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Torsten Helsingius' "Dagdrivare"
eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen
Peter Ullrich
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Sven Hakon Rossel
DOI
10.25365/thesis.22713
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29209.82889.290665-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Wie bereits der Titel der vorliegenden Arbeit verheißt, steht die Übersetzung des Debütromans des finnlandschwedischen Schriftstellers Torsten Helsingius im Mittelpunkt des Interesses. Das 1914 erstveröffentlichte und meines Wissens bis dato nicht in deutscher Übersetzung zugängliche Werk besitzt in zweierlei Hinsicht Relevanz; zum einen kristallisiert der Titel Dagdrivare sich unmittelbar nach Erscheinen von Helsingius’ Roman als Gruppenetikett einer ganzen Generation junger finnlandschwedischer Autoren heraus, die in den 1910er Jahren erstmals literarisch in Erscheinung treten, zum anderen versammelt das viel umstrittene Werk sämtliche Charakteristika der sog. Dagdrivarliteratur in sich.
Die Tatsache, dass Helsingius’ literarisches Debüt wie auch der überwiegende Teil der Werke der sog. Dagdrivare über die Grenzen Finnlands hinweg kaum wahrgenommen werden und sich auch in Schweden zu keiner Zeit als breitenwirksam erweisen, ist vornehmlich auf das Interesse der Autoren an den tief greifenden Veränderungen innerhalb der Gesellschaft ihrer Heimat und das mitunter daran geknüpfte Fehlen von internationalem Format zurückzuführen. Überdies rekurrieren viele von ihnen auf die Décadenceliteratur des 19. Jh., weshalb ihre Werke zuweilen als unzeitgemäß und sie selbst als blasse Epigonen ihrer Vorbilder, bspw. eines Hjalmar Söderberg oder Oscar Levertin, betrachtet werden.
Anhand eines gerafften einleitenden Überblicks über die finnlandschwedische Literatur unmittelbar vor und nach der Jahrhundertwende, in dem das Hauptaugenmerk auf der Dagdrivarliteratur, ihren Vertretern und deren Werken liegt, werden zahlreiche Faktoren, die einen wesentlichen Anteil an der Regeneration der finnlandschwedischen Prosatradition um 1910 haben, beleuchtet. Neben den zunehmenden politischen und gesellschaftspolitischen Spannungen, denen Finnland sich um 1900 ausgesetzt sieht, bildet sich allen voran die fortschreitende Marginalisierung der schwedischen Bevölkerung des Landes als beliebtes Sujet der Dagdrivare heraus, die auf diese mit einer kollektiven und zum Unmut so manches Rezensenten offen zur Schau getragenen Illusionslosigkeit sowie überfeinerten Charakteren in ihren Werken reagieren.
Nicht zuletzt aufgrund der Inkommensurabilität der äußeren Umstände bedarf es einer Differenzierung der vermeintlich synonymen Begriffe Flaneur und Dagdrivare, der ebenso ein eigener Punkt in der Einleitung gewidmet ist wie den stilbildenden kulturpolitischen Zeitschriften Euterpe und Argus/Nya Argus.
Im Anschluss daran rückt das in den ersten beiden Dekaden des 20. Jh. zunächst noch träge zur Großstadt heranreifende Helsingfors ins Zentrum des Interesses. Die Stadt und ihr fortschreitender Entwicklungsprozess, die Entstehung neuer Stadtviertel sowie das ausgelassene, boulevardeske Treiben auf der Flaniermeile Norra esplanaden, an der mondäne Restaurants, Bars und Filmtheater zu Zerstreuungen aller Art einladen, wird nicht nur in Torsten Helsingius’ Debütroman zum Thema gemacht; Bezüge zu Helsingfors lassen sich in der Dagdrivarliteratur wiederholt ausmachen und auch vor der einen oder anderen Spitze gegen die leicht provinzielle Note, die Helsingfors zu jener Zeit durchaus anhaftet, machen die Dagdrivare nicht Halt.
Ein weiteres Kapitel widmet sich dem unbestritten großen Einfluss, den der schwedische Romancier und Novellist Hjalmar Söderberg auf diese jungen finnlandschwedischen Autoren ausgeübt haben muss. Während Torsten Helsingius in seinen Memoiren vehement bestreitet, dass Söderbergs Werke auf seine eigenen Veröffentlichungen abgefärbt haben könnten, belegen die an Söderberg gerichteten Huldigungsbriefe von Henning Söderhjelm und Runar Schildt Hjalmar Söderbergs Rolle als bewundertes Vorbild.
Nach einer kurzen Übersicht über die einzelnen Vertreter der Dagdrivarliteratur, als deren prominentester Name zweifellos Runar Schildt betrachtet werden kann, wird Torsten Helsingius’ literarische Produktion zum Fokus gemacht. Helsingius, der sich selbst zu keinem Zeitpunkt als „wirklicher“ Schriftsteller versteht, veröffentlicht neben Auftragsarbeiten und pseudonymen Werken lediglich die beiden Romane Dagdrivare (1914) und Utveckling (1915), eine Sammlung von Erzählungen und Skizzen mit dem Titel Ungdom (1917) – die darin enthaltene Erzählung „Korsväg“ markiert für viele Rezensenten den Höhepunkt seines Schaffens – sowie seine Memoiren Det var (1947). Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, fällen zeitgenössische Kritiker indes ein vernichtendes Urteil über Helsingius’ schriftstellerische Bemühungen und tragen nicht unwesentlich mit dazu bei, dass die ohnehin kaum beachteten Werke schnell in Vergessenheit geraten. Dem Umstand, dass just der Begriff Dagdrivare in der Literaturwissenschaft zu einer Art Appellativ avanciert, verdankt Torsten Helsingius somit die Tradition seines Namens, wenngleich bislang keines seiner Bücher einer weiteren Auflage für würdig befunden wurde.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Dagdrivare Finnlandschwedisch Helsingfors Flaneurroman
Autor*innen
Peter Ullrich
Haupttitel (Deutsch)
Torsten Helsingius' "Dagdrivare"
Hauptuntertitel (Deutsch)
eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
124 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Sven Hakon Rossel
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.95 Literarische Übersetzung
AC Nummer
AC09587807
Utheses ID
20290
Studienkennzahl
UA | 394 | | |