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Kleinkunstszene in Südtirol
Miriam Kaser
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Michael Gissenwehrer
DOI
10.25365/thesis.23706
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29904.91387.225561-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Diplomarbeit beginnt mit der Begriffsdefinition des Terminus Kabarett. Dabei ist zu erkennen, dass Kabarett alles sein kann, aber nicht zwingend sein muss. Zum Einen beschreibt es eine Institution, zum Anderen eine Kunstgattung. Der Begriff „cabaret“ selbst wurde in Frankreich schon im 15. Jahrhundert gebraucht und galt als Bezeichnung für den Terminus Schenke. Als 1881 das Chat Noir in Paris eröffnet wurde, bezeichnete man es als „cabaret artistique“, um sich von den übrigen Cabarets abzugrenzen. Durch den großen Erfolg des Chat Noir wurde diese Beifügung hinfällig und Cabaret stand nun für diese Art von Unterhaltungsform.
Als das Kabarett auch im deutschen Kaiserreich Fuß fasste, änderte sich die Schreibweise und aus Cabaret wurde das Kabarett. Die Charakteristika des Kabaretts zeigt sich vor allem darin, dass es aktualitätsgebunden ist. Die dargebotenen Nummern und Pointen müssen gegenwartsnahe sein.
In weiterer Folge, wird in dieser Arbeit der Weg des französischen Cabaret über Deutschland nach Österreich verfolgt. Nachdem in Paris eine Vielzahl von weiteren Cabarets eröffneten, entwickelte sich die Hauptstadt Frankreichs zu einem wahren Kulturzentrum, dessen Ruf sich bis in das deutsche Kaiserreich erstreckte. Die Deutschen waren für diese Art der Bühnenform sehr empfänglich. Gerade die harte Zensur ermutigte Literaten und Kunstschaffende ihre Meinung kundzutun und Methoden der Äußerungen zu entwickeln, die sich der Kontrolle des Staates entzogen. Persönliche Ansichten wurden nun unter dem Deckmantel einfacher Unterhaltung einem Publikum vorgetragen. Von Deutschland fand das Kabarett seinen Weg nach Wien und 1906 wurde dort das erste literarische Kabarett eröffnet. Daraus entwickelte sich eine Kabarett-Tradition in Österreich, die bis heute anhält. Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, entwickelte sich ein regelrechter Kabarettboom, der bis in die Gegenwart ungebrochen scheint. Durch die mediale Präsenz des österreichischen Kabarett, war es nur eine Frage der Zeit, bis dieses Genre sich auch in Südtirol durchsetzen konnte.
Bis dahin gab es in Südtirol eine lange Amateurbühnentradition. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es sich die Kulturpolitik Südtirols zur Aufgabe gemacht, die Vereinskultur zu beleben. Kulturelle Identität, Kulturpflege, Brauchtumspflege und vor allem eine klare Abgrenzung zur italienischen Kultur, war nun die Hauptaufgabe der Amateurbühnen in den einzelnen Gemeinden. „Kultur ist Volkskampf“ war das Credo des damaligen Kulturassessors Anton Zelgers, der dieses Amt bis 1989 inne hatte. Die Vermischung der deutschen und italienischen Sprache, sowie moderne Kunst, hatte aus der Sicht Zelgers keine Berechtigung. Moderner Unternehmungsgeist im Theaterbereich war nicht gerne gesehen. Vielleicht gerade deswegen erlebte das Südtiroler Theater in den 70er und 80er Jahren viele Initiativen, mit einer sozialkritischen bzw. politischen Motivation. Anfang der 80er Jahre entwickelten sich deutschsprachige Klein- und Kellertheater, die sich selbst verwalteten und sich verschiedener Sparten des Theaters bedienten. Diese Initiativen bildeten sich in den 90er Jahren zu Institutionen heran und kämpften um Anerkennung. Es kristallisierte sich heraus, dass die Forderung nach einer Professionalisierung des Theaterbetriebes ein Umdenken und Reagieren Seitens der Kulturpolitik forderte. Durch den ganzjährigen Spielbetrieb, war es seitens der Theaterbetreiber nicht mehr möglich, anderen beruflichen Tätigkeiten nachzugehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Finanzielle Unterstützung musste die Politik gewährleisten, damit diese Theater der Region weiter erhalten bleiben konnten.
