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Starke Identifikation in den Kinodramen von Urban Gad (1911-15)
zwischen Lust und Pflicht
Saskia Elisa Sophie Nagel
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Joseph Garncarz
DOI
10.25365/thesis.14579
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30445.53366.141662-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Es geht um die Frage, welche Gründe und Umstände den Erfolg des Monopolfilm-Gespanns Gad/Nielsen bedingten. Waren die Leinwandgeschichten des dänischen Regisseurs von besonderem Einfallsreichtum geprägt oder verdankte Gad seinen Erfolg dem grazilen Auftreten seiner Hauptdarstellerin Asta Nielsen und einem sensationshungrigen Publikum, das kurz zuvor noch scharenweise in die Varietés und Wanderkinos geströmt war?
Im ersten Abschnitt des dritten Kapitels werden die beiden Hauptverantwortlichen der relevanten Filme, Urban Gad und Asta Nielsen, das Ausmaß ihrer Zusammenarbeit und ihr Einfluss auf die Filmwerbung vorgestellt. Die Frage, wem für die künstlerische Umsetzung der Drehbücher Respekt zollt, kann dabei nur oberflächlich beantwortet werden. In Kapitel 3.2 folgt eine bündige Zusammenfassung über die Entstehung des längeren Spielfilms. Kurze Vergleiche zu den Ergebnissen der Gießener Programmanalyse sowie Loiperdingers Erforschung des bahnbrechenden Einflusses von ABGRÜNDE auf die Werbemittel der Kinobesitzer unterstützen eine argumentative Verbindung zum Wesen und zur gesellschaftlichen Bedeutung der Institution Kino im Allgemeinen. Begriffe wie „Zeitspiegel“, „Schaulust“ und „Identifikationsfläche“ fallen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was die Faszination des Kinematographen ausmachte und wieso er als kulturelle Einrichtung bis heute erhalten blieb.
Gründe für den Erfolg der Institution Kino werden in der unterstützenden Kraft für die Schnelllebigkeit des beginnenden Industriezeitalters gesehen. Alle vier bis sechs Wochen kam mit dem Monopolsystem ein neuer Nielsen-Film in die Kinos. Während der Sommerflaute wurden sie erneut ins Programm genommen. Elsaesser weist innerhalb seiner Überlegungen zum Kino auf den Begriff der „Zerstreuung“ als „Wahrnehmungsmodus“ hin. ABGRÜNDE galt als Initialzündung für die Etablierung des Monopolfilms und die Geburt des kommerzialisierten Starsystems am Beispiel Asta Nielsen. Ihr „Präsentations-Mehrwert“ begründete eine neugeschaffene Art des Marketings. Das Publikum des frühen Kinos vergrößerte sich nachweislich auch durch die sozialen Dramen mit der dänischen Schauspielerin und bekam durch ihren Facettenreichtum eine große Identifikationsfläche für innere Triebe, Sehnsüchte und gesellschaftliche Konflikte geboten.
Das vierte Kapitel geht detailliert auf sechs ausgewählte Kinodramen Urban Gads aus der Zeit von 1911 bis 1914 ein und untersucht diese auf Identifikationsmöglichkeiten des zeitgenössischen (weiblichen) Publikums hin. Es soll deutlich werden, wo die thematischen Schwerpunkte in den Filmen von Urban Gad ab 1911 zu finden sind, inwieweit es sich bei dem dargestellten Milieu gegebenenfalls um einen Zeitspiegel handelt und wo die Rolle der Frau sowohl im Film als auch in der Rezeption zu verorten ist. Das Motiv der weiblichen Selbstbestimmung soll speziell anhand der spezifischen Filmanalysen von DER FREMDE VOGEL und anderen Kinodramen Gads deutlich werden. Folgende Fragen begleiten die Analyse: Welche Psychologie wird durch die von Asta Nielsen verkörperten Figuren sichtbar? Wer trifft die Entscheidung der weiblichen Hauptfigur zwischen Lust und Pflicht?
Die Darstellung der einzelnen Filme mag stellenweise verstärkt deskriptiv sein. Weil die Kenntnis des Inhalts nicht als gegeben vorausgesetzt werden kann und es dem Verständnis der analytischen Details dient, war es die Intension der Autorin, den szenischen Kontext in seiner Genauigkeit wiederzugeben.
Die Aufgabe in Kapitel 4.2 besteht darin, Gemeinsamkeiten und Individualität der sechs weiblichen Hauptfiguren zu präzisieren. Folgende Fragen sollen beantwortet werden: Welches sind die wesentlichen Konflikte, mit denen sich die Frauen konfrontiert sehen? Lassen sich Gads Überlegungen zur Figurenkonstellation, Wirkung der Hauptfigur und Bedeutung des Filmtitels in seiner praktischen Filmarbeit belegen?
Im fünften Kapitel liegt der Fokus auf dem Gießener Kinoprogramm, das sich jedoch zweifellos nicht als repräsentativ versteht. Vielmehr wurden einzelne Anzeigen ab 28. Januar 1911 aus dem Gießener Anzeiger (Generalanzeiger für Oberhessen) gesichtet, die aufzeigen, mit welcher Verzögerung im Vergleich zur Berliner Uraufführung die für den gegenwärtigen Forschungskorpus relevanten Gad-Filme in den Gießener Kinos Kinematograph, Biograph, Bakofs Kammerlichtspiele u.a. liefen, welche Spieldauer sich nachweisen lässt und wie stark die Kinodramen beworben wurden.
