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Politischer Islam & neue islamisch-politische Identität
die Politisierung islamischer Symbolik am Beispiel der türkischen Kopftuchkontroverse
Carola Brunner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Cengiz Günay
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.21842
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29837.18760.205766-6
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Ausgangspunkt meiner Untersuchung ist der soziale Kontext in dem sich islamistische Bewegungen und eine spezifisch politisch-islamische Identität in der Türkei entfalten konnten. Der Einfluss der Moderne, die radikalen Säkularisierungs- und Verwestlichungsmaßnahmen, der Aufbau der modernen türkischen Republik, Demokratisierungsprozess und Globalisierung formten und transformierten den nationalen Kontext in dem sich der politische Islam in der Türkei etablieren konnte. Mit dem Fokus auf soziale Bruchlinien in der türkischen Gesellschaft und die anhaltenden Spannungen zwischen islamistischen und säkularen Kräften als Konsequenz einer radikalen kemalistischen Staatsideologie, analysiere ich die Geschichte des politischen Islam in der Türkei und dessen politischen Transformationsprozess über die Zeit. Den politischen Lernprozess islamistischer Parteien, deren Überlebenskampf innerhalb eines säkularen Staatsregimes und ihr kontinuierlicher Aufstieg seit den 1970er Jahren wird am Beispiel der Milli Görüş-Bewegung, ihrem Scheitern und der Erfolgsgeschichte ihrer reformistischen und gemäßigten Abspaltung – der derzeit regierenden islamisch-konservativen Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) – dargestellt. Daraus entwerfe ich eine Perspektive für die politische Zukunft der Türkei als ein mögliches demokratische Vorzeigemodell für Staaten des arabischen Frühlings und finde Argumente für und gegen die Ängste eines Teils der türkischen Gesellschaft vor einer Islamisierung des Staates. Die Politisierung der Geschlechterverhältnisse wurde untersucht am Beispiel der komplexen Beziehung zwischen Modernität, Religion und Gender und der sozialen Einbettung von Gender im Islamismus und Modernismus. Der Fokus liegt auf der zentralen Rolle und dem Status von Frauen in der Gesellschaft und dem Zusammenspiel von Genderidentität und politischen Ideologien. Dies führte zu neuen Perspektiven in Bezug auf das Verständnis der Spannungen zwischen Islamismus und Modernismus. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Symbolik des islamischen Kopftuchs, wie ausführlich veranschaulicht wird am Beispiel der Kopftuchkontroverse als ein neues Konfliktfeld, das vor allem in den türkischen Universitäten ausgetragen wurde. Die verschiedenen Fallbeispiele von muslimischen Akteurinnen in Konfrontation mit dem säkularen Staat sind Beispiele für die Aufweichung der Grenze zwischen Modernität und Tradition und für ein neues Verständnis von Moderne, welches die binäre Dichotomie zwischen Religion und Säkularismus in Frage stellt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam und der gesteigerten Sichtbarkeit kopftuchtragender Frauen in der Öffentlichkeit wurde die Geschlechterfrage verstärkt ins Zentrum innergesellschaftlicher Auseinandersetzungen gerückt und definierte politisch-ideologische Zugehörigkeiten. Dabei bin ich auf die Bedeutung der Geschlechterpolitik im Spannungsfeld zwischen Staat und religiösen Gemeinschaften sowie im Kontext von wirtschaftlicher Liberalisierung, Globalisierung und einer zunehmenden identitätspolitischen Fragmentierung eingegangen. Anhand der türkischen Kopftuchkontroverse untersuche ich die Politisierung der kulturellen und privaten Sphäre von Religion und den Kampf um Macht zwischen der säkularen und islamistischen Opposition, ausgetragen in der öffentlichen Sphäre der Gesellschaft. Eine besondere Rolle kommt dabei kopftuchtragenden Frauen zu, die als neue islamische Akteurinnen in der Öffentlichkeit zunehmend sichtbar werden, sowie mit ihrem modernen und religiösen Auftreten das dichotome Verständnis von „modern“ versus „traditionell“ verwischen und damit kritische Reaktionen von Seiten des säkularen Regimes und innerhalb der eigenen religiösen Gemeinschaft provozieren. Mein Fokus liegt auf der neuen politischen Identität der AKP, der Rolle von Gender in politischen Auseinandersetzungen und auf der neuen weiblichen Identität von muslimischen Frauen. Die Frage nach der Fähigkeit islamistischer Bewegungen, einen Beitrag zu einer pluralistischeren und demokratischeren Gesellschaft zu leisten, soll beantwortet werden.
