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Frauenfiguren im amerikanischen narrativen Stummfilm
Priska Simone Köberl
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Claus Tieber
DOI
10.25365/thesis.14980
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30325.11764.264254-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Der Begriff „New Women“ tauchte erstmals zirka 1830 gemeinsam mit den ersten
Feministinnen und ihrem Kampf gegen den „Cult of true Womanhood“ auf. Diese Frauen
und ihr Kampf für die Gleichberechtigung von Mann und Frau inspirierten zahlreiche
Schriftstellerinnen. Es dauerte nicht lange und Illustratoren und Grafiker wollten diese
Heldinnen auf Buchcover, Cartoons oder Postkarten visualisieren. Diese ersten
Darstellungen waren aber meist alles andere als schmeichelhaft. Das änderte sich als der
Illustrator Charles Dana Gibson das große Geld witterte und ein komplett neues
Erscheinungsbild der New Women schuf. Das von ihm entworfene „Gibson Girl“ wurde
zu einem gerne angenommenen Identifikationsobjekt. 1900 galt dieses Frauenbild als
angenommen – zeitgleich eroberten aufgrund der Inudstrialisierung und Urbanisierung
immer mehr Frauen die Arbeitswelt und noch ein anderes Phänomen feierte Einzug in ein
neues Jahrhundert: der Film. Ein Medium, das vor allem ab 1908 auch immer mehr Frauen
eine Arbeit bot. Sei es als Schauspielerin, Scenariowriterin, Regisseurin oder wie meist alle
drei Berufe in einem und sie alle repräsentierten die New Women nicht nur selbst, sondern
brachten diese Frauenfiguren auch auf die Leinwand. Die ersten und erfolgreichsten unter
ihnen waren die Filmemacherinnen Jeanie McPherson, Gene Gauntier, Frances Marion,
June Mathis und Anita Loos. Ebenfalls maßgeblich am Aufstieg Hollywoods beteiligt
waren die Drehbuchautorinnen Beulah Marie Dix und Elinor Glyn, die Regisseurinnen
Lois Weber und Dorothy Arzner, sowie die Schauspielerinnen und Produzentinnen Mary
Pickford, Constance und Norma Talmadge, Lilian Gish, Mabel Normand und Gloria
Swanson. Die Filme dieser frühen Filmemacherinnen sind in das Genre des Sozialen
Melodramas, der Romantik, Filme über unglückliche Ehen oder Problemfilme wie die
„white slavery films“ (thematisierten Frauenhandel und Prostitution), einzuordnen.
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges verlor das Gibson Girl an Aktualität und wurde
abgelöst von F. Scott Fitzgeralds Flapper. Die Geburtsstunde des Flappers wird immer
wieder gerne mit dem Aufstieg Hollywoods zum Zentrum amerikanischer Filmindustrie
verglichen. Beides passierte um zirka 1913/1914 und sowohl der Flapper als auch
Hollywood galten als modern und innovativ und inspirierten sich gegenseitig. Während die
New Woman, dargestellt u.a. durch das Gibson Girl, als Frauenfiguren in den Filmen ab
1900 zu finden sind und die Figur des Flappers ab zirka 1920, sind natürlich noch eine
Reihe anderer interessanter Frauenrollen in 30 Jahren Filmgeschichte zu finden. Dazu
gehören der Vamp, die Femme fatale, der Flapper, die Serial Queen, das IT-Girl, die
128
Gesellschafts- und Ruhmsüchtigen Mütter, die New Women und ihr Rückfall ins
klassische Frauenbild und die Gold Digger.
Die gängigste Frauenfigur blieb zu dieser Zeit aber weiterhin die Viktorianische. Der
Regisseur David W. Griffith war maßgeblich an der Popularität dieser Figur bis in die
1920er Jahre hinein, beteiligt. Seine Protagonistinnen verkörperten immer das Bild der
Viktorianischen Unschuld, und das, obwohl der „American Victorianism“ längst der
Vergangenheit angehörte. Der Widerspruch zwischen Film und Realität ist hier aber
besonders interessant, denn gerade „real life New Women“, also Frauen, die
Eigenschaften, Wertesystem und das äußere Erscheinungsbild der New Women fernab der
Filmrolle lebten, wie etwa Mary Pickford und Lilian Gish, verkörperten in ihren Filmrollen
den Stereotyp der viktorianischen Unschuld.
Für das Verschwinden der New Women gab es schließlich mehrere mögliche Gründe. Zum
einen markierte der erste Tonfilm „THE JAZZ SINGER“ 1927 den Beginn einer neuen Ära
Hollywoods. Viele Schauspielerinnen wollten oder konnten den Sprung vom Stumm- zum
Tonfilm nicht schaffen und verschwanden von der Bildfläche. Unter ihnen Stars wie die
Talmadge-Schwestern und Clara Bow. Hinzu kam 1929 die Weltwirtschaftskrise, die das
Filmgeschäft zeichnete. Nach dem Black Tuesday am 29.10.1929 war das Lebensgefühl
des Jazz Age und damit keine New Women wie Flapper oder IT-Girls mehr gefragt. Die
Krisenzeit hatte viele ernüchtert und man besann sich wieder zurück auf traditionelle
Werte. Als dritten Grund muss man noch die verschärften Zensurbestimmungen anführen.
Bereits 1927 veröffentlichte William Hays eine Liste an „DONT’S“. Dazu zählten
Obszönität in jeglicher Form, Gotteslästerung und Darstellung von Kriminalität in
detaillierter Form.
Insgesamt soll diese Diplomarbeit deutlich machen, dass die Geburt des Films um 1895,
das Sichtbar werden der „New Women“, die Entwicklung Hollywoods zur internationalen
Filmmacht sowie die Emanzipation der Frau in all ihren Facetten unmittelbar miteinander
verbunden sind. Die Filmwelt und die reale Welt, die Frauenrechtlerinnen, die
Ladenmädchen, die Stenotypistinnen, die Regisseurinnen, die Drehbuchautorinnen und die
Schauspielerinnen – sie alle inspirierten und beeinflussten sich gegenseitig und sorgten so
knapp dreißig Jahre lang nicht nur für „einen weiblichen Blick“ im Kino sondern waren,
wenn heute auch fast vergessen, an der Entwicklung einer universell funktionierenden
Filmsprache und am Aufstieg Hollywoods maßgeblich beteiligt.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
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Autor*innen
Priska Simone Köberl
Haupttitel (Deutsch)
Frauenfiguren im amerikanischen narrativen Stummfilm
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
130 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Claus Tieber
Klassifikation
24 Theater > 24.32 Filmgeschichte
AC Nummer
AC08568960
Utheses ID
13444
Studienkennzahl
UA | 317 | | |