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Der informierte Patient
"partizipative Entscheidungsfindung" als neue Herausforderung für Ärzte und deren Auswirkung auf die Arzt-Patienten-Beziehung ; dargestellt am Beispiel von Zöliakie sowie Krebs
Julia Zeidlhofer
Art der Arbeit
Magisterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Klaus Schönbach
DOI
10.25365/thesis.18330
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30435.18967.281854-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Das Internet und der damit einhergehende, vereinfachte und freie Zugang zu medizinischen Informationen haben zu tiefgreifenden Veränderungen im Wissensgefälle und Rollenverständnis zwischen Arzt und Patient geführt. Der mündige Patient ist eigenständiger und selbstverantwortlicher, er holt aktiv Informationen über seine Gesundheit ein und will in sämtlichen medizinischen Entscheidungen aktiv mit eingebunden werden. Die Fragen, wie Ärzte am besten mit der neuen Situation des informierten, beziehungsweise mündigen Patienten umgehen, welchen neuen Herausforderungen sie sich zukünftig stellen müssen und inwieweit sich die Arzt-Patienten-Beziehung durch die Verschiebung der Wissensasymmetrie und die aktive Miteinbeziehung der Patienten verändern wird, beziehungsweise welche Strategien Ärzte in diesen Fällen anwenden müssen, um ihre Autorität aufrecht zu erhalten und sich gegenüber anderweitig eingeholten Informationen als Experten durchzusetzen, gelten als das primäre Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit.
Im ersten theoretischen Teil werden wesentliche Begriffserklärungen, Konzepte und theoretische Ausführungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Arzt und Patient aufgezeigt. Im Zentrum stehen dabei das Modell der partizipativen Entscheidungsfindung sowie dessen Affinitäten und Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Beziehung. Der theoretische Teil der Arbeit schließt mit einer ausführlichen Analyse des ärztlichen Gesprächs und den aus der Literatur entnommenen Erkenntnissen und Studien zur Thematik Arzt-Patienten-Kommunikation. Primär zu erwähnen sind hier die Untersuchungen von Gottschlich (2007) zum Thema „Empathische Kommunikation“, die Theorie zur Machtverteilung in der Kommunikation nach Siegrist (1995), sowie neuere Studien von Anderson (2004) und Rubinelli & Schulz (2008) hinsichtlich der zunehmenden Bedeutung von Argumentation im Arzt-Patienten-Gespräch.
Anhand der theoretischen Ausführungen und basierend auf dem vorliegenden Erkenntnisinteresse wurden mit Hilfe eines Gesprächsleitfadens Experteninterviews mit insgesamt 24 Ärzten durchgeführt, wobei bei der geplanten Forschung ausschließlich die Sichtweise und Wahrnehmung der Ärzte von Zöliakie- beziehungsweise todkranken Krebspatienten untersucht wurde.
Der entscheidende Unterschied wurde in Bezug auf die Schwere der Krankheit gemacht. Es sollten hier zwei Extreme erhoben und gegenübergestellt werden: einerseits Zöliakie als lebenslange, aber nicht tödliche Krankheit und andererseits lebensbedrohliche und tödliche Krebserkrankungen.
Die Experteninterviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring anhand der Forschungsfragen ausgewertet und interpretiert.
Folgende Erkenntnisse gelten als die zentralen Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung: Die stetig wachsende Zahl der informierten Patienten wird zunehmend als positiv und wünschenswert empfunden, weshalb der zukünftige Fokus in der Medizin auf der Förderung der Patientenmündigkeit und der Qualitätsverbesserung der verfügbaren Informationen liegen muss, um Fehlinformiertheit zu vermeiden. Die Emanzipierung der Patienten stellt die größte Herausforderung für den Vertrauens- und Beziehungsaufbau in der Arzt-Patienten-Interaktion dar. Partizipative Entscheidungsfindung wird in diesem Kontext zwar als einzig mögliches und gutes Beziehungsmodell erkannt, entspricht in der Praxis jedoch nach wie vor eher einem (Ideal-)Modell als einer vollständig etablierten Norm. Besonders der Schweregrad der Erkrankung hat sich hier als Einschränkung auf die Möglichkeiten der Miteinbeziehung von Patienten bei medizinischen Entscheidungen erwiesen.
Ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch und die Beziehung zum Patienten werden zunehmend als DER Schlüssel zum medizinischen Erfolg anerkannt. Wesentlich sind logische, fachlich fundierte und wissenschaftlich korrekte Argumente. Diese verleihen Vertrauen, Respekt und Glaubwürdigkeit und halten so auch in Zeiten gesellschaftlicher Emanzipierung die ärztliche Autorität und Expertise langfristig aufrecht und stabil.
Abstract
(Englisch)
The Internet and an increasingly simplified and free access to medical information have lead to profound changes in the former knowledge gap and role allocation in the doctor-patient-relationship. The informed patient is independent and self-reliant, actively gathers information about his health condition and wants to participate and be involved in the medical decision-making process.
Thus, the major interest of this thesis treats the questions how doctors should deal with the this new type of informed patient, which future challenges they might face, what influence the growing knowledge and patient-participation in medical decision making has on the doctor-patient-relationship and which strategies doctors will need to apply in order to keep up their authority and establish themselves as experts compared to the information obtained from the internet.
In the first part of this paper, essential terms, concepts and theories concerning the doctor-patient-relationship are presented. The main focus is then laid on the model of participatory decision making, its characteristics and impact on the doctor-patient interaction. In addition, major theories and concepts regarding doctor-patient-communication are introduced and analysed. Leading studies in this field were conducted by Gottschlich (2007) in reference to empathetic communication, by Siegrist (1995) concerning the distribution of power in communication as well as current research done by Anderson (2004) or Rubinelli & Schulz (2008) regarding the increasing importance of argumentation in the doctor-patient interaction.
Adapted from this theoretical basis and the main interest of this paper, 24 guided interviews were carried out, however solely restricted to doctors of coeliac disease and fatally-ill cancer patients. Therefore, the point of difference was made in the severity of the disease. Two extremes should be reviewed and contrasted with each other: On the one hand coeliac disease as a lifetime, non-lethal illness and on the other hand live-threatening types of cancer. The obtained data were evaluated according to the qualitative contents analysis by Mayring and interpreted and presented in the final data analysis.
The main results of this research showed that the increasing number of informed patients is experienced positively and even appreciated by doctors. Therefore, the future focus of medicine must be laid on the advancement of patient emancipation and the quality of accessible information in order to avoid misinformation among patients. The emancipation of the patients is also perceived as the main challenge for the development of a trusting patient-physician-relationship. Basically, participatory decision making is seen as the best and most successful model in the doctor-patient-relationship, even though it still remains more of an ideal, rather than a fully established norm in the daily routine of most doctors. Especially the severity of the illness seems to have a decisive influence in how far participatory decision making can be fully applied in the medical decision-making process.
Efficient doctor-patient-communication and a trusting relationship with the patient appear to be THE key to medical success, based on logical, professional and scientifically correct arguments. The latter grants trust, respect and credibility and maintains sustainability for the authority and expertise of doctors even in the face of social emancipation.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
patient-physician-relationship patient-physician-communication asymmetric communication argumentation participatory decision making hierarchy patient emancipation informed patient
Schlagwörter
(Deutsch)
Arzt-Patienten-Beziehung Arzt-Patienten-Kommunikation Asymmetrische Kommunikation Argumentation partizipative Entscheidungsfindung Hierarchie Patientenemanzipierung informierter Patient
Autor*innen
Julia Zeidlhofer
Haupttitel (Deutsch)
Der informierte Patient
Hauptuntertitel (Deutsch)
"partizipative Entscheidungsfindung" als neue Herausforderung für Ärzte und deren Auswirkung auf die Arzt-Patienten-Beziehung ; dargestellt am Beispiel von Zöliakie sowie Krebs
Paralleltitel (Englisch)
The informed patient. "Participatory Decision Making" as a new challenge for doctors and its impact on the patient-physician relationship.
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
76 S. : 1 CD-ROM
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Klaus Schönbach
Klassifikation
05 Kommunikationswissenschaft > 05.20 Kommunikation und Gesellschaft
AC Nummer
AC08919262
Utheses ID
16418
Studienkennzahl
UA | 066 | 841 | |