Detailansicht

Musikgeschmack in der Popularkultur
eine kultursoziologische Spurensuche in Online-Foren
Michael Parzer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Alfred Smudits
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.2255
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29108.72139.137153-0
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Der zunehmende Bedeutungsverlust traditioneller sozialästhetischer Hierarchien stellt eine zentrale Herausforderung für die Kultursoziologie dar: Resultiert daraus die Erosion sozialer und kultureller Überlegenheitsansprüche oder entstehen stattdessen neue Formen soziokultureller Distinktion? Während die Brüchigkeit der Dichotomie von Hoch- und Popularkultur Gegenstand zahlreicher Untersuchungen ist, blieben ähnliche Entwicklungen innerhalb der Popularkultur bislang weitgehend unberücksichtigt. Vor diesem Hintergrund stehen die sozialen und ästhetischen Transformationen im Feld der populären Musik im Mittelpunkt dieser Dissertation. Ausgehend von Pierre Bourdieus Konzeption von Musikgeschmack als Mittel sozialer Exklusion, den Repräsentationstheorien der Cultural Studies sowie Ansätzen in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus wird untersucht, inwiefern Musikgeschmack in Zeiten zunehmender Brüchigkeit symbolischer Grenzziehungen als Mittel soziokultureller (Selbst)Verortung sowie als Ressource im Streben nach gesellschaftlicher Superiorität genutzt wird. Als ergiebiges Datenmaterial für die Erforschung von Musikgeschmack in der Popularkultur erwiesen sich Diskussionen über musikalische Vorlieben und Aversionen in Online-Foren. Insgesamt wurden 30 Diskussionen mit über 3000 Einträgen untersucht. Die Dateninterpretation erfolgte sowohl mittels kategorienbasierter qualitativer Inhaltsanalyse als auch mit Methoden rekonstruktiver Sozialforschung. In methodologischer Hinsicht orientierte sich die Auswertung an der wissenssoziologischen Deutungsmusteranalyse. Die empirischen Ergebnisse zeigen, wie MusikrezipientInnen ihren Geschmack zum Ausdruck bringen, symbolische Grenzen ziehen und soziale sowie kulturelle Positionierungen vornehmen. Hinsichtlich der Demonstration moralischer Überlegenheit lassen sich zwei Deutungsmuster explizieren, die als Grundlage für die Definition des „guten Geschmacks“ in der Popularkultur dienen: Die Zuschreibung von Authentizität bewirkt eine Grenzziehung zwischen „kommerzieller“ und „künstlerisch wertvoller“ Musik. Als „authentisch“ gilt jene Musik, von der angenommen wird, dass sie um der Musik willen und weitgehend jenseits ökonomischer Aspirationen produziert wird. Die Vorliebe für „authentische“ Musik ist die Basis eines Geschmacks, durch den Superiorität zum Ausdruck gebracht werden kann: Demonstriert wird moralische Überlegenheit durch die Aufwertung des eigenen Geschmacks vor dem Hintergrund der Diskreditierung jener Musik, der das Attribut „kommerziell“ verliehen wird. Allerdings zeigt sich, dass Authentizität als Qualitätsauszeichnung populärer Musik zunehmend in Frage gestellt wird. Die empirischen Befunde legen nahe, dass die Authentizitätsrhetorik mit einem neuen Deutungsmuster in Konkurrenz tritt. „Toleranz“ avanciert zu einem Schlüsselkonzept musikalischen Geschmacks in der Popularkultur: Der darauf beruhende „Querbeet-Geschmack“ zeichnet sich nicht nur durch die demonstrative Überschreitung der Grenze zwischen „authentischer“ und „kommerzieller“ Musik aus, sondern auch durch eine Offenheit gegenüber verschiedenen musikalischen Welten. Abgrenzung findet gegenüber dem „festgefahrenen“ Geschmack jener MusikkonsumentInnen statt, die lediglich an einem Genre Gefallen finden. Nicht was gehört oder nicht gehört wird, sondern die Art und Weise, wie MusikrezipientInnen mit der Vielfalt unterschiedlicher Musiken umgehen, wird zum zentralen Kriterium symbolischer – und womöglich auch sozialer – Distinktion in der Popularkultur.
Abstract
(Englisch)
The declining importance of social and aesthetic hierarchies is a great challenge for cultural sociology. It is unclear whether this tendency indicates an erosion of claims for social and cultural superiority or whether new ways of expressing distinction are emerging. While the fragility of boundaries between high and low culture has been subject of extensive research, similar changes within popular culture have been largely neglected so far. Against this background the dissertation focuses on the social and aesthetic transformations in the field of popular music. Drawing on Pierre Bourdieu’s conception of musical taste as a means of social exclusion, theories of representation within Cultural Studies, and perspectives in the tradition of Symbolic Interactionism, the study examines to what extent tastes in music are used as a resource for social and cultural (self)positioning and for the pursuit of social superiority. Discussions on musical tastes in online-fora have proved to be useful data. A total of 30 discussions with more than 3000 postings have been analysed. Data interpretation has been carried out by using qualitative content analysis as well as methods of hermeneutic social research. The findings show how users express their tastes, draw symbolic boundaries and position themselves and others socially as well as culturally. Concerning the demonstration of moral superiority, two patterns of interpretation can be explicated: “Authenticity” and “tolerance” serve as the base for defining “good taste” in popular culture. Ascribing “authenticity” is used to draw boundaries between “commercial” and “artistically valuable” music. Hence music is considered “authentic” if it is solely produced for the sake of the music itself, beyond any economic aspirations. The preference for “authentic” music serves as the foundation of a taste demonstrating superiority. Users express the worth of their musical taste by defining preferences for “non-authentic” music as “inferior”. However, there is clear evidence that the parameter of “authenticity” as a quality criterion in popular music is increasingly put into question. Empirical findings suggest that rhetorics of authenticity conflict with a new pattern of interpretation: “Tolerance” is promoted as a key concept of musical taste in popular culture – and it is the basic principle of a taste called “Querbeet”. This concept is not only characterized by crossing boundaries between “authentic” and “commercial” ostentatiously, but also by being open towards a broad range of different musical worlds. Consequently, a clear separation from consumers of music with a rather limited taste is called for. Not what is liked or disliked, but how consumers deal with the diversity of musical genres has become the criterion for symbolic and possibly also social distinction within popular culture.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
musical taste popular culture popular music sociology of culture qualitative social research online-research
Schlagwörter
(Deutsch)
Musikgeschmack Popularkultur populäre Musik Kultursoziologie Qualitative Sozialforschung Online-Forschung
Autor*innen
Michael Parzer
Haupttitel (Deutsch)
Musikgeschmack in der Popularkultur
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine kultursoziologische Spurensuche in Online-Foren
Paralleltitel (Englisch)
Musical taste in popular culture
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
222 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Alfred Smudits ,
Eva Flicker
Klassifikationen
24 Theater > 24.45 Musiksoziologie ,
71 Soziologie > 71.50 Kultursoziologie: Allgemeines
AC Nummer
AC05038867
Utheses ID
1903
Studienkennzahl
UA | 092 | 122 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1