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Zur Interpretation elekronischer Kurznachrichten
textbasierte Kontextualisierungsverfahren in den SMS-Botschaften einer Kleingruppe
Stefan Gormasz
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Helmut Gruber
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.17437
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30227.79746.269859-0
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Im Rahmen digital vermittelter interpersoneller Kommunikation und vor dem paradigmati-schen Hintergrund der interdisziplinär und methodenpluralistisch ausgerichteten Interaktio-nalen Soziolinguistik beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der von John J. Gumperz etablierten Kontextualisierungstheorie. Ziel war es, die ursprünglich von Gumperz für die somatische Face-to-Face Kommunikation entwickelt Theorie auf die elektronsiche Kommu-nikationsform SMS (Short Message Service), genauer auf die digitalen Dialoge einer Gruppe befreundeter Personen, anzuwenden. Ausgehend von der Vorstellung eines vorwiegend durch nonverbale und paraverbale Signale etablierten kongnitiv-konstruktivistischen Inter-pretationskontextes, der es in situierten Sprechereignissen kopräsenten Interagierenden er-möglicht, die Bedeutung verbaler Zeichen adäquat zu interpretieren, lautete die prinzipielle Forschungsfrage, ob in den zerdehnten Gesprächssituationen schriftlicher Telekommunikati-on ebensolche kontextinferierende Cues existent sind. Untersucht wurde die Frage anhand eines eigens erhobenen Datenkorpus’, das sich aus den SMS-Dialogen zwischen zehn sich nahe stehenden Freund_innen – insgesamt 244 Kurznachrichten – zusammensetzt. Entspre-chend den hypothetischen Erwartungen konnten in einer qualitativen Analyse der gesammel-ten Dialoge eine Reihe schriftsprachlicher Merkmale ausfindig gemacht werden, die basie-rend auf der Theorie Gumperz’ als textbasierte Kontextualisierungshinweise zu definieren sind. Diese Signale entsprechen in gewisser Weise Normverletzungen der Standardschrift-sprache – dem ‘Default-Setting’ unserer literaren Gesellschaft – und lassen sich in einer strukturellen Gliederung und in Anlehnung an das Koch/Oesterreicher-Modell in (1) kon-zeptionell bedingte sprach-stilistische bzw. (2) medial bedingte (ortho-)graphische Phäno-mene einteilen. Dabei beinhaltet die erste Kategorie all jene Kontextualisierungshinweise, die sich vor allem als Transferphänomene von der gesprochenen auf die geschriebene Spra-che – vom Phonischen ins Schriftliche – charakterisieren lassen; wobei wiederum zwischen sprachlichen Strukturen auf den unterschiedlichen Subebenen des Sprechens unterschieden werden kann. Hierzu zählen vor allem allegosprachliche Formen (Elisionen) auf der phono-logischen Ebene; unterschiedliche Ellipsentypen (situative Ellipsen, Strukturellipsen, Adja-zenzellipsen) auf der syntaktischen Ebene; expressive Interjektionen, abtönende oder inten-sivierende Diskurspartikel, umgangssprachliche bzw. dialektale Lexemvarianten sowie gruppenspezifische Spitz- und partnerspezifische Kosenamen auf der lexikalischen Ebene; und auf der pragmatischen Sprachebene rahmende Eröffnungs- und Beendigungssignale. Unter die (ortho-)graphische Kategorie fallen hingegen genuin schriftliche Merkmale – wie der funktionale Einsatz von Satzzeichen sowie der eher seltene Gebrauch interpretationlei-tender Smiley-Gesichter –, die durch das Medium und den semiotischen Zeichenkode Schrift bedingt sind. Sie können in vielen Fällen als Substitutionen nonvokaler Gesprächsmerkmale (Mimik, Gestik, Proxemik etc.) betrachtet werden und weisen in der Regel keine Analogien zu Merkmalen phonischer Kommunikation auf. Neben der Systematisierung der zum Einsatz gekommenen Kontext-Cues wurde in einem weiteren Analyseschrift und unter Rückgriff auf Peter Auers Typologie kontextschaffender Schematypen das Augenmerk auf die jeweiligen kommunikativen Funktionen – das kontextualisierende Potential – der einzelnen schriftsprachlichen Merkmale gelegt. Auer unterscheidet für die mündliche Face-to-Face Kommunikation insgesamt sechs reziproke, teils in hierarchischen Verhältnissen zueinander stehende, divergente Schemaebenen, die in verbalen Interaktionen durch den Einsatz inter-pretationsleitender Signale aktiviert werden und in Summe den relevanten Interpretations-rahmen situierter Äußerungen konstituieren. Entsprechend der vorwiegend phatisch-expressiven Natur der Kommunikationsform SMS zeigte sich im Falle der analysierten Dia-loge, dass es sich bei dem Großteil der existenten Interpretationssignale sowohl um Kontex-tualisierungen der sozialen Beziehungen der Interagierenden zueinander als auch um die In-dizierung emotionaler Dispositionen der Textproduzierenden auf der psychischen Ebene in-nerer Zustände handelt. Bei den als textbasierte Kontextualisierungsverfahren vorgestellten linguistischen, kommu-nikativ-funktionalen wie typographischen Merkmalen in den SMS-Dialogen der untersuch-ten Personengruppe handelt es sich nicht um neuartige Entdeckungen. Der Großteil der vor-gestellten Phänomene wurde bereits an anderen Stellen und in vorangegangen Untersuchun-gen zu interpersonellen Interaktionen in schriftlichen Formen der Distanzkommunikation mehrfach zusammengefasst und nach unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifiziert. Neu-artig jedoch ist die innerhalb dieser Arbeit gewählte Herangehensweise, SMS-Kommunikation nicht allein aus dem innerhalb der deutschsprachigen Linguistik üblichen Blickwinkel der auf Koch/Oesterreicher basierenden konzeptionellen Mündlichkeit und der medienbedingten Sprachökonomie zu betrachten sondern diese gängigen Erklärungsdimen-sionen um interaktional-linguistische Modelle zu erweitern. Eine Herangehensweise, welche sich als durchaus sinnvoll für die Beschreibung der vorliegenden Daten als auch für das adä-quate Verständnis der tatsächlich herrschenden reziproken Mechanismen, die zwischen den Interagierenden, ihren produzierten sprachlichen Zeichen und den außersprachlichen Gegebenheiten wirken, erwies.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Interkationale Soziolinguistik Kontextualisierungstheorie interpersonelle Kommunikation elektronisch vermittelte Kommunikation (CMC) Short Message Service (SMS) konzeptionelle Mündlichkeit Sprachökonomie
Autor*innen
Stefan Gormasz
Haupttitel (Deutsch)
Zur Interpretation elekronischer Kurznachrichten
Hauptuntertitel (Deutsch)
textbasierte Kontextualisierungsverfahren in den SMS-Botschaften einer Kleingruppe
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
X, 197 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Helmut Gruber
Klassifikationen
05 Kommunikationswissenschaft > 05.38 Neue elektronische Medien ,
05 Kommunikationswissenschaft > 05.42 Telekommunikation ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.25 Soziolinguistik: Sonstiges ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.49 Angewandte Sprachwissenschaft: Sonstiges
AC Nummer
AC08858178
Utheses ID
15628
Studienkennzahl
UA | 328 | | |
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