Detailansicht
Tabuisierte Ausnahme oder Berufsalltag?
Wissensstand und Erfahrungen österreichischer Hebammen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung
Verena Hofstätter
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Betreuer*in
Sylvia Kirchengast
DOI
10.25365/thesis.17893
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30366.93142.928054-2
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Studienziel: Durch Migration werden auch in Österreich Angehörige medizinischer und
sozialer Berufe, darunter Hebammen, mit dem Thema „Weibliche Genitalverstümmelung“
konfrontiert. Studienziel war es, den Wissens- und Erfahrungsstand, sowie Einstellungen von
in Österreich tätigen Hebammen, vordergründig zu medizinischen und rechtlichen Belangen
der Thematik „Female Genital Mutilation (FGM)“, zu erfassen.
Methode: Die Datenerhebung erfolgte mittels Fragebogen, welcher unter Mithilfe des
Österreichischen Hebammengremiums per E-Mail an möglichst viele der 1.907
österreichischen Hebammen versendet wurde.
Ergebnisse: Die Stichprobe umfasste 138 Hebammen im Alter von 22 bis 66 Jahren und war
in Bezug auf sozioökonomische und berufscharakteristische Parameter gut durchmischt.
Bezüglich des Wissensstandes konnte bewiesen werden, dass allen Befragungspersonen das
Thema FGM, überwiegend aus der Hebammenausbildung sowie aus Fachzeitschriften,
bekannt war. Dabei bezogen Hebammen, welche ein dreijähriges Studium absolviert hatten,
ihr Wissen signifikant häufiger aus ihrer Ausbildung, als Hebammen nach zweijähriger
Ausbildung (p < 0,001). Wissenslücken wurden vor allem bei zwei pseudowissenschaftlichen
Begründungen sowie im Umgang mit den betroffenen Frauen gefunden.
Mehr als einem Drittel der Befragungspersonen war mindestens ein Fall von FGM aus deren
beruflichen Tätigkeit bekannt, insgesamt betreuten die 138 Probandinnen 1324 verstümmelte
Frauen. Die Sectiorate der 282 erfassten Geburten beschnittener Frauen lag bei 28%, wobei
weit mehr als die Hälfte dieser Operationen aufgrund von FGM vorgenommen wurden, was
den Empfehlungen der Fachliteratur widerspricht. Bewiesen werden konnte außerdem, dass
FGM in Zusammenhang mit geburtshilflichen Komplikationen steht. Hinsichtlich der
gesetzten Handlungen der Hebammen im Falle von FGM, zeigten sich nicht nur große
Wissenslücken und Unsicherheiten, sondern auch enorme sprachliche Barrieren.
Schlussfolgerungen: Um den Wissensstand der österreichischen Hebammen, die Beratung
sowie den Umgang jener mit betroffenen Frauen zu verbessern, sind Schritte wie
Fortbildungskampagnen, das Hinzuziehen von weiblichen, nicht zur Familie gehörenden,
Dolmetschern, sowie größere zeitliche Ressourcen dringend notwendig. Auch ein früherer
Kontakt der Hebammen mit Betroffenen, bereits während der Schwangerschaft, wäre
wünschenswert. Dann hätten Hebammen die Chance, betroffene Frauen und deren Familien
rechtzeitig über gesundheitliche Risiken bzw. Konsequenzen für ihre Töchter zu informieren,
diese an Beratungsstellen zu vermitteln und ihnen zur Rückoperation zu raten.
Abstract
(Englisch)
Objective: Migration leads to the confrontation of medical practitioner, including midwife,
with female genital mutilation (FGM). The aim of this study was the evaluation of the state of
knowledge about FGM and to show which experiences Austrian midwives have with FGM.
Particularly the attitudes towards medical and legal aspects were asked in a questionnaire.
Method: The questionnaire were sent per email to as many as possible of the 1907 Austrian
midwives with the help of the “Österreichisches Hebammengremium”.
Results: 138 midwives, age 22 to 66, returned the questionnaire. All questioned people heard
about FGM, most of them during their education or read about it in specific journals.
Midwives who graduated from a three-year delivery nurse education got their knowledge
about FGM more often than midwives who graduated from a two-year delivery nurse
education (p < 0.001). Lacks of knowledge could be found in two pseudoscientific rationals
and in the interpersonal dealings with affected people.
More than a third of all questioned people knew at least one case of FGM within their
professional responsibilities. The sample of 138 midwives reported 1324 cases of mutilated
women under physician’s care. 28% of all recorded births (282) were done per caesarean
operation. In contradiction to recommendations of specialist literature more than the half of
these operations was necessary as a result of FGM. It has been proven, that FGM is related to
obstetrical complications. Not only lacks of knowledge and uncertainties but also verbal
barriers were recorded.
Conclusion: To close the gap in Austrian midwives knowledge and to improve the
counseling and the contact with mutilated women, advanced education trainings are
necessary. In addition not-related female interpreters could help to fix the verbal barriers.
Contact between midwives and affected women at an early stage, already during pregnancy,
would be desirable. This would lead to sufficient time to clarify affected people and their
relatives about health effects and risks. It would also be possible to involve an expert
counseling.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
FGM Female Genital Mutilation FC Female Circumcision FGC Female Genital Cutting midwives
Schlagwörter
(Deutsch)
weibliche Genitalverstümmelung weibliche Beschneidung Hebammen medizinisches Personal
Autor*innen
Verena Hofstätter
Haupttitel (Deutsch)
Tabuisierte Ausnahme oder Berufsalltag?
Hauptuntertitel (Deutsch)
Wissensstand und Erfahrungen österreichischer Hebammen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
148 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Sylvia Kirchengast
AC Nummer
AC09022378
Utheses ID
16030
Studienkennzahl
UA | 066 | 827 | |