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"Windspiele"
Winti-Praxis und Öffentlichkeit in den Niederlanden ; ein Spannungsfeld zwischen Kampf um Anerkennung, Kommerzialisierung und Geheimhaltung aus Tradition
Anke Lamprecht
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Wolfgang Kraus
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.18265
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29410.77348.168960-4
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Diplomarbeit ist eine empirisch orientierte Auseinandersetzung mit der in Suriname entstandenen und auch in den Niederlanden gelebten Winti-Kultur resp. Winti-Religion. Durch das gewalttätig erzwungene Zusammentreffen von verschiedenen afrikanischen, südamerikanisch-indigenen und später auch europäischen Weltbildern hat sich ein Glaubenssystem entwickelt, dessen sozialer und kultureller Ausdruck von Beginn an von starken Repressionen und Abwertungsstrategien seitens der EuropäerInnen beeinflusst war. Die surinamische Winti-Kultur ist im Zuge des europäischen Kolonialismus und den damit verbundenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit entstanden. Die Verschleppung von Menschen aus verschiedenen westafrikanischen Gebieten in die Kolonie Suriname hat Weltbilder samt ihren kulturellen und sozialen Praktiken zusammengeführt, die sich in einer rassistischen, gewaltdurchwirkten und vom Überlebenskampf bestimmten Atmosphäre gemeinschaftlich weiterentwickelt haben. Religiöse Konzepte innerhalb der Winti-Kultur erfuhren von Beginn an Unverständnis und Ablehnung seitens der EuropäerInnen. Im Zuge von Missionierungsbestrebungen setzten christliche Gruppen die Winti-Praxis mit afgoderij /Abgötterei gleich. Als eine weitere Form der Abwertung kann die frühe wissenschaftliche Kategorisierung der afrikanischen und karibischen Religionen als rückständig und wenig entwickelt gesehen werden. In der Folge haben die AkteurInnen der Winti-Kultur ihre Religion weitgehend in sehr kleinen Gruppen und im Verborgenen praktiziert oder sich, zumindest offiziell, gänzlich von ihr abgewendet. Rückzug als Schutz vor sozialer Ausgrenzung und dadurch unterbrochene Kommunikationskanäle haben dazu geführt, dass die Wissensweitergabe von einer Generation zur nächsten erschwert wurde. Ein wachsendes nationales und damit verbundenes kulturelles Selbstbewusstsein führt seit den 1960er Jahren dazu, dass ein Teil der Winti-Praktizierenden vermehrt nach kollektivem Austausch sucht und in die Öffentlichkeit tritt. Dabei wird die Heterogenität der Winti-Community deutlich und die kreolisch-surinamische Bevölkerung und ihre in den Niederlanden lebenden Nachfahren sehen sich mit Diskursen und Herausforderungen konfrontiert, deren Wurzeln zwar großteils in der Kolonialgeschichte liegen, die heute jedoch auch innerhalb der Winti-Gemeinschaften reproduziert werden. Das Medium Internet stellt mit einem gewissen Maß an Zugangskontrolle eine Art Semi-Öffentlichkeit und damit einen kommunikativen Kompromiss für viele AkteurInnen der Winti-Religion dar. In interaktiven Radioprogrammen wird ein ähnlicher Aspekt durch Verwendung der Sprache Sranantongo erzielt. Mit der Herausarbeitung aktueller Diskursfelder innerhalb der Winti-Community in den Niederlanden möchte ich das Spannungsfeld zwischen Kampf um Anerkennung, Kommerzialisierung und Geheimhaltung aus Tradition aufzeigen. Dabei wird nicht nur der Einfluss von kollektiven Erfahrungen aus der Vergangenheit, sondern auch die Flexibilität des Glaubenskomplexes Winti sichtbar.
Abstract
(Englisch)
This thesis introduces predominantly empirical examination of the Winti-culture or Winti-religion which originated in Suriname and also exists in the Netherlands. A Winti belief system developed through a violently forced conjuncture of African, indigenous South American and European belief systems. The Surinamese Winti culture emerged in the era of European colonialism and its crimes against humanity. From the very beginning, the social and cultural expressions of this belief system were subject to repression and strategies of degradation at the hands of Europeans. Winti developed in an atmosphere marked by racism, violence and survival strategies. From the beginning, Winti religious concepts were confronted with rejection and a lack of understanding on the part of Europeans. Motivated by missionary intentions, Christian groups equated Winti practice with afgoderij /idolatrousness. A third mode of degradation can be seen in the early scientific classification of African and Caribbean religions as backwards or underdeveloped. Subsequently, the agents of Winti culture practiced their religion largely in very small groups and/or in secrecy. Officially, they turned their backs on Winti altogether. As a result, Winti religious practitioners withdrew, in response to social exclusion. This caused a disruption of communication channels, and a decrease in the transfer of information from one generation to the next. Since the 1960's, growing national and cultural assertiveness has lead many Winti practitioners to search for collective interaction and public action. Thus, the heterogeneity of the Winti communities becomes apparent. Accordingly, the Surinamese/Creole population and their descendants living in the Netherlands must face discourses and challenges that are mainly rooted in colonial history, but are also reproduced in the Winti communities themselves. Electronic communications media with its possibilities of access control provides a semi-public space, and displays a communicative compromise for many agents of Winti religion. Interactive radio shows achieve a similar effect through their use of the Sranatongo language. By elaborating upon current fields of discourse within Winti communities in the Netherlands, I will depict areas of conflict constructed by the struggle for acceptance, commercialization, and traditional secrecy. Thus, I will demonstrate the impact of collective past experience, as well as the principle flexibility of the Winti belief complex.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Winti Winti-Kultur Winti-Religion Suriname Niederlande Postkolonialismus
Autor*innen
Anke Lamprecht
Haupttitel (Deutsch)
"Windspiele"
Hauptuntertitel (Deutsch)
Winti-Praxis und Öffentlichkeit in den Niederlanden ; ein Spannungsfeld zwischen Kampf um Anerkennung, Kommerzialisierung und Geheimhaltung aus Tradition
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
V, 141 S. : Ill., Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Wolfgang Kraus
Klassifikationen
73 Ethnologie > 73.50 Kultureller Wandel ,
73 Ethnologie > 73.59 Religionsethnologie: Sonstiges ,
73 Ethnologie > 73.64 Sprache, Kommunikation ,
73 Ethnologie > 73.96 Ethnische Identität
AC Nummer
AC08937615
Utheses ID
16363
Studienkennzahl
UA | 307 | | |
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