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Erzherzogin Maria Elisabeth und ihr Statthalterhof in Brüssel
1725 - 1741
Sandra Hertel
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Wolfgang Schmale
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.17832
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30452.44369.139954-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Erzherzogin Maria Elisabeth (1680–1741), die Schwester von Kaiser Karl VI., war eine der wenigen Frauen, die in der Frühen Neuzeit ein explizites Herrschaftsamt ausfüllten. 1725 wurde sie nach der gescheiterten Statthalterschaft von Prinz Eugen von Savoyen als bereits 44jährige, unverheiratete Frau zur Statthalterin der Österreichischen Niederlande ernannt. Sie stand damit in der Tradition weiblicher, meist verwitweter, Statthalterinnen in den Südlichen Niederlanden. Trotz eines Versuches, sie 1737 durch Franz Stephan von Lothringen zu ersetzen, blieb sie bis zu ihrem Tod 1741 in Brüssel. Maria Elisabeth hatte breite Befugnisse und erhielt vom Kaiser nur vage Anweisungen und Instruktionen. Karl vertraute seiner älteren Schwester sehr und akzeptierte ihr eigenmächtiges Handeln. Ihre strenge, gegen den Jansenismus gerichtete Kirchenpolitik wurde von der Wiener Zentrale nicht unterstützt, konnte aus der Distanz aber kaum unterbunden werden. Als politische Kontrolle stellte Karl seiner Schwester einen Obersthofmeister zur Seite, der die intelligente und durchsetzungsstarke Erzherzogin im Sinne des Wiener Hofes beraten sollte. Dieser „Superminister“ hatte ein Macht- und Beratungsmonopol am Brüsseler Hof, das von den beiden Amtsträgern, Graf Visconti und ab 1733 Graf Harrach, unterschiedlich genutzt wurde. Harrach versuchte, mehr als Visconti, die Politik der Statthalterin zu beeinflussen und in seinem Sinne zu steuern. Er sah aber seinen Einfluss auf Maria Elisabeth durch den jesuitischen Beichtvater und die Hofdamen beschränkt. Bedingt durch Maria Elisabeths Geschlecht hatte das Frauenzimmer eine bessere Stellung als männliche Amtsträger, da sie permanenten Zutritt zu ihren Räumen hatten. Diese Nähe zur Erzherzogin, die wichtigste soziale Ressource bei Hof, war der Grund für Intrigen und die Bildung konkurrierender Hofparteien. Hauptakteure waren Harrach auf der einen und der Generalschatzmeister Cuvelier mit dem Finanzrat auf der anderen Seite. Maria Elisabeth profitierte von dieser Konkurrenzsituation, da weder der institutionell gestärkte Harrach, noch ihr zeitweiliger informeller Günstling Cuvelier ihr Primat in Entscheidungsfragen bedrohen und für sich beanspruchen konnten. Maria Elisabeths Hof auf dem Coudenberg pflegte das Zeremoniell des kaiserlichen Hofes in strenger Ausprägung. Da seine Spitze eine unverheiratete Frau war und es keinen männlichen Fürsten am Hof gab, stellt der Brüsseler Hof im Vergleich zu anderen habsburgischen Höfen eine faszinierende Ausnahme dar. Strukturell orientierte sich ihr Hofstaat an den Höfen der Kaiserinwitwen in Wien. Als Statthalterin erhielt Maria Elisabeth die selben Ehren wie der Kaiser selbst. Im Zeremoniell bemühte sich Maria Elisabeth um maximale Distanz von ausländischen Fürsten und männlichen Adeligen, um ihre jungfräuliche Würde zu wahren. Dies führte in Einzelfällen auch zu Verstimmungen bei ausländischen Gästen. Bedingt durch ihre Vorstellungen von Tugend und Demut überwogen am Brüsseler Hof religiöse Prozessionen und Feste, wie etwa die Fußwaschung der Armen am Gründonnerstag, vor barocker Tanz- und Festkultur. Die ältere Literatur unterstellt Maria Elisabeth deshalb eine religiös fanatische und glanzlose Regierung. Auch ihr Körper spielte in der Rezeption ihrer Statthalterschaft eine wichtige Rolle. Ein durch Pockennarben entstelltes Gesicht und der Mangel an weiblichen Reizen gaben ihrem hochgewachsenen, starken Körper einen geschlechtslosen Charakter. Dies machte es ihr leichter, eine autoritäre Rolle als Regentin zu übernehmen und von ihren Untergebenen respektiert zu werden. Diese Studie über Maria Elisabeth und ihre Rolle als Statthalterin der Österreichischen Niederlande kombiniert eine strukturgeschichtliche Analyse ihres Hofstaates mit einer biographischen Betrachtung ihrer Persönlichkeit. Erstmals konnte die Statthalterschaft der zu Unrecht vergessenen Erzherzogin, unter Berücksichtigung sowohl österreichischer als auch belgischer Quellen, auf politischer, verwaltungs- und kulturgeschichtlicher Ebene analysiert und als geschlossener Komplex dargestellt werden.
