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Afro-iberische sprachliche Interaktionen im Expansions- und Kolonialdiskurs (16. - 19. Jahrhundert)
"Kreolsprachen" im Kontext von europäischer Expansion und kolonialer Herrschaft
Bea de Abreu Fialho Gomes
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Walter Schicho
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.18688
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30102.54612.525269-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Dissertation untersucht afro-iberische sprachliche Interaktionen im Kontext von europäischer Überseeexpansion und kolonialer Herrschaft. Ihre diskursiven Repräsentationen und Darstellungen werden mit der Wirkungsgeschichte mentaler Konzepte, sprachlicher Realisierungen und dem Denken in Rassenkategorien in Verbindung gebracht. Die Frage, inwieweit der historische „Rassebegriff“, der erst ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts systematisch formuliert wurde (Carl von Linné, 1758), als Periodisierung für die Beschäftigung mit Rassismus gelten kann und in diesem Sinne die Beschäftigung mit „Rassismus“ vor der Moderne ausschließt wurde berücksichtigt. Die Analyse rassistischer Denkkonzepte im iberischen Expansionsdiskurs zeigte, dass die Gefahr besteht, moderne „rassistische“ Bedeutung in die Vergangenheit hineinzuinterpretieren; die Analyse zeigte aber auch, dass der Entstehungsprozess rassistischer Denkkonzepte nur dann angemessen verstanden werden kann, wenn seine historische Genese mit berücksichtigt wird. In diesem Sinne ist es nicht zulässig, die Periodisierung zu eng zu fassen und die Geschichte des Rassismus erst mit der ‚Moderne‘ beginnen zu lassen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Sicht auf neu entstandene Einzelsprachen („Kreolsprachen“) und ihre Trägergruppen. Der Zugang zum ideengeschichtlichen Prozess des Denkens in Rassenkategorien seit der Frühen Neuzeit erfolgt über zentrale Analysenkategorien, die Begriffe wie „mulato“ und „Kreol“ [Portugiesisch crioulo, Kastilisch criollo] als Bezeichnung für gesellschaftliche Gruppen bzw. als Gattungsbezeichnung für neu entstandene Sprachen im Kontext ihrer Verwendung im Expansionszeitalter produzieren. Diese Begriffe prägen den Expansions- und Kolonialdiskurs und finden sich in den frühen Schriften der Kreolistik. Besonders relevant ist neben der Untersuchung der Entstehung und Bedeutungsentwicklung von Begriffen, die Analyse der Kontexte, in denen diese Begriffe und Wörter einen Wandel ihrer Bedeutung und ihres Gebrauchs erfuhren. Die Untersuchung zeigt, dass seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert beide Begriffe – sowohl mulato als auch crioulo - eine biologisierte Deutung aufweisen und ein „rassistisches“ Denken ausdrücken. Sie zeigt auch, dass die Beschäftigung mit dem Begriff „crioulo“ eine differenzierte Analyse zwischen seiner Verwendung in Bezug auf den westafrikanischen und den „latein“-amerikanischen Kontext bedingt, die weit über eine gemeinsame, allgemein linear chronologische Darstellung der schriftlichen Belege seiner Verwendung in frühneuzeitlichen iberischen Texte hinausgehen muss: einerseits bezeichnet der Begriff crioulo Menschen, die aus ihrem ursprünglichen Umfeld in ein anderes verbracht wurden – und in diesem Sinne ist die Verwendung für „Afrika“ und „Latein-Amerika“ ähnlich - , andererseits wird der Begriff in einer deutlich rassialisierteren Konnotation verknüpft mit dem Begriff mulato als Bezeichnung für die Nachkommen von brancos und negros verwendet. Hierzu ist festzuhalten, dass auch, wenn es der Begriff mulato war, der sich dauerhalt im rassistischen Diskurs als Bezeichnung für Nachkommen von brancos und negros durchsetzte, behielt der Begriff crioulo (criollo) diese rassialisierte Konnotation - auch in seinen Bedeutungsentwicklung hin zu Bezeichnung von „Kreol“Sprache(n) – bei. Der Untersuchungszeitraum dieser Arbeit sind die Jahre zwischen dem frühen 16. und dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Referenzräume sind Portugal, insbesondere Lissabon im sechzehnten Jahrhunderts, sowie afrikanische Gebiete unter iberischem Einfluss und kolonialer Herrschaft. In diesen Räumen bildeten sich im Laufe der Zeit sogenannten „Kreolsprachen“ heraus. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf Kap Verde, insbesondere auf der Insel Santiago, und auf den Rios da Guiné –hier insbesondere Bissau und Cacheu im heutigen Guinea Bissau.
