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Trommeln und Tanz des Widerstands
die afrikanische Diaspora in Bolivien und der kulturelle und politische Kampf um soziale Gerechtigkeit
Marietta Hengl
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Elke Mader
DOI
10.25365/thesis.22349
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30132.46125.455259-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Wie in fast alle Süd- und Mittelamerikanische Länder, sowie in die Karibik, wurden auch in Bolivien afrikanische Sklaven als Arbeitskräfte für die Mienen des Cerro Rico in Potosí, der Casa de la Moneda und später auch für die Arbeit auf den Haciendas der subtropischen und tropischen Regionen, importiert. Eine genaue geographische Herkunft der SklavInnen aus Afrika kann durch die fehlende Dokumentation nicht nachgewiesen werden, es wird jedoch vermutet, dass die nach Bolivien verschifften SklavInnen aus den heutigen Staatsgebieten des Kongo, Senegal und Angola stammten. Obwohl die Sklaverei in Bolivien „schon“ im Jahr 1851 per Gesetz abgeschafft und verboten wurde, erlangten AfrobolivianerInnen nicht ihre Freiheit und mussten sich in Folge dem System der Leibeigenschaft unterwerfen und weiterhin in sklavenähnlichen Zuständen arbeiten und leben. Erst im Jahr 1953 wurde dem System der Leibeigenschaft nach einer Landreform in Bolivien endgültig ein Ende bereitet. Seither - seit noch nicht einmal 60 Jahren - haben AfrobolivianerInnen ihre Freiheit erhalten und können ein selbstbestimmtes Leben führen. Doch auch in Folge sahen und sehen sich viele AfrobolivianerInnen mit Problemen ökonomischer, sozialer, kultureller und politischer Art konfrontiert. AfrobolivaienerInnen bewohnen heute vor allem die Region der Yungas im bolivianischen Bundesland La Paz, sowie die Städte La Paz, Santa Cruz und Cochabamba. Variierenden Schätzungen zufolge leben heute zwischen 20.000 und 30.000 AfrobolivianerInnen, genaue Zahlen sind jedoch nicht bekannt, da sie in der letzten Volkszählung von 2001 vom Staat ignoriert und nicht erfasst wurden. Seit Jahrzehnten kämpfen und bemühen sich AfrobolivianerInnen um offizielle Anerkennung als nicht „eingeborene“ bolivianische Minderheit im bolivianischen Staat. Diese erhielten sie erst am 7. Februar 2009 durch die Anerkennung der neuen Verfassung Boliviens, welche unter der Regierung des Präsidenten Evo Morales Ayma, eingeführt wurde. Die jahrhundertlange Unterdrückung und die, nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei, jahrzehntelange Ignoranz ihrer Existenz, sowie die Erfahrung von Diskriminierung und Rassismus in den Städten und anderen Regionen des Landes, führten zu einer aktiven Verneinung ihrer eigenen ethnischen Identität. Erst seit den späten 1980er Jahren, auch die Zeit des Aufstiegs anderer indigener Bewegungen in Bolivien, und der Gründung der Organisation MOCUSABOL (Movimiento Cultural Saya Afroboliviano), wurden sie sich der Bedeutung ihrer kulturellen Identität als AfrobolivianerInnen immer mehr bewusst und es begann ein langsamer Prozess der Stärkung ihres kulturellen Selbstbewusstseins und einer Neubelebung und Wiederentdeckung ihrer kulturellen Traditionen und Manifestationen. Auf diese Weise verwandelte sich in den letzten zwanzig Jahren die Ablehnung der eigenen ethnischen Identität langsam in einen Stolz auf ihre afrikanische Herkunft und Anerkennung der eigenen Identität als AfrobolivianerInnen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich genau mit diesen Prozessen - der Konfrontation mit der eigenen ethnischen Identität, der Identitätssuche und deren gradueller Stärkung durch diverse Faktoren, der Neubelebung und Wiederentdeckung kultureller Traditionen und Manifestationen und den steinigen und schwierigen Weg des Kampfes gegen Rassismus und Diskriminierung und die Erlangung politischer Anerkennung und voller Bürgerrechte. Hierbei werden - in kultureller und politischer Hinsicht - die Bedeutung der Organisationen MOCUSABOL und CADIC (Centro Afroboliviano para el Desarrollo Integral y Comunitario) erläutert. Weiters wird auf kulturelle, sprachliche und diasporische Aspekte der afrobolivianischen Kultur; die kulturelle und politische Rolle des afrobolivianischen Königs, Julio Pinedo; auf Hybridiät und Mestizaje; sowie auf den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus und die Einführung des neuen Anti-Rassismus Gesetzes am 8. Oktober 2010 eingegangen.
