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Der Staatsbesuch Kaiser Karls I. in Konstantinopel und die Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg
Lukas Hofmann
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Lothar Höbelt
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.22648
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29304.26052.389859-5
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Sowohl Österreich-Ungarn als auch das Deutsche Reich versuchten schon vor dem Krieg im Osmanischen Reich ihren Einfluss auf militärischer und ökonomischer Ebene zu vergrößern. Dabei standen die beiden Großmächte häufig in Konkurrenz zueinander. Nachdem die nationalistischen Jungtürken in der Revolution von 1908 die Macht in Konstantinopel in Händen hielten und nach den verlustreichen Balkankriegen, suchte das Osmanische Reich eine Annäherung an einen der beiden Bündnisblöcke in Europa. Nach einer längeren Zeit von Verhandlungen und Sondierungen konnten sich in Konstantinopel die Anhänger eines Bündnisses mit den Mittelmächten durchsetzen. Auch noch nach dem Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand und der Möglichkeit eines Kriegsausbruchs, zögerte man von Seiten der Mittelmächte ein Bündnis mit dem Osmanischen Reich einzugehen. Die Türkei sei wohl eher eine Last als ein nützlicher Verbündeter. Schließlich wurde auf Grund der wirtschaftlichen Verbindungen und der Gefahr einer Hinwendung auf die Seite der Ententemächte im August 1914 ein Bündnisvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Osmanischen Reich abgeschlossen, dem Österreich-Ungarn dann beitrat. Nachdem die Türkei sich anfangs noch neutral verhalten sollte, da die Osmanen vor allem militärisch noch nicht bereit waren, erfolgte auf deutschen Druck und dank finanzieller Hilfe Ende Oktober die Eröffnung der Feindseligkeiten gegen das Zarenreich. Osmanische Truppen sollten gegen russische Verbände am Kaukasus und gegen britische Truppen in Ägypten vorgehen. Österreich-Ungarn versuchte zwar eigene Akzente in der Politik der Mittelmächte gegenüber dem Osmanischen Reich zu setzen, doch lag die Entscheidungsgewalt faktisch in Berlin. Für das Deutsche Reich sollte die Türkei den Weg in den Nahen Osten öffnen. Der dafür nötige deutsche Einfluss band das Reich des Sultans noch enger an Berlin. Vor allem innerhalb der osmanischen Truppen war der Machtbereich der deutschen Offiziere, der schon vor dem Krieg einsetzte, groß. Nach dem Kriegseintritt des Osmanischen Reiches wurde durch den Sultan, der gleichzeitig auch der Kalif der Muslime war, der Heilige Krieg (Dschihad) proklamiert. Alle Muslime sollten gegen die Feinde des Kalifen zu den Waffen greifen, dadurch versuchte man die muslimische Bevölkerung der Ententestaaten zu gewinnen. Es kam jedoch zu keiner nennenswerten Unterstützung und der Dschihad hatte praktisch keine Wirkung erzielt. Auf Seiten Österreich-Ungarns spielte auch der Orientalist Alois Musil eine wichtige Rolle. Dieser sollte die Stämme Arabiens, die unter nominell türkischer Herrschaft standen, wieder auf die Seite der Osmanen bringen, nachdem einige mit den Ententemächte sympathisierten oder offenen Widerstand gegen Verbände der Türken leisteten. Obwohl Musil einige Erfolge verbuchen konnte, wurde die Lage in Arabien sowohl von den Mittelmächten, wie auch von Konstantinopel selbst falsch eingeschätzt. Vor allem Großbritannien konnte viele Stämme gegen das Osmanische Reich mit Hilfe von militärischer und finanzieller Unterstützung aufwiegeln. Im Verlauf des Krieges versuchte man zwar in Konstantinopel den Einfluss der Verbündeten in der Türkei zurückzudrängen, gleichzeitig war aber eine Hilfe durch die Mittelmächte unerlässlich, denn schon zu Beginn des Krieges fehlte es auf türkischer Seite an Waffen und Munition. Bis zum Kriegseintritt Bulgariens 1915 auf Seiten der Mittelmächte, waren die Waffenlieferungen ins Osmanische Reich nicht gesichert. Sowohl deutsche als auch k.u.k. Truppen, wenngleich auch in geringerer Zahl, waren an den osmanischen Fronten im Einsatz. Bei Gallipoli konnten die türkischen Truppen den Feind zurückwerfen. Hier