Die Einbeziehung der Gießener Lokalstudie liegt im Interesse der Autorin begründet, die theoretische Faszination um das Gesicht der erfolgreichen Filme von Urban Gad anhand primärer Quellen zur Programmierung der Dramen in einem praxisorientierten Abschnitt nachzuzeichnen.
Hier wird noch einmal prägnant das Besondere der Gad-Filme herausgestellt, das Individuelle der einzelnen Hauptfiguren erklärt und verständlich gemacht, wie es dem Regisseur und der Akteurin gelang, mit ihren Filmen den "Nerv der Zeit" zu treffen.
Abstract
(Englisch)
This thesis seeks to understand the reasons underlying the success of the Monopole filmstars Urban Gad and Asta Nielsen. It asks the questions "Did the Danish director invent these
interesting characters or was the success due to the aura of the main actress Asta Nielsen?
What role does the public play - were they still looking for sensationalism, considering that the period of vaudeville shows and travelling movie shows were only recently a thing of the past?"
The third chapter deals with the two main characters of the analyzed movies, Urban Gad and Asta Nielsen, their collaboration and the influence of their cooperation on film, advertising and publicity. Who shall be claimed as responsible for the artistic value of those movies, the
actress or the director? Next, the thesis highlights the rising of the feature film, especially the
―drama, and is summarized. There are small comparisons to the results of an investigation within the local cinema program of Gießen (north of Frankfurt) as well as Loiperdinger´s research on the ground-breaking influence of ABYSS (Urban Gad, 1910) which discusses how film advertising supports the argumentative connection with the character and acceptance of the institution cinema in general. Movies of that time can be linked with
expressions like ―curiosity, ―empathy and ―Zeitspiegel. It raises the issue why cinema was so fascinating in this time (1910-1915) and why films and cinema still exist as a cultural establishment.
Reasons for the triumph of the cinema are seen in the supporting power that the hasty living at the start of the industrial era produced. With the Monopole system every four to six weeks a new movie with Asta Nielsen premiered. During the summer season they were shown retrospectively. Elsaesser is pointing out the concept of distraction as a mode of perception.
ABYSS is meant to be the priming for the establishment of the Monopole film and the birth
of the commercialized star system was instigated because of the star quality represented by Asta Nielsen. Her additional benefit founded a newly creative way of marketing and sales promotion. The audience of the early cinema grew verifiable also by the ―social drama with
the Danish leading actress. Thanks to the different facets she performed in numerous roles, Nielsen offered a wide range of possible identifiers of desire, conflict and inner drive.
The fourth chapter presents the analysis of six feature films by Urban Gad between 1911 and
1915. The focus is the possibility of identification for a (female) audience. Gad´s focal points will become apparent. To what extent can the social environment presented be understood as a reflection of the times? Where do the movies locate the female role within the film and the
reception of the film as a product?
The motive of female self-determination, especially, is articulated clearly with the help of the
specific analysis of movies like THE STRANGE BIRD (―Der fremde Vogel) and other
movies of Urban Gad with Asta Nielsen. The following questions accompany the investigation: Which psychology does the actress make visible with the roles she performs?
Who makes the decision for the female leading role between lust and duty?
The representation of the single movies might be quite descriptive at some points. As the knowledge of the content can´t be assumed and as it supports the comprehension of the
analytical details, the author intended to reproduce the scenic context in its exactness.
The goal of chapter 4.2 is to define the parallels and the individuality of the six female leading
roles. The questions on the fundamental conflicts of the women and the accordance of Gad´s ideas on the constellation of the main characters in a movie, impact of the main role on the audience and the meaning of a film´s title that he described in his work ―Der Film, seine
Mittel, seine Ziele- shall be answered. Did he fulfill his theoretical ideas in his work as a director?
The fifth chapter puts the focus on the program of cinemas in Gießen. It is not to be seen as strictly representative. In fact the author collected advertisements from the years 1911 to 1916
from the local newspaper Gießener Anzeiger to show the degree of reluctance in premiering Gad´s films compared to the movie capital Berlin. How many days did those dramas stay on the schedule of cinemas like Kinematograph, Biograph, Bakofs Kammerlichtspiele and
others? How marketable did the movies seem to be compared to those of other directors?
By including the local cinema culture of my hometown I want to underline the fascination of the actress Asta Nielsen and that her roles written by Urban Gad had a practical part.
The features of Gad´s movies, the individuality of every female starring role will highlight
how Gad and Nielsen managed to produce films that the public were seeking for their times.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Urban Gad Asta Nielsen silent movie /local cinema in Gießen
Schlagwörter
(Deutsch)
Urban Gad Asta Nielsen /Stummfilm soziales Drama Lokalstudie Gießen
Autor*innen
Saskia Elisa Sophie Nagel
Haupttitel (Deutsch)
Starke Identifikation in den Kinodramen von Urban Gad (1911-15)
Hauptuntertitel (Deutsch)
zwischen Lust und Pflicht
Paralleltitel (Englisch)
Strong empathy within the movies of Urban Gad (1911-15)
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
132 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Joseph Garncarz
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte ,
24 Theater > 24.32 Filmgeschichte
AC Nummer
AC08556520
Utheses ID
13077
Studienkennzahl
UA | 317 | | |