Detailansicht

"Sacerdotes incorrigibiles"? Die Disziplinierung des Säkularklerus durch das Passauer Offizialat unter der Enns von 1580 bis 1652 im Spiegel der Passauer Offizialatsprotokolle
Johannes Manfred Kritzl
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Katholisch-Theologische Fakultät
Betreuer*in
Rupert Klieber
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.14933
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29121.21720.303363-0
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Beitrag des Passauer Offizialates unter der Enns mit Sitz in Wien zur Formung eines katholischen Klerus im Zeitraum von 1580 bis 1652. Dazu wurden drei Offiziale (Melchior Khlesl, Karl von Kirchberg und Martin Gei-ger) ausgewählt und für ihre jeweilige Amtszeit Stichproben über die Delikte von Säkular-klerikern, die vor dem Konsistorium verhandelt wurden, gezogen. Hierzu dienten die Pas-sauer Protokolle im Diözesanarchiv Wien und im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München als Grundlage. Nach der Beschreibung der Funktionsweise des Passauer Offizialates unter der Enns und der Zusammensetzung des Konsistoriums wurde der Versuch unternommen, die Disziplinierungsfelder zu benennen und zu quantifizieren. Ein besonderes Anliegen der Arbeit stellt das Aufdecken von Kräftefeldern dar, die auf den Säkularklerus unter der Enns einwirkten sowie das Verhältnis des Offizialats zu anderen an der Konfessionalisierung beteiligten Institutionen (Landesfürst, Klosterrat, Regierung, Patronatsinhaber, Bistum Wien etc) zu bestimmen. Auffallend an der Beschäftigung mit den Quellen war der relativ geringe Niederschlag konfessioneller Differenzen, während die Kompetenzkonflikte aller an der Katholisierung beteiligten Parteien deutlich zu Tage traten. Innerhalb der „katholischen Player“ erwies sich das Offizialat als mit zu wenigen Machtmitteln ausgestattet, um seine hohen Jurisdiktionsansprüche auch nur annähernd umsetzen zu können. Das Offizialat war daher für die Durchsetzung seiner Beschlüsse auf die weltliche Macht angewiesen. Hinsichtlich der katholischen Formung des Säkularklerus ist ein komplexes Kräftefeld von Fremd- und Selbstdisziplinierung zu beobachten. Zum einen erfolgte eine vom Offizial über die Dechanten bis hin zum Pfarrklerus absteigende Selbstdisziplinierung des Klerus. Zum anderen wurden die Pfarrer durch das Offizialat und diverse weltliche Institutionen wie auch durch bereits tridentinisch geformte Geistliche diszipliniert. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang auch der „Druck von unten“ seitens der Pfarrgemeinde, während das Offizialat an der Sozialdisziplinierung des „gemeinen Volkes“ im untersuchten Zeitraum nur sehr marginal beteiligt war. Die Umsetzung des tridentinischen Priesterideals durch das Offizialat erschöpfte sich im Wesentlichen in der Etablierung eines über die Dorfgemeinschaft erhobenen, moralisch einwandfrei lebenden Klerus. Dieser Implemetierung des Pfarrers als exemplarische Autorität stand jedoch die Verflechtung der priesterlichen Existenz in die vorfindliche dörfliche Struktur oft entgegen. Die neue „tridentinische Moralität“ ließ ein Priesterbild entstehen, das in der Aufklärung die Reduktion von Religon auf Sittlichkeit ermöglichte. Dieses „moralistische Priesterbild“ bedarf heute mehr denn je eines „aggiornamento“ durch den Geist des Zweiten Vatikanums.
Abstract
(Englisch)
This doctoral thesis deals with the contribution of the Lower Passau Officialdom in Vienna to the catholization of the rural clergy from 1580 to 1652. Three Officials (Melchior Khlesl, Karl von Kirchberg, Martin Geiger) have been chosen and for their time in office samples have been drawn, in order to name and quantify the offenses of parish priests, for which they were cited to the consistory. As a source the “Passauer Protokolle”, product of the sessions of the Official and his assessors, in the archive of the bishopric of Vienna (Diözesanarchiv Wien) and the Bavarian main archive of State Munich (Bayerisches Hauptstaatsarchiv) have been used. As there exists hardly any secondary literature about the Officialdom the first part gives a description of how the office worked and how it was made up. A main aim of the thesis is to describe the “players” of the catholization of the clergy in Lower Austria, who was found to be confessionally undetermined far into the seventeenth century. It became apparent that the Officialdom – compared to the Emperor, the Government, the Klosterrat and the possessors of the patronage – was the weakest in-stitution although it claimed to be the only bearer of ecclesiastical jurisdiction. The defense of the jurisdiction of the bishop of Passau against all reluctant parties was a major concern of all Officials throughout the examined time. In reality though, the Officialdom lacked the power to execute its instructions. The Officialdom depended on the brachium saeculare, which saw the Officialdom only as a performing agent of the institutions of the Emperor. Concerning the catholization of the secular clergy a complex field of self- and social dis-ciplination could be noticed. Beginning with Official Melchior Khlesl in 1580 a self-disciplination declining down to the decans and at last to the parish clergy could be found. The self-disciplination accompanied a social disciplination of the clergy, carried out not only by the Officialdom and secular institutions but also by already Tridentine formed priests. It should not be forgotten that also the parish played an important role in disciplin-ing “their” priests. On the other hand the Officialdom participated only marginally in the social disciplination of the “common herd”. The implementation of the ideal of a parish priest – seen by the Council of Trent as pastor bonus – by the Officialdom consisted in the effort to form exemplary priests who should set an example of holiness and morality for their parish. The circumstances of the village though were in many cases an obstacle to this concept. The “new Tridentine morality” formed a certain image of priest, which enabled the reduction of religion to morality in the Age of Enlightenment. This “Tridentine image” needs more urgently than ever an “aggiornamento” by the spirit of the Second Vatican Council, especially after the worldwide scandal of child abuse by catholic priests.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Officialdom Catholization Clergy Early modern age Passau
Schlagwörter
(Deutsch)
Passauer Offizialat Klerikerdisziplinierung Frühe Neuzeit Säkularklerus Katholisierung
Autor*innen
Johannes Manfred Kritzl
Haupttitel (Deutsch)
"Sacerdotes incorrigibiles"? Die Disziplinierung des Säkularklerus durch das Passauer Offizialat unter der Enns von 1580 bis 1652 im Spiegel der Passauer Offizialatsprotokolle
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
309 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Rupert Klieber ,
Martin Scheutz
Klassifikationen
11 Theologie > 11.50 Kirchengeschichte, Dogmengeschichte ,
15 Geschichte > 15.34 Europäische Geschichte 1492-1789
AC Nummer
AC08945731
Utheses ID
13401
Studienkennzahl
UA | 080 | 011 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1