Abstract
(Englisch)
The starting point of my investigation is the social context in which Islamist movements could develop a specific political-Islamic identity in Turkey. The influence of modernism, the radical secularization and Westernization, the construction of the modern Turkish Republic, democratization and globalization, shape and transform the national context in which political Islam became established in Turkey. With a focus on social cleavages in Turkish society and continuing tensions between Islamist and secular forces as a consequence of a radical Kemalist state ideology, I analyze the history of political Islam in Turkey and its political transformation process over time. The Milli Görüş movement, its failure and the success story of their reformist and moderate segment, the current ruling Islamic-conservative Justice and Development Party (AKP), is an example for a political learning process from Islamist parties and their struggle for survival within a secular state regime. From this point of view I want to outline a perspective for the political future of Turkey as a possible role model for democratic states of the Arab Spring and find arguments for and against the fears of a part of Turkish society of a Islamization of the country. The politicization of gender relations in Turkey is examined on the basis of the complex relationship between modernity, religion and gender and the social embeddedness of gender in Islam and modernism. The focus lays on the central role and the status of women in the turkish society and the interplay between gender identity and political ideologies. This led to new perspectives in understanding the tensions between Islam and modernism. Of central importance is the symbolism of the Islamic headscarf, what is illustrated in detail by the headscarf controversy as a new area of conflict, which is mostly carried out in Turkish universities. The various case studies of Muslim actors in confrontation with the secular state are examples of the blurring boundaries between modernity and tradition and led to a new understanding of modernity, which puts the binary dichotomy between religion and secularism into question. With the rise of political Islam and the increased visibility of women wearing the headscarf in public, the gender issue has been strengthened within the center of social conflict and defined political and ideological affiliations. The focus lays on the importance of gender politics in the tension between state and religious communities in the context of economic liberalization, globalization and the increasing fragmentation of identity politics. On the basis of the Turkish headscarf controversy I examine the politicization of the cultural and private sphere of religion and the struggle for power between the secular and Islamist opposition, fought in the public sphere of society. A special role is played by the new Islamic actors namely increasingly visible women in public wearing the headscarf. With their modern and religious appearance they blur the dichotomous understanding of "modern" versus "traditional" and provoke critical reactions on the part of the secular regime and within their own religious community. My focus is on the new political identity of the AKP, the role of gender in political disputes and on the new female identity of Muslim women. This raises the question of the ability of Islamist movements to contribute to a more pluralistic and democratic society.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Turkey Political Islam Turkish headscarf controversy the politicization of gender relations new Islamic political identity
Schlagwörter
(Deutsch)
Türkei Politischer Islam türkische Kopftuchkontroverse die Politisierung von Geschlechterverhältnissen neue islamisch-politische Identität
Autor*innen
Carola Brunner
Haupttitel (Deutsch)
Politischer Islam & neue islamisch-politische Identität
Hauptuntertitel (Deutsch)
die Politisierung islamischer Symbolik am Beispiel der türkischen Kopftuchkontroverse
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
132 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Cengiz Günay
Klassifikation
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.00 Sozialwissenschaften allgemein: Allgemeines
AC Nummer
AC09587185
Utheses ID
19512
Studienkennzahl
UA | 057 | 390 | |
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