Abstract
(Englisch)
Archduchess Maria Elisabeth (1680-1741), the sister of emperor Karl VI, was one of few women who practically reigned in the early modern times. In 1725, as an already 44-year-old, unmarried woman, she was appointed to the governor of the Austrian Netherlands after the failed governorship of prince Eugene of Savoyen. She stood in the tradition of women, mostly widowed, who also were governors in the southern Netherlands. In spite of an attempt to substitute her in 1737 with Franz Stephan of Lothringen she remained in Brussels until her death in 1741. Maria Elisabeth had wide competence and only vague instructions from the emperor, who trusted her and allowed her freelancing. Her politic against the Jansenists was not supported by the Viennese headquarters, but could hardly be prevented from the distance. As a political control of the Viennese Court Karl established with the Lord Chamberlain (“Obersthofmeister”) an adviser to the Archduchess. This "superminister" had a monopoly of power and consultation at the Brussels court which was used differently by both office-bearers, Count Visconti and from 1733 Count Harrach. Harrach tried to influence, more than Visconti, the politics of the governor and to guide her in his sense. However, he saw his influence on Maria Elisabeth limited by the Jesuitical father confessor and the women's room. Caused by Maria Elisabeth's gender the ladies-in-waiting had a better position than male office-bearers at court, because they had permanent admission to her rooms. The nearness to the archduchess was the reason for intrigues and the formation of competing court parties. Key players were Harrach on one and the general treasurer Cuvelier with the Council of finances on the other side. Maria Elisabeth profited from this competition situation, because neither Harrach nor the temporarily favourite Cuvelier had the strength to claim her power for themselves. Maria Elisabeth's court maintained strictly the ceremonial of the imperial court. The Brussels court was in comparison to other Habsburg courts a fascinating exception, because his sovereign was an unmarried woman and there was no male prince. Structurally her court copied the courts of the imperial widows in Vienna. As governor, Maria Elisabeth received the same honours like the emperor in Vienna. In the ceremonial Maria Elisabeth hold maximum distance from foreign princes and male aristocrats to protect her maiden dignity. Caused by her images of virtue and humility, religious processions predominated at the Brussels court, as for example the foot washing ceremony of Maundy Thursday, while court balls rarely took place. In older literature Maria Elisabeth is accused of a religiously fanatical and non inspirational government. Also, her body played an important role in the estimation of her governorship. Her face was distorted by pockmarks and her strong and heavy body suffered under the lack of female charms which gave her a sexless character. This made it easier to her to take over an authoritarian role as a regent and to be respected by her subordinates. This study about Maria Elisabeth and her role as governor of the Austrian Netherlands combines a structural-historical analysis of her court with a biographic consideration of her personality. For the first time the governorship of the wrongfully unknown archduchess could be analysed on a political and cultural-historical level and be explained as a closed complex.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Archduchess Maria Elisabeth (1680-1741) Austrian Netherlands Court Gender Studies
Schlagwörter
(Deutsch)
Erzherzogin Maria Elisabeth (1680-1741) Österreichische Niederlande Hof Frauen- und Geschlechtergeschichte
Autor*innen
Sandra Hertel
Haupttitel (Deutsch)
Erzherzogin Maria Elisabeth und ihr Statthalterhof in Brüssel
Hauptuntertitel (Deutsch)
1725 - 1741
Paralleltitel (Englisch)
Archduchess Maria Elisabeth and her Governors' Court in Brussels (1725 - 1741)
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
407 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Wolfgang Schmale ,
Martin Scheutz
Klassifikation
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte
AC Nummer
AC08892714
Utheses ID
15975
Studienkennzahl
UA | 092 | 312 | |
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