Abstract
(Englisch)
This thesis focuses on Afro-Iberian linguistic interactions in the context of European overseas expansion and colonial rule as well as their discursive representations in the literature that refers to it. Within the scope of this thesis these representations are connected with the emergence of racial thinking in the early modern period and their linguistic realizations. The way how newly evolved languages (“creole languages”) as well as their speakers were perceived and represented in the Iberian expansion discourse takes centre stage in this study. The question if the systematic formulation of a “race concept” in the second half of the 18th century can be taken as the point of departure for dealing with racism and thus precludes an interpretation of pre-modern use of race terms as “racism” has been considered. The analysis of racist concepts in the Iberian expansion discourse showed that there is indeed a danger of reading modern “racist” meanings into pre-modern texts. At the same time the analysis showed that the genesis of racist thought can only be understood adequately, if its historical genesis is taken into account as well, and that - considering this - it is not legitimate to define the periodization too narrowly and to equate the beginning of the history of racism with the onset of the modern world. The analytical access to the historical development of racial thinking since the early modern period occurs mainly by focusing on terms such as mulato and creole in the context of their use in the Iberian overseas literature to refer to social groups that emerged in the context of the encounter between Europeans and Africans and subsequently also to denominate new languages. The analysis shows that since the end of the 16th century both terms do contain a biologistic element and express a “racist” way of thinking. It also shows that in dealing with the term crioulo a distinction has to be made between its use in West African and in “Latin”-American context. This difference by far surpasses the shared, common linear chronological written evidence for its use in Iberian texts from the early modern period, and thus its analysis has to surpass it as well: On the one hand the term crioulo describes people removed from their original environment into a different one. In this sense the term is used in a similar way in both “Africa” and “Latin America”. On the other hand the term is used with racialized connotations and in close relation with the term mulato, denoting the descendants of brancos and negros. In this connection, it should be noted that even if it was the term mulato which, over time, has prevailed as a term for the descendants of brancos and negros, the term crioulo kept these racist connotations as well, even in its use as denomination for creole languages. The study focuses on the period between the early sixteenth and the late nineteenth century. Portugal and African regions under Iberian influence and colonial rule are the geographic points of reference.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Afro-Iberian linguistic interactions
Schlagwörter
(Deutsch)
Afro-iberische sprachliche Interaktionen
Autor*innen
Bea de Abreu Fialho Gomes
Haupttitel (Deutsch)
Afro-iberische sprachliche Interaktionen im Expansions- und Kolonialdiskurs (16. - 19. Jahrhundert)
Hauptuntertitel (Deutsch)
"Kreolsprachen" im Kontext von europäischer Expansion und kolonialer Herrschaft
Paralleltitel (Englisch)
Afro-Iberian linguistic interactions in the Iberian expansion and colonial discourse (16th to 19th century): “Creole languages” in the context of European overseas expansion and colonial rule
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
225 S. : Kt
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Michael Zach
Klassifikation
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.01 Geschichte der Wissenschaft und Kultur
AC Nummer
AC08974989
Utheses ID
16751
Studienkennzahl
UA | 092 | 390 | |
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