Detailansicht

Alltag und Kommunikation in Novgorod
eine transdisziplinäre Analyse einer mittelalterlichen russischen Stadt
Thomas Stiglbrunner
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Andreas Kappeler
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.19079
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30171.04392.241970-4
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
„Wenn Petersburg das Fenster zum Westen war, dann war Novgorod das Scheunentor.“ Dieses Zitat Valentin Janins, des wichtigsten Forschers zu vielen für Novgorod relevanten Themen, beschreibt die Bedeutung, die Novgorod im Mittelalter hatte und darüber hinaus auch heute noch für die (russische) Historiographie und die RussInnen hat, sehr gut. Der politische und wirtschaftliche Sonderweg Novgorods als unabhängige Stadtrepublik und als Standort eines der vier Hansekontore machte Novgorod immer schon zu einem spannenden Forschungsgegenstand. Ich belebe in meiner Dissertation das Konzept Alltagsgeschichte und analysiere mit meinem theoretischen Instrumentarium das Leben in einer osteuropäischen Stadt im Mittelalter. Meine Analyse basiert auf drei Herangehensweisen und Konzepten- dem Alltag, der Kommunikation und dem Raum. Diese drei bilden den Ausgangspunkt der Analyse, mit deren Hilfe ich das Leben der BewohnerInnen, die vielfältigen Interaktionen zwischen den NovgoroderInnen und die Kontakte mit den ausländischen Händlern untersuche. In meiner Fallstudie wird eine Verbindung von schriftlich-normativen Quellengruppen wie Chroniken, Urkunden, Handelsverträgen, Hansequellen und den (Be-)Funden der Archäologie zu einem Ganzen zusammengefügt. Durch die umfangreichen Grabungen die seit den 1930er Jahren in Novgorod durchgeführt werden, wurden große Areale der ehemaligen russischen Metropole des Nordwestens mit unzähligen (Be-)Funden freigelegt. Die wichtigsten dieser Funde stellen die Birkenrindentäfelchen dar, von denen das erste 1951 gefunden wurde und die seither einen großen Teil der Faszination Novgorods ausmachen. Sie ermöglichen eine Untersuchung des Alltags und der Kommunikationsstrukturen der Bevölkerung. Bis heute wurden mehr als 1000 Stück aus dem 11. bis 15. Jahrhundert freigelegt. Ihrer Bedeutung für fast alle Aspekte der historischen Forschung (Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Rechtsgeschichte, Gender Geschichte, Verbreitung des Christentums, Ernährungsgeschichte u.v.m.) und der Linguistik ist ein großer Teil meiner Arbeit gewidmet. Fragen der Gewerbe- und Handelsgeschichte und der Politikgeschichte werden ebenso im Sinne der Alltagsgeschichte erläutert. Darüber hinaus untersuche ich die Realien, die zum Beispiel Spiele, Hausrat, Kleidung und Schmuck umfassen. Alltag und die Kommunikationsstrukturen der NovgoroderInnen sind in meinen Untersuchungen immer die die anderen Aspekte strukturierende Bereiche. Ich konnte in meiner Arbeit vor allem anhand der Beispiele von gelebtem Recht und dem Kontakt der ausländischen Kaufleute mit den NovgoroderInnen zeigen, welchen Mehrwert eine kommunikations- und alltagsgeschichtliche Analyse der Geschichte der mittelalterlichen europäischen Metropole Novgorod bietet, die sich schriftlicher und archäologischer Quellen bedient. Die Möglichkeiten dieser Herangehensweise habe ich in Kapitel 11 noch einmal exemplarisch aufgezeigt und die Alltagsgeschichte einer bojarischen Familie mitsamt ihrer Kommunikationsstrukturen analysiert und präsentiert. Ich hoffe, dass dieses Buch dazu führt, dass Novgorod in vergleichende Analysen von Städte-, Alltags- und KommunikationshistorikerInnen miteinbezogen wird. Die Darstellung des Alltags und der Kommunikation im mittelalterlichen Novgorod kann unsere Vorstellungen von einer mittelalterlichen europäischen Stadt erweitern und korrigieren. Darüber hinaus kann es dazu führen, dass Russland nicht mehr als unterentwickelte Peripherie wahrgenommen wird, sondern als gleichwertig in vergleichende Analysen eingebunden wird.