Um zu verstehen, welche Gegebenheiten notwendig waren, damit sich überhaupt in den 80er Jahren das erste Kleinkunsttheater in Südtirol entwickeln konnte, wird in dieser Arbeit der Zeitraum der Entstehung, unter Betrachtung des geschichtlichen Kontext, genauer unter die Lupe genommen. Vor allem das Jahr 1980 war eine Phase des Umbruchs. Eine neue Zeitschrift, die FF, wurde gegründet, welche der parteikonformen Dolomiten den Kampf ansagte und frischen Wind in die Printmedien Südtirols brachte. Nicht zuletzt entstand in Brixen durch die treibende Kraft Georg Kasers, der erste Kleinkunstkeller Südtirols. In den Anfangsjahren lag das Hauptaugenmerk vor allem bei dem politischen Kabarett. Kabarettversuche gab es in Südtirol schon in den 60er Jahren, doch eine fixe Spielstätte, in der Kleinkunst geboten wird, gab es bis dato nicht. Brixen hatte zwar den Ruf eines verschlafenen Nestes, aber die besten Voraussetzungen, dass sich dort politisches Kabarett entwickeln konnte. Zum Einen gab es die glückliche Konstellation von Leuten, die, unter der Leitung eines begeisterungsfähigen, kreativen Georg Kaser, alle dasselbe Ziel verfolgten, in einem einzigartigen Raum bzw. Keller, den die Gruppe Dekadenz bis heute mietfrei nutzen darf. Das dort dargebotene Kabarett sollte auf Probleme aufmerksam machen, Hinweise und Denkanstöße an das Publikum weitergeben. Einige Jahre wurde nun mit großem Erfolg fleißig Kabarett in Brixen gezeigt. Der Spielbetrieb weitete sich aus, nebst den Eigenproduktionen wurden auch Künstler aus dem Ausland eingeladen. Kaser hängte seinen Malerberuf an den Nagel, um sich hauptberuflich dem Unternehmen Gruppe Dekadenz zu widmen. Dies war der erste Schritt hin zur Professionalisierung eines Theaterbetriebes und wegweisend für alle anderen Kleinkunstbetriebe in Südtirol. Neben Kabaretts und Theaterprojekten gibt Kaser seine ersten Soloprogramme zum Besten. 1992 folgte dann der Wendepunkt. Kaser fühlt sich gezwungen die Gruppe Dekadenz zu verlassen. Der Rücktritt war ein Protest gegen die unzureichende Finanzierung von Seiten der öffentlichen Hand. Bei nahezu 100 Aufführungen pro Jahr, war die Dekadenz als Einmannbetrieb nicht weiter führbar. Um den Betrieb weiter gewährleisten zu können, war es laut Kaser notwendig, dass ein künstlerischer Leiter, ein technischer Leiter und eine Sekretärin finanziert werden. Kasers Rücktritt ließ die Debatte um die Subventionen der ganzjährig betriebenen Theater eine neue Richtung einschlagen. Daraus resultierte, dass heute Institutionen, wie die Dekadenz, das Stadttheater Bruneck, die Carambolage, das Theater in der Altstadt und das Stadttheater in Bozen Strukturen sind, welche in dem semiprofessionellen bis professionellen Bereich Angebote für Schauspieler oder Künstler generiert haben. Nun war es auch möglich im Theaterbereich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Nach Kasers Kündigung hatte die Dekadenz einen schwierigen Neustart. Doch das Tief konnte überwunden werden. Das Hauptaugenmerk der Eigenproduktionen verlagerte sich noch mehr auf Theaterproduktionen. Hausgemachtes Kabarett wurde nur mehr selten gezeigt.
Ein weiterer Kleinkunstkeller eröffnete 1996 seine Tore in Bozen, aus dem Kleinkunstfestival Cabarena etablierte sich die Carambolage. Sie sieht sich als ein Ort der Begegnung zwischen verschiedensten Formen der Kleinkunst, zwischen Jung und Alt und zwischen den drei Volksgruppen in Südtirol. Der Name Carambolage wurde bewusst gewählt, da er von Deutschen wie Italienern verstanden werden kann. Ziel war es auf einer kleinen Bühne mit geringen Mitteln, Produktionen unterschiedlichster Art, auf die Bühne zu bringen.
Seit dem ersten Kabarett der Dekadenz ist das Genre in Südtirol äußerst beliebt. Ungeachtet der populären Kabarettprogramme aus Österreich und Deutschland, sind die einheimischen Programme ein wahrer Publikumsmagnet. 20 Jahre nachdem in Österreich die ersten Solokabarettisten die Bühne betraten, finden wir nun auch in Südtirol Einzelkabarettvertreter.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Südtirol Kleinkunst Szene Theater Kultur Gruppe Dekadenz Carambolage
Autor*innen
Miriam Kaser
Haupttitel (Deutsch)
Kleinkunstszene in Südtirol
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
114 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Michael Gissenwehrer
Klassifikation
24 Theater > 24.23 Kleinkunst, Kabarett, Revue
AC Nummer
AC10754828
Utheses ID
21197
Studienkennzahl
UA | 317 | | |