kamen auch deutsche und österreichisch-ungarische Artillerieverbände zum Einsatz. Auch am Suezkanal und in Palästina kämpften die Truppen des Kaisers an der Seite mit ihren osmanischen Verbündeten. Ein eigenes k.u.k. Orientkorps wurde 1917 aufgestellt. Nachdem die Türken im Herbst 1914 die Kapitulationsverträge mit den verschiedenen europäischen Mächten aufgekündigt hatten, versuchte man in Wien seine Stellung als katholische Macht auszuspielen und den Platz Frankreichs als neue katholische Schutzmacht einzunehmen. Schlussendlich blieben die österreichischen Versuche in dieser Sache erfolglos. Im vorletzten Kriegsjahr wuchsen die Spannungen zwischen den Türken und ihren Verbündeten, da der Einfluss der Mittelmächte nun immer stärker wurde. Dabei, so scheint es, war aber Österreich-Ungarn der harmlosere Partner, den man entweder als Anhängsel Deutschlands sah, oder als schwachen aber dafür sympathischeren Waffenbruder. 1917 reiste eine Mission unter der Führung von Alois Musil in den Orient um einerseits wirtschaftliche Kontakte für Österreich-Ungarn zu knüpfen, andererseits sich der Verbundenheit österreichisch-ungarischer Gemeinden in den Gebieten der Türkei weiter zu sichern. Obwohl man in Konstantinopel anfangs einer neuerlichen Orientmission der Donaumonarchie skeptisch gegenüberstand, konnte man die Türken beruhigen und die kaiserliche Diplomatie zog eine positive Bilanz nach sich. Das Balkankönigreich Bulgarien sollte nach längeren Verhandlungen den Mittelmächten 1915 beitreten, damit war der Verbindungsweg zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich gesichert. Obwohl man nun ein Bündnispartner war, prägten starke Unstimmigkeiten das bulgarisch-türkische Verhältnis. Die Nachwirkungen der Balkankriege und gegenseitige territoriale Forderungen konnten nach zähen Verhandlungen zwar beigelegt werden, doch blieb ein grundsätzliches Misstrauen zwischen der Türkei und Bulgarien bestehen. So wie sich auch die Türkei im Sommer 1914 erst nach einer Weile den Mittelmächten anschloss, so wurde lange Zeit auch Bulgarien mühevoll umworben. Im Mai des Jahre 1918 reisten Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita in die Hauptstadt des osmanischen Verbündeten. Die Reise dorthin, bei der man zwischenzeitlich in Sofia einen Staatsbesuch machte, war ursprünglich schon für 1917 vorgesehen. Nach mehreren Verschiebungen und Änderungen in der Planung, wurde dem Kaiserpaar ein prunkvoller Empfang bereitet. Der Besuch Kaiser Karls sollte noch einmal die Verbundenheit mit den Osmanen im Weltkrieg zum Ausdruck bringen. 200 Jahre nach dem Frieden von Passarowitz, in dem die Eroberungen Prinz Eugens gegen die Türken festgeschrieben wurden, empfing der Sultan und Kalif des Osmanischen Reiches den Kaiser von Österreich und Nachfahren Kaiser Karls VI. in Konstantinopel. Mit dem Ende des Krieges und der Zerstörung der österreichisch-ungarischen Monarchie endeten auch die engen Beziehungen beider Großreiche miteinander, die vier Jahre lang Seite an Seite gekämpft hatten. Vier Jahre nach der Proklamation der Republik und der Vertreibung der kaiserlichen Familie aus Österreich musste auch das Haus Osman die nunmehrige türkische Republik verlassen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Erster Weltkrieg Kaiser Karl Konstantinopel Staatsbesuch Osmanisches Reich Alois Musil
Autor*innen
Lukas Hofmann
Haupttitel (Deutsch)
Der Staatsbesuch Kaiser Karls I. in Konstantinopel und die Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg
Paralleltitel (Englisch)
State visit of Emperor Charles I. in Constantinople and the relations between Austria-Hungary and the Ottoman Empire at the First World War
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
86 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Lothar Höbelt
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.06 Politische Geschichte ,
15 Geschichte > 15.23 Erster Weltkrieg ,
15 Geschichte > 15.60 Schweiz, Österreich-Ungarn, Österreich ,
15 Geschichte > 15.68 Türkei
AC Nummer
AC09568507
Utheses ID
20225
Studienkennzahl
UA | 312 | | |
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