Abstract
(Englisch)
„If Petersburg was the window to the west, then Novgorod was the barn door.” This quote by Valentin Ianin, who was the most important researcher regarding many topics relevant to Novgorod, describes the significance Novgorod had during the Middle Ages and still has today for (Russian) historiography and the Russians themselves very well. Novgorod’s politically and economically special path as an independent municipal republic and the fact that it was the location of one of the four Hanseatic Kontors has always made Novgorod an exciting area of research. In my dissertation, I stimulate the concept of history of everyday life and by aid of my theoretical instruments I analyse life in an east-European city during the Middle Ages. My analysis is based on three approaches and concepts – everyday life, communication, and space. These three constitute the starting point to the analysis by the aid of which I examine the life of the residents, the diverse interaction between the Novgorodians, and their relationships to merchants from abroad. In my case study, a connection between written/normative groups of sources such as chronicles, documents, commercial contracts, Hanseatic sources and archaeological finds is assembled to a whole. Due to the extensive excavations that have taken place in Novgorod since the 1930s, wide areas with a great number of finds were revealed of Russia’s former metropolis of the northwest. The most important of these finds are the birch bark letters, the first of which was found in 1951. These tablets represent most of the fascination about Novgorod. They allow for an examination of the everyday life and the communication structure of the population. To this day, more than 1000 tablets from between the 11th and the 15th century have been revealed. I devote a big part of my dissertation to their significance for almost all aspects of historical research (economic and social history, legal history, gender history, spread of Christianity, history of nutrition and many more) and linguistics. Questions regarding trade history and political history are also outlined for the purpose of the history of everyday life. Furthermore, I examine those artefacts of the everyday life that include games, household goods, clothes and jewellery. Throughout my researches, everyday life and communication structures of the Novgorodians always remained those areas that structure the other aspects. I was able to show during my research, especially through examples of practised law and the contact between merchants from abroad and the Novgorodians, how valuable it is to carry out an analysis regarding the history of communication and everyday life of the medieval European metropolis of Novgorod that makes use of written and archaeological sources. I have exemplarily outlined the possibilities of this approach in chapter 11 and have analysed and presented the history of everyday life of a bojarian family along with its communication structures. I hope that this book will give rise to Novgorod being included in comparative analyses carried out by urban historians and historians engaged with everyday life and communication history. The display of everyday life and communication in medieval Novgorod can extend and revise our ideas of a medieval European city. Furthermore, it can make for Russia being no longer perceived as underdeveloped periphery, but being included in comparative analyses as being of equal value.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Novgorod Russia Birch bark letters Middle Ages Communication Everyday life Space Law Hanseatic League Archeology Linguistics
Schlagwörter
(Deutsch)
Novgorod Russland Birkenrindentäfelchen Mittelalter Kommunikation Alltag Raum Recht Hanse Realie Archäologie Linguistik
Autor*innen
Thomas Stiglbrunner
Haupttitel (Deutsch)
Alltag und Kommunikation in Novgorod
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine transdisziplinäre Analyse einer mittelalterlichen russischen Stadt
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
316 S. : Ill., graph. Darst., Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Andreas Kappeler ,
Meta Niederkorn
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.03 Theorie und Methoden der Geschichtswissenschaft ,
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte ,
15 Geschichte > 15.18 Mittelalterliche Archäologie, neuzeitliche Archäologie ,
15 Geschichte > 15.30 Europäische Geschichte in Mittelalter und Neuzeit: Allgemeines ,
15 Geschichte > 15.74 Russland
AC Nummer
AC09004202
Utheses ID
17094
Studienkennzahl
UA | 092 | 312 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1