Detailansicht
Probanden in der klinischen Forschung
eine Analyse der Rolle des Arztes
Franz Lackner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Betreuer*in
Günther Pöltner
DOI
10.25365/thesis.15047
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29097.73289.904563-8
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die klinische Forschung als Motor des Fortschrittes und Quelle der „evidence based Medicine“ wirft nicht nur ökonomische und technische, sondern auch ethische Probleme auf.
Der Arzt findet sich in doppelter Funktion, einmal als Behandler, dann aber wieder als Forscher fungierend. Als ersterer hat er seinem Patienten die optimale Behandlung zu bieten, als letzterer fühlt er sich primär dem Wissensgewinn verpflichtet - oft ein Dilemma.
Für solche Konflikte ist es notwendig, über eine klare Analyse von Absicht und Handlungsablauf zu verfügen, um nicht nur die medizinisch richtigen, sondern auch die moralisch rechten Entscheidungen zu fällen. Dem steht auf der Seite des Forschungssubjektes die Wahrung der Verfügungskompetenz über sich selbst gegenüber.
Zur Lösung dieser Frage kann der der Forscher in seiner ethischen Reflexion auf unterschiedliche Konzepte zurückgreifen. Die deontologische Ethik orientiert sich in ihrer Handlungsrechtfertigung in erster Linie an meist codifizierten Verhaltensregeln. Die utilitaristische Ethik hingegen bemisst eine Handlung ausschließlich nach ihren Folgen, sie ist also teleologisch. Eine besondere Art von teleologischer Ethik ist der aus dem amerikanischen Kulturkreis kommende Prinziplismus, er erlaubt die Zuhilfenahme von Prinzipien mittlerer Reichweite mit Abwägbarkeit untereinander zur Lösung von medizin-ethischen Konflikten.
Bei der Suche nach Teilnehmern für die klinische Forschung kann grundsätzlich zwischen gesunden Probanden und Kranken unterschieden werden. Der Anreiz, der dabei geboten werden kann, besteht einerseits bei den Freiwilligen in finanziellen Incentives, für die Kranken kann es ein vorsichtiges Versprechen sein, durch ein neues Mittel ihren Zustand zu verbessern. Bei der Auswahl der Forschungsteilnehmer ist zu bedenken, dass Unterprivilegierte, Minderheiten oder Gefängnisinsassen besonders schutzwürdig sind. Die Kehrseite der Medaille ist aber ein potenzieller Nutzen für eine Gruppe von Erkrankten, an denen geforscht wird, so dass auch von diesem Gesichtspunkt her sowohl Risiko als auch Benefit in Aussicht stehen.
Kernpunkt ist die Zustimmung nach voller Information, vor allem über die möglichen Nebenwirkungen. Besondere ethische Würdigung muss jener Gruppe von Versuchsteilnehmern zukommen, welche aufgrund von eingeschränkter Bewusstseinslage oder nicht geschäftsfähigem Lebensalter ihre explizite Zustimmung nicht geben können. Die Nutzen-Risikoabwägung ist sowohl zum Schutze der Teilnehmer als auch zum expliziten Aufklärungsinhalt von Bedeutung. Diskutiert wird das vor allem für Nichtzustimmungsfähige verwendete Konzept des minimalen Risikos.
Der Philosoph Hans Jonas hat in seinen Veröffentlichungen nicht nur zum Generationenvertrag und zur ökologischen Situation Bezug genommen, sondern er setzt sich kritisch mit der Organtransplantation und der klinischen Forschung auseinander.
Da die Forschung auch missbraucht werden kann, werden Beispiele für unethische Studien, die auf verschiedenen Ebenen zu kritisieren sind, gebracht. In einer in Afrika von einem amerikanischen Konzern durchgeführten Medikamentenerprobung an Kindern wurden wesentliche ethische Vorschriften, wie die Einverständniserklärung, die Weiterbehandlungsverpflichtung und die Risikoabwägung, nicht ordnungsgemäß durchgeführt. In einer an der Universität Innsbruck durchgeführten interventionellen Studie zur Verbesserung der Symptome bei Harninkontinenz wurde unter Umgehung der Ethikkommission, unter Außerachtlassung der Unterscheidung zwischen experimenteller und therapeutischer Vorgehensweise publiziert.
Neuerdings hat die universelle Deklaration zu Bioethik und Menschenrechten sehr geholfen, viele der in der Forschungsethik auftretenden Probleme seit der Erstfassung der Helsinki-Deklaration 1964 zu definieren und mit Guidelines abzufedern. Der Arzt in seiner Doppelfunktion als Heiler und Forscher wird nicht umhin kommen, angesichts der auftretenden Probleme, wie etwa der Placebofrage, sich für eine der beiden Rollen zu entscheiden.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Klinische Forschung Autonomie Patientenschutz Ethik Patientenbehandlung Probanden
Autor*innen
Franz Lackner
Haupttitel (Deutsch)
Probanden in der klinischen Forschung
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine Analyse der Rolle des Arztes
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
141 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Günther Pöltner
Klassifikationen
08 Philosophie > 08.38 Ethik ,
44 Medizin > 44.02 Philosophie und Theorie der Medizin
AC Nummer
AC08909930
Utheses ID
13504
Studienkennzahl
UA | 296 | | |
