Detailansicht
Die Unternehmerinsolvenz in der öffentlichen Auftragsvergabe
Michael Schweda
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Josef Aicher
DOI
10.25365/thesis.18454
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29817.27294.859069-4
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 normierte absolute Ausschlussverpflichtung bei
Vorliegen eines der Insolvenztatbestände ist sachlich nicht gerechtfertigt. Für den
Auftraggeber geht es im Zusammenhang mit den Eignungskriterien nämlich primär darum, ob
ihm durch die Beauftragung des Bieters bzw. Bewerbers im Hinblick auf eine
Überschuldungs- bzw. Insolvenzgefahr oder voraussichtliche Liquiditätsengpässe ein nicht
tragbares Risiko erwächst, oder aber eine vertragsgemäße Abwicklung zu erwarten ist, der
Unternehmer den erteilten Auftrag also aller Voraussicht nach auch „durchstehen“ wird.
Der Auftraggeber darf sich daher nicht mit einem „positiven Nachweis“ hinsichtlich der
Einleitung eines Insolvenzverfahrens begnügen. Er hat sämtliche vorgebrachten Umstände im
Sinne eines kontradiktorischen Verfahrens zu würdigen und aufgrund der dadurch
gewonnenen Rückschlüsse über die wirtschaftliche bzw. finanzielle Lage des betroffenen
Wirtschaftsteilnehmers, eine Entscheidung hinsichtlich des Ausschlusses vom weiteren
Vergabeverfahren zu treffen.
Zum vergleichbaren Art 23 RL 71/305/EWG hat der EuGH bereits festgehalten, dass diese
Ausschlusstatbestände an die Illiquidität bzw. Zuverlässigkeit der Bieter bzw. Bewerber
anknüpfen und einen Ausschluss lediglich rechtfertigen „können“. Art 23 leg. cit. lässt
lediglich den Ausschluss aufgrund der abschließend genannten Tatbestände zu, verpflichtet
den Auftraggeber aber keinesfalls zum automatischen Ausschluss von betroffenen Bietern
bzw. Bewerbern. Die genannte Bestimmung bezweckt, den jeweiligen Vergabestellen für
das konkret ausgeschriebene Verfahren zur Vergabe einer Leistung einen
Entscheidungsspielraum zu belassen und ihnen zu ermöglichen, die Anforderungen an die
Eignung der teilnehmenden Unternehmer je nach den gegebenen Erfordernissen
einzelfallbezogen festzulegen. Durch die Normierung der zwingenden Insolvenzausschlusstatbestände im § 68 Abs. 1
BVergG 2006 wurde dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen, die verfassungsrechtlich
erforderliche Einzelfallbetrachtung einzuhalten. Einem Unternehmen ist daher zwingend in
einem kontradiktorischen Verfahren die Chance auf Rechtfertigung einzuräumen, was der
VfGH in seinem Erkenntnis für den Fall der bis zur Novelle des BVergG 2006 mit BGBl. I
86/2007 noch gesondert normierten besonderen beruflichen Zuverlässigkeit ausdrücklich
klargestellt hat. Denn alleine aufgrund von der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist ein
Unternehmer noch nicht als jedenfalls ungeeignet anzusehen. Der Auftraggeber hat sich daher
mit den konkreten Umständen genau auseinanderzusetzen, um der verfassungsrechtlich
gebotenen Einzelfallbetrachtung zu entsprechen. Gelangt ein öffentlicher Auftraggeber
sodann etwa aufgrund einer Rücksprache mit dem Insolvenzverwalter zu dem Ergebnis, dass
der Bieter trotz der Einleitung eines Insolvenzverfahrens ausreichende Chancen auf den
Fortbestand seiner wirtschaftlichen Existenz hat, so wäre eine dennoch getroffene
Ausschlussentscheidung aufgrund des Insolvenztatbestandes fehlerhaft. Ein unbedingter
Ausschluss mangels Eignung wegen eines Insolvenzverfahrens kommt somit nicht in
Betracht.
Die sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Eignungsmerkmale „finanzielle
und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ sowie „Zuverlässigkeit“ zeigt sich insbesondere auch
bei der Substituierung der Eignungskriterien. Während die Merkmale Befugnis, technische
bzw. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den Verweis auf die
Kapazitäten von Subunternehmern erbracht werden können, ist die Substituierung der
Zuverlässigkeit, etwa aufgrund der Einleitung eines Insolvenzverfahrens, im
Regelungsbereich des BVergG 2006 nicht möglich.
Den Wirtschaftsteilnehmern die notwendige Substituierung der wirtschaftlichen und
finanziellen, allenfalls auch technischen Ressourcen erst ab der Einleitung bzw. Abweisung
der im § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 genannten Verfahren zu verbieten, führt meiner
Einschätzung nach alleine dazu, dass betroffene Unternehmer ihrer im § 69 Abs. 2 IO
normierten Antragspflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen werden bzw. nachkommen
können.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Eignung Zuverlässigkeit wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Insolvenz Subunternehmer
Autor*innen
Michael Schweda
Haupttitel (Deutsch)
Die Unternehmerinsolvenz in der öffentlichen Auftragsvergabe
Publikationsjahr
2011
Umfangsangabe
188 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Josef Aicher ,
Alina Lengauer
Klassifikationen
86 Recht > 86.64 Besonderes Verwaltungsrecht: Sonstiges ,
86 Recht > 86.65 Wirtschaftsrecht
AC Nummer
AC08939943
Utheses ID
16536
Studienkennzahl
UA | 083 | 101 | |