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Die Instrumentalisierungs- bzw. Sozialisierungsversuche und Erziehungsprinzipien im autoritären Ständestaat Österreichs 1933/34-1938
Eva Maria Gober
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Lothar Höbelt
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.1803
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29648.97020.356254-4
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Diplomarbeit fokussiert einen Ausschnitt der Geschichte der heute älteren Generation, der Jungen und Mädchen der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts in Österreich. In der absoluten Notwendigkeit, die jungen Menschen durch Indoktrination neu zu formen – schon immer eine der ersten Maßnahmen so genannter „neuer Machthaber“ – sah auch der Ständestaat unter den (semi-)diktatorischen Bundeskanzlern Dr. Engelbert Dollfuß und Dr. Kurt Schuschnigg, der Letztgenannte auch wohl kaum zufällig bis 1936 gleichzeitig „Beauftragter“ des Unterrichtsressorts, eine seiner dringendsten Herausforderungen. Daher war staatstreue, systemkonforme Pädagogik inner- und außerhalb der Schule gefragt. Zur Gewährleistung dieses hohen Anspruches versuchte man die Lehrkräfte, die in der Vaterländischen Front zu dienen oder zumindest registriertes Mitglied zu sein hatten, zu Apparatschiks der Erziehung zu normieren. Vaterlandsliebe und Gottesglaube – in praxi die Gefolgschaftstreue gegenüber der die politi-schen Kräfte forcierenden katholischen Kirche – sie galten im konservativ-bürgerlichen Ös-terreich als die sozialen und Sozialisation fördernden Fundamente und standen als Erzie-hungspostulate an oberster Stelle in dieser in der Nazisprache so genannten Systemzeit, deren Repräsentanten ihre Legitimation von einer „höheren Macht“ herleiteten. Der weit reichende Einfluss des Klerus vergegenwärtigte sich vorzugsweise im Bundesland Burgenland, wo das konfessionelle Schulwesen als Erbstück der ehemaligen Zugehörigkeit zu Ungarn und des Anschlusses an Österreich nach 1921 bestehen geblieben war und möglicherweise Dollfuß als Blaupause für die Konkordatsverhandlungen von 1933 gedient hat. In der Maiverfassung von 1934 schuf der Kanzler die rechtliche Grundlage. So gehörte die Teilnahme der Schüler und Schülerinnen an Huldigungs- und so genannten Heldengedenkfeiern zur „Pflichterfüllung“ des „deutschen Österreichers“, und der Besuch der wöchentlichen Schülermesse(n) war obli-gat wie der sonntägliche Kirchgang. In diesem Kontext stellte sich die Frage, inwieweit die ausgedehnte Reihe aus klerikalen Anrufungen tatsächlich der im Allgemeinen schon lange beobachtbaren weltanschaulichen Orientierungslosigkeit entgegenwirkte oder ob die kirchli-chen – genauer: katholischen – Ansprüche nicht sogar wegen ihres zwingenden Charakters geradezu diametral und destruktiv einer erhöhten Empfänglichkeit für antireligiöse, folglich auch inhumane Weltgesinnungen Vorschub leisteten. Neben der Rekonfessionalisierung mit den Instrumenten des Konkordats erhob man die Vaterländische Erziehung zum Unterrichtsprinzip. Ziel der Maxime war es Bereitwilligkeit zu schaffen, die es dem Individuum erleichtern sollte, sich in die propagierte Führerordnung kritiklos einzuordnen. Damit waren der Militarisierung im Schulwesen, in Ansätzen verwirklicht durch die vormilitärische Ausbildung der Jugendlichen ab dem 10. Lebensjahr, die Türen geöffnet. Ein gesonderter Blick ist auf die Frauen- und Mädchenwelt zu werfen, die den verfassungs-rechtlichen Gleichberechtigungswunsch als unerfüllten Traum erleben musste. Die Mutter- und Hausfrauenrolle als Prämisse der Mädchenerziehung gestaltete nolens volens das gesamte Bildungswesen. Die in Vorfeldgesprächen zur vorliegenden Arbeit nicht überhörbaren Zweifel am tradierten Nazi-Image des Schulortes Oberschützen seitens meines Betreuers der Studienarbeit, Univ.-Prof. Dr. L. Höbelt, lieferten mir letzten Endes den Anstoß für quellenkritische Untersuchun-gen in diese Richtung. Wie ich aufzuweisen versuchte, stehen tatsächlich so manche „wissen-schaftliche“ Erkenntnisse in der Forschungsliteratur auf tönernen Begründungsfüßen. Sie un-termauern an vielen Stellen zu Unrecht den nach dem „Umbruch“ medial auffrisierten und bis heute nachhallenden Ruf vom „Nazi-Hort“. Die abschließende Grundthese: An der Basis trugen die Instrumentalisierungsversuche des Ständestaat-Regimes in ihrer Gesamtheit mehr zum politischen Desinteresse bzw. zur Passivi-tät bei als zu einem bejahenden Echo. In manch nicht indifferent gebliebenen, vorzugsweise studentischen Jugend- und Lehrerkreisen, die sich quasi in einem vortotalitären Wartestand wähnten, trat fallweise der Gegeneffekt ein. Inhalte und Methoden immunisierten nicht gegen den „Schmied“, sondern schufen eher stille Empfangsbereitschaft für eine Kultur der Inhuma-nität. Der totalitäre Wolf im Schaffell konnte kommen, die pädagogischen Felder waren schon gepflügt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Ständestaat vormilitärische Erziehung Frauenrolle außerschulische Erziehung Erziehungsprinzipien konfessionelle Schulwesen Maßregelungen der Lehrer und Schüler Verordnungen Jahresberichte Zeitzeugeninterviews
Autor*innen
Eva Maria Gober
Haupttitel (Deutsch)
Die Instrumentalisierungs- bzw. Sozialisierungsversuche und Erziehungsprinzipien im autoritären Ständestaat Österreichs 1933/34-1938
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
251 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Lothar Höbelt
Klassifikation
15 Geschichte > 15.08 Sozialgeschichte
AC Nummer
AC07060757
Utheses ID
1474
Studienkennzahl
UA | 190 | 313 | 333 |
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