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Vergessene Alternativen
Demokratiekonzeptionen zivilgesellschaftlicher und sozialer Bewegungen im Russland der Perestroika
Johann Asenbaum
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Dieter Segert
DOI
10.25365/thesis.18247
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30364.63333.858965-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Während der Perestroika-Jahren, von 1985-1991, enstand in der Sowjetunion eine Vielzahl
zivilgesellschaftlicher Gruppierungen verschiedenster ideologischer Ausrichtungen, die
angesichts der multiplen Systemkrisen über Alternativen sowohl zum östlichen
Staatssozialismus als auch zum westlichen Realkapitalismus nachdachten. Die diversen
Visionen dieser Zeit wurden jedoch durch das Paradigma des siegreichen Kapitalismus und
eines vermeintlichen „Endes der Geschichte“ (Fukuyama) von den Sozialwissenschaften
weitgehend ignoriert und gerieten in Vergessenheit. In der vorliegenden Diplomarbeit werden
die demokratischen Ideen der sogenannten „Informellenbewegung“ vor dem Kontext aktueller
Debatten über die Krise westlicher, liberaler Demokratie (Entdemokratisierung,
Postdemokratie) diskutiert, um Antworten auf heutige Fragen zu finden. Dabei folgt die Arbeit
einem Verständnis, das unterdrückte, verdrängte und disqualifizierte Theorien von den
Peripherien der globalen Gesellschaft in den Fokus rückt und insistiert, dass das Wissen fernab
elitärer, akademischer Zentren zu einer tiefgehenden Ergründung von Vergangenheit und
Gegenwart beitragen kann. Diesem Ansatz der „Theorie von unten“ entsprechend, wird auch
eine Perspektive auf die historischen Prozesse der Perestroika eingenommen, die Bevölkerung,
Gesellschaft und Zivilgesellschaft als Triebkräfte des politischen Wandels identifiziert.
Um die vielfältigen Demokratiekonzeptionen, die in dieser speziellen historischen Situation
entstanden, zu erforschen, wurden sechzehn qualitative Experteninterviews mit AktivistInnen
der Informellenbewegung in Moskau sowie eine Dokumentenananalyse von Originalmaterialien
der diversen Organisationen durchgeführt. Die Daten wurden einer vom Most-Similar-System-
Design inspirierten Themenanalyse unterzogen und vergleichend-interpretativ ausgewertet. Die
Vielzahl an alternativen demokratischen Ideen, die unter Schlagwörtern wie Marktsozialismus,
Volkskapitalismus, Computerdemokratie, zivilgesellschaftlicher Parlamentarismus,
selbstverwalteter Ökosozialismus und imaginierte liberale Demokratie zusammengefasst
werden können, zeugt vor allem davon, dass es in den Köpfen der Menschen zur Zeit der
Perestroika weitaus mehr als nur eine unvermeidliche Option sich in die erfolgreiche
kapitalistische Hauptrichtung (Kornai) einzuordnen gab. Für die Postsozialismusforschung
werfen die Ergebnisse der Arbeit ein neues Licht auf die üblicherweise als passiv und
konservativ beschriebene russische Bevölkerung und erklären die Informellenbewegung als
Wurzel der heutigen aktiven Zivilgesellschaft. Überdies verweisen die inhaltlichen Ergebnisse
der Studie auf eine Konvergenz von Demokratie und Sozialismus in den Diskursen der
Zivilgesellschaft – eine Idee, die in der Arbeit von dem neoliberalen Zeitgeist der sowjetischen
Reformelite abgegrenzt wird.
Abstract
(Englisch)
The perestroika period, from 1985-1991, saw the emergence of a multitude of various social
initiatives, which in the face of multiple systemic crises pondered upon alternatives to Eastern
state socialism and Western real capitalism. Under the influence of the paradigm of the victory
of capitalism and the „end of history“ (Fukuyama) these diverse visions were, however, ignored
by social sciences. Thus they were forgotten. In order to find answers to present-day questions,
the thesis discusses the democratic ideas of the so called “informal movement“ in the context of
current debates about the crisis of Western liberal democracy. In doing so the thesis pursues an
understanding that moves suppressed, displaced, and disqualified theories from the peripheries
of global society to the centre. It insists that the knowledge produced far away from the elitist
academic centres adds to a deeper comprehension of the past and the presence. In accordance
with the approach of “theory from below,“ a perspective on historic developments of the
perestroika is taken, identifying the population, the society and civil society as driving forces of
political change.
In order to explore the diverse democratic conceptions originating in this outstanding historic
situation, sixteen qualitative expert interviews with activists of the informal movement were
taken in Moscow. In addition, original material of various social organisations was collected for
a document analysis. The data was subjected to a theme analysis inspired by the most-similarsystem
design and evaluated in an interpretative comparison. The multitude of alternative
democratic ideas, which can be summarised under slogans like market socialism, peoples
capitalism, computer democracy, civil society parlamentarism, self-managed eco-socialism, and
imaginary liberal democracy, shows that during the perestroika Russian people had much more
than just one inevitable option in mind. There seemed to be more possibilities than to get in lane
of the historic main direction (Kornai). For post-socialism studies the results shed new light on
Russian society, usually portrayed as passive and conservative. They explain the informal
movement as root of the current active civil society. Moreover the results of the study hint at a
convergence of democracy and socialism in the discourses of civil society. This idea is
contrasted with the neoliberal spirit dominating the soviet reform elite.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
democracy democracy movement informal movement social movements civil society Russia Soviet Uniont perestroika transformation postsocialism postdemocracy state socialism socialism self management
Schlagwörter
(Deutsch)
Demokratie Demokratiebewegung Informellenbewegung soziale Bewegungen Zivilgesellschaft Russland Sowjetunion Perestroika Transformation Postsozialismus Postdemokratie Staatssozialismus Sozialismus Selbstverwaltung
Autor*innen
Johann Asenbaum
Haupttitel (Deutsch)
Vergessene Alternativen
Hauptuntertitel (Deutsch)
Demokratiekonzeptionen zivilgesellschaftlicher und sozialer Bewegungen im Russland der Perestroika
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
VI, 204 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Dieter Segert
Klassifikationen
08 Philosophie > 08.45 Politische Philosophie ,
15 Geschichte > 15.06 Politische Geschichte ,
15 Geschichte > 15.74 Russland ,
89 Politologie > 89.05 Politische Theorie ,
89 Politologie > 89.14 Sozialismus ,
89 Politologie > 89.15 Kommunismus ,
89 Politologie > 89.19 Sozialistische Richtungen ,
89 Politologie > 89.20 Anarchismus ,
89 Politologie > 89.29 Politische Richtungen: Sonstiges ,
89 Politologie > 89.30 Politische Systeme: Allgemeines ,
89 Politologie > 89.35 Demokratie ,
89 Politologie > 89.62 Politische Bewegungen
AC Nummer
AC09014398
Utheses ID
16345
Studienkennzahl
UA | 300 | | |