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Carlo Innocenzo Carlone in Niederösterreich
ein Wanderkünstler im politischen und sozialen Umfeld an der Schwelle zum 18. Jahrhundert
Petra Suchy
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Monika Dachs-Nickel
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.1875
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29848.59993.522153-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die historischen Ereignisse im Europa des 17. Jahrhunderts prägten nicht nur die politischen Unternehmungen und die gesellschaftlichen Strukturen innerhalb des Kaiserreiches, ihr Einfluss erstreckte sich auch auf die Entwicklung und Etablierung der barocken Kunst, und damit auf die Künstler selbst. Das künstlerische Vakuum, das sich in der zweiten Hälfte des Seicento in Österreich breit machte, der Import vor allem italienischer Entwürfe, Gemälde und Künstler, sowie die gezielten Studienreisen und Kavalierstouren sind nur drei Aspekte, die verdeutlichen sollen, welche Bedeutung der wirtschafts- und gesellschaftspolitische Kontext gespielt haben. Ausgangspunkt für die historische Untersuchung ist der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648), dessen territoriale, religiöse und politische Umwälzungen vor allem die Zentralgewalt des Heiligen Römischen Reiches geschwächt hatten: Innerhalb des Herrschaftsgebiets war der Kaiser konfrontiert mit dem zunehmenden Konkurrenzkampf absolutistischer Fürsten, außerhalb mit der Expansionspolitik der neuen Hegemonialmacht Frankreich. Das bourbonische Königreich unter Ludwig XIV. avancierte rasch zum absolutistischen Vorzeigestaat: Durch geschickte Reformen verfügte der „Sonnenkönig“ über ein schlagkräftiges stehendes Heer, einen neuen Beamtenapparat für die flächendeckende Verwaltung (etwa bei der Einhebung von Steuern) und ein neues Wirtschaftssystem, das finanziellen Gewinn vor allem durch den Export von Luxusgütern und neue Industriezweige förderte. Ab der zweiten Hälfte des Seicento organisierte der französische Staat auch die Künstlerausbildung an der 1648 gegründeten Académie Royale de Peinture et Sculpture und steuerte mit strikten Richtlinien, der Einrichtung regelmäßiger Ausstellungen oder der Vergabe von Stipendien nach Italien auch den Kunstmarkt. Frankreich war nicht nur in politischer und struktureller, sondern auch in kultureller Hinsicht ein Orientierungspunkt für andere europäische Höfe. Der Wiener Hof hingegen musste ob der zunehmenden Niederlagen an der südwestlichen Grenze des Kaiserreiches und der darauf folgenden territorialen Zugeständnisse die Führungsposition in Mitteleuropa an Frankreich abtreten. Erst als sich der Kaiser an einer anderen Grenze behaupten konnte, erlangten die Habsburger ihr Ansehen wieder: Nach einem 15-jährigen Verteidigungskampf landeten sie 1688 in einer „Heiligen Allianz“ den vernichtenden Schlag gegen das Osmanische Reich – die Bedrohung im Osten –, sicherten die Grenzen, erweiterten ihr Territorium und bewiesen damit gesamtstaatliche Handlungsfähigkeit. Im mitteleuropäischen Kräftekanon stieg die Casa d’Austria wieder zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten Frankreichs auf. Eine Konkurrenz, der man auch kulturell begegnete: Das neu gewonnene Prestige, das neue Selbstbewusstsein und das damit verbundene Repräsentationsbedürfnis leiteten eine neue Ära der höfischen Kunst ein – mit neuen Aufgaben, neuen Auftraggebern und neuen Künstlern. Mit der ersten Welle des um 1690 ausgelösten Baubooms erfüllten hauptsächlich Italiener den steigenden Bedarf an versierten Fachkräften im Habsburgerreich. Die heimischen Auftraggeber, die auf ihren Kavalierstouren nach Italien die neuesten künstlerischen Trends und Entwicklungen kennen gelernt hatten, engagierten für ihre Kunstprojekte italienische Fachkräfte, kauften italienische Ölgemälde vor Ort oder bestellten italienische Idealskizzen und -pläne, um diese von heimischen Handwerkern realisieren zu lassen. In diesem Kontext betrachtet, steht das Leben von Carlo Innocenzo Carlone (1686 – 1775) für das vieler italienischer Künstler und Handwerker; seine Karriere war jedoch außergewöhnlich. Er stammte aus einer Familie, die seit dem 15. Jahrhundert etwa 50 Architekten, Bildhauer und Maler hervorgebracht hatte und deren Mitglieder vor allem ab der Mitte des 17. Jahrhunderts die Verbreitung des dekorativen Stils Italiens an den österreichischen und deutschen Höfen vorangetrieben hatten. Unter den zahlreichen Künstlern bzw. Handwerkern des Carlone-Clans zählte der ehrgeizige Carlo Innocenzo zweifelsohne zu den erfolgreichsten. Er war ein teurer und gesuchter Maler, seine Aufträge führten ihn an die renommiertesten Höfe Süddeutschlands und an den Kaiserhof. Zudem war er für zahlreiche adelige und kirchliche Auftraggeber in Oberitalien, Österreich, Deutschland, Böhmen und der Schweiz tätig. Der Fokus der kunsthistorischen Analyse liegt auf den zwei Freskoaufträgen, die Carlone 1727 im Raum des heutigen Niederösterreich realisiert hat: Im Waldviertel dekorierte er die Kuppel mit den Zwickelfeldern sowie zwei querovale Deckenfelder in der Pfarrkirche Groß Siegharts, in Schloss Hof im Marchfeld die Decke der Schlosskapelle. Der Vollständigkeit halber wird auch das 1712 entstandene Hochaltarbild der Pfarrkirche Kirchberg am Wagram – Carlones erstes Werk für Niederösterreich, vorgestellt. Der Schwerpunkt der stilkritischen Betrachtung ist die Frage nach der Entwicklung des Freskostils der späten 20er-Jahre im Vergleich zum Frühwerk sowie die Weiterentwicklung im Spätwerk.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
baroque painting fresco seventeenth century eighteenth century seicento settecento history political developments social developments padroni customer client artistic education traveling artists lower austria austria absolutism grand tour educational trip the Thirty Years' War
Schlagwörter
(Deutsch)
Barock Malerei Freskomalerei 17. Jahrhundert 18. Jahrhundert Seicento Settecento Geschichte Politik Gesellschaft Auftraggeber Künstlerausbildung Wanderkünstler Niederösterreich Österreich Absolutismus Dreißigjähriger Krieg Grand Tour Kavaliersreise
Autor*innen
Petra Suchy
Haupttitel (Deutsch)
Carlo Innocenzo Carlone in Niederösterreich
Hauptuntertitel (Deutsch)
ein Wanderkünstler im politischen und sozialen Umfeld an der Schwelle zum 18. Jahrhundert
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
116 S, [ca. 100] Bl. : zahlr. Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Monika Dachs-Nickel
Klassifikationen
20 Kunstwissenschaften > 20.07 Kunstkritik, Kunstinterpretation ,
20 Kunstwissenschaften > 20.10 Kunst und Gesellschaft ,
20 Kunstwissenschaften > 20.24 Gesellschaft, Kultur ,
20 Kunstwissenschaften > 20.26 Geschichte ,
20 Kunstwissenschaften > 20.30 Kunstgeschichte: Allgemeines ,
20 Kunstwissenschaften > 20.70 Europäische Kunst: Allgemeines
AC Nummer
AC07090147
Utheses ID
1543
Studienkennzahl
UA | 315 | | |
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