuasion: ethos, logos and pathos. It contains, other than the aforementioned self dramatization of the author’s persona, the argumentative strategies of persuasion, aspects of the structures of the speeches, the rhetorical figures in their functionality, the relationship between spoken and written texts and the sermo corporis of the lecturer. In addition, the paper deals with the setting of the speeches and the lecturer’s relationship to the auditorium. Finally, the paper takes a look at the particular use of pathos, which appears to be specific to Karl Kraus. It will be shown how pathetic speech is used by Kraus to attack the reserved attitude of the recipient and to transmit the aggressive impulse of the satirical outburst.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Rhetorik Satire Karl Kraus
Autor*innen
Brigitte Stocker
Haupttitel (Deutsch)
Rhetorik eines 'Protagonisten gegen die Zeit'
Hauptuntertitel (Deutsch)
Karl Kraus als Redner in den Vorlesungen 1919 bis 1932
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
248 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Werner Welzig ,
Wynfrid Kriegleder
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.00 Sprach- und Literaturwissenschaft: Allgemeines
AC Nummer
AC08525025
Utheses ID
12931
Studienkennzahl
UA | 092 | 332 | |
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