Abstract
(Englisch)
As in almost all parts of the American Continent, as well as in the Caribbean, African slaves were imported to Bolivia in order to work in the silver mines of Cerro Rico in Potosí, in the coinage centre of the Casa de la Moneda, and on haciendas of the subtropical and tropical regions. Because of a lack of colonial documentation exact geographical origins of slaves from Africa can’t be proven any more, but it is presumed that slaves brought to Bolivia originated from territories of today’s states of Congo, Senegal and Angola. Although slavery was abolished and prohibited by law in Bolivia in 1851, Afrobolivians didn’t gain their freedom. They had to subjugate to systems of selfdom and continued working and living in slavery-like conditions. Only in 1953 the system of selfdom in Bolivia was finally put to an end after a land reform. Since then – not even 60 years yet – Afrobolivians got their freedom and can live an independent, self-determined life. But in continuation Afrobolivians still had to face economic, social, cultural and political problems. Today, Afrobolivians live in La Paz’s region of Los Yungas and in the cities of La Paz, Santa Cruz and Cochabamba. Varying estimates guess that there are 20.000 to 30.000 Afrobolivians living today, but exact numbers are unknown because Afrobolivians had been ignored by the state in the last national census in 2001. Since decades Afrobolivians fight for and strive after official recognition as a “non-indigenous” minority within the Bolivian State. Recently, on February 7th in 2009, the afrobolivian community received their recognition and inclusion in the new political constitution of the Bolivian State, which was introduced under the government of President Evo Morales Ayma. Passed centuries of oppression and – after the official abolition of slavery – decades of ignorance of the afrobolivian existence, as well as the experience of discrimination and racism led to an active denial of their own ethnic identity. Only since the late 1980th (period of the rise of other indigenous movements in Bolivia) and the foundation of the afrobolivian organization MOCUSABOL (Movimiento Cultural Saya Afroboliviano), Afrobolivians got aware of the importance of their cultural and ethnic identity and a slow process of consolidation of their cultural self-awareness and a revival and rediscovery of their cultural traditions and manifestations had begun. In that way, the rejection of their own ethnic identity turned in the last twenty years slowly into today’s pride of their African origins and recognition of their own identity as Afrobolivians.
The present work deals precisely with these processes – the search for identity, the confrontation with their own cultural und ethnic identity and the gradual strengthening of it. Various factors had an important influence in these processes: the revival and rediscovery of cultural traditions and manifestations, the difficult struggle against racism and discrimination and the achievement of political recognition in the states constitution as well as the recognition of full civil rights. The cultural and political importance of the afrobolivian institutions MOCUSABOL and CADIC (Centro Afroboliviano para el Desarrollo Integral y Comunitario) will be examined. Furthermore, cultural, linguistic and diasporic aspects of the afrobolivian culture will be treated in the present work, as well as the cultural and political role of the Afrobolivian King Julio Pinedo and concepts of hybridity and mestizaje, the struggle against discrimination and racism, and the introduction of the new Anti-Racism-Law on October 8th in 2010.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Afrobolivians Bolivia African diaspora cultural and ethnic identity Saya
Schlagwörter
(Deutsch)
AfrobolivianerInnen Bolivien afrikanische Diaspora kulturelle und ethnische Identität Saya
Autor*innen
Marietta Hengl
Haupttitel (Deutsch)
Trommeln und Tanz des Widerstands
Hauptuntertitel (Deutsch)
die afrikanische Diaspora in Bolivien und der kulturelle und politische Kampf um soziale Gerechtigkeit
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
195 S. : Ill., Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Elke Mader
Klassifikation
73 Ethnologie > 73.45 Einzelne soziale Gruppen, Außenseiter, Randgruppen
AC Nummer
AC09579210
Utheses ID
19961
Studienkennzahl
UA | 307 | | |