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Molecular studies in Bromeliaceae
implications of plastid and nuclear DNA markers for phylogeny, biogeography and character evolution with emphasis on a new classification of Tillandsioideae
Michael Harald Johannes Barfuss
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Betreuer*in
Rosabelle Samuel
DOI
10.25365/thesis.24037
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29499.49755.240360-8
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Ananasgewächse (Bromeliaceae) sind mit etwa 3.140 Arten eine der artenreichsten Fami-lien der einkeimblättrigen Blütenpflanzen, die in tropischen und subtropischen Regionen der Neuen Welt vom Süden der Vereinigten Staaten bis in den Süden Argentiniens vorkommen. Die Familie ist in acht Unterfamilien unterteilt, deren artenreichste die Tillandsioideae und Bromelioideae sind. Taxonomische Konzepte innerhalb der Bromeliaceae sind sehr problematisch, da zur Unterscheidung herangezogene morphologische Merkmale homoplastisch oder plesiomorph sind. Die vorliegende Studie zielt darauf ab, eine gut gestützte Stammbaumrekonstruktion für die Bromeliaceae zu erstellen, insbesondere für die komplexen Unterfamilien Bromelioideae und Tillandsioideae. Die resultierenden Phylogenien sollen eine Grundlage bieten, die taxonomische Verwendbarkeit von morphologischen Merkmalen zu bewerten und Hypothesen zur Merkmalsevolution, Biogeographie, Alter und Herkunft der Bromelien aufzustellen oder zu untermauern. Die wichtigsten Fragenstellungen sind: (1) Zeigen eine breitere Probennahme innerhalb der Bromeliaceae sowie zusätzliche Se-quenz-Daten aus dem Plastiden-Genom einen besser aufgelösten und gut gestützten Stammbaum? Was sind Gründe für die bisher beobachtete geringe DNS-Sequenz-Divergenz? (2) Können nukleäre DNS-Sequenzen erfolgreich zur Erstellung von Stammbaumrekon-struktion verwendet werden? Was sind die Herausforderungen um nukleäre Marker zu optimieren und sind sie besser geeignet als Plastiden-Marker? (3) Kann man mit Hilfe der auf Plastiden- und Kern-DNS-Sequenzen basierenden Phylogenie zusammen mit neu bewerteten morphologischen Merkmalen eine vernünftige, stabile Klassifikation erreichen?
Um eine besser abgestützte phylogenetische Hypothese für die Klassifizierung der Bromeli-aceae zu erreichen, wurden in der aktuellen Studie acht schnell evoluierende Plastiden-DNS-Marker (atpB-rbcL, matK, ndhF, psbA-trnH, rpl32-trnL, rps16, trnL Intron und trnL-trnF) und 90 Bromelienarten ausgewählt und mit Maximum-Parsimony-, Maximum-Likelihood- und Bayesian-Methoden analysiert. Die Ergebnisse unterstützen die schon früher vorgeschlagene Einteilung in acht Unterfamilien, die auf einem einzigen Plastiden-Gen (ndhF) basiert. Unterstützungswerte für fünf der Unterfamilien haben sich erhöht, jedoch die für Lindmanioideae, Puyoideae und Bromelioideae sind infolge der erweiternden Taxon-Auswahl gesunken. Die ursprünglich vorgeschlagene Monophylie der Puyoideae kann nicht eindeutig bestätigt werden. Eine kalibrierte zeitliche Zuordnung der resultierenden Phylogenie und biogeographische Analysen zeigen, dass die Bromeliaceae vor rund 100 Millionen Jahren (My) am Guayana-Schild entstanden sind und sich radial in die angrenzenden Gebiete vor ca. 16-13 My ausgebreitet haben. Heute noch lebende Entwicklungslinien entstanden vor 20-5 My. Die Andenhebung begünstigte die Artbildung innerhalb der Kern-Tillandsioideae vor etwa 14,2 My und die der Bromelioideae vor 10,1 My, wobei letztere ihre größte Vielfalt am brasilianischen Schild aufgrund der Ausbreitung von den Anden her hat. Die heute artenreichsten Gattungen mit einer erhöhten Artbildungsrate vor 5-4 Ma sind nicht vor 8,7 My erschienen, was höchstwahrscheinlich der Grund für die vergleichsweise niedrige Sequenzdivergenz ist.
Um die Verwendbarkeit von nukleären Regionen für phylogenetische Untersuchungen in den Bromelioideae zu testen, wurden DNS-Sequenzen von einem Abschnitt des in geringer Kopienzahl vorliegenden nukleären Gens Phosphoribulokinase (PRK) und fünf Plastiden-Marker (matK, 3'trnK Intron, trnL Intron, trnL-trnF und atpB-rbcL) untersucht. Stammbäume aus Analysen der PRK-Daten widersprechen nicht den Ergebnissen, die mit Hilfe von Plastiden-Markern erhalten werden. Die PRK-Matrix zeigt eine deutlich höhere Anzahl an potenziellen PICs (phylogenetisch informative Merkmale), die die Auflösung und die Absicherung der resultierenden Stammbäume verbessert, als der Plastiden-Datensatz (16,9% vs. 3,1%). Obwohl PRK nicht in der Lage ist die Verwandtschaftsbeziehungen vollständig aufzulösen, liefert die kombinierte Analyse mit den Plastiden-Markern eine gute Unterstützung für mehrere zuvor unsichere Verwandtschaftsverhältnisse. Die früh abzweigenden Entwicklungslinien konnten identifiziert werden ("basal bromelioids") und der Rest der Unterfamilie ist in einem hoch unterstützten Ast vereinigt ("eu-bromelioids"). Die Ergebnisse zeigen, dass die taxonomischen Beziehungen von Gattungen innerhalb der Kern-Bromelien verflochten und schwierig zu lösen sind. Mehrere Gattungen erscheinen polyphyletisch und Aechmea sowie Quesnelia bleiben die komplexesten Gattungen der Unterfamilie. Most-Parsimonious-Rekonstruktionen von Merkmalszuständen für Trichterhabitus und Kelchblattsymmetrie zeigen, dass beide Merkmale innerhalb der Unterfamilie nur wenigen morphologischen Veränderungen unterworfen waren und daher nicht so stark homoplastisch sind wie bisher angenommen.
Die vergleichende Studie von nukleären DNS-Sequenzen innerhalb der Tillandsioideae zeigt, dass einige nukleäre Marker in der Lage sind, mehr Informationen und eine höhere Auflösung in den Stammbäumen zu erzielen als Plastiden-Marker. Allerdings ist ihre Verwertbarkeit nicht nur von der Sequenzvariabilität, sondern auch von methodischen Herausforderungen der traditionellen Sanger-Sequenzierung abhängig. Der „internal transcribed spacer“ der nukleären ribosomalen DNS (ITS nrDNS) ist aufgrund von vorhandenen starken Sekundärstrukturen, die Probleme bei der Amplifikation und Sequenzierung bereiten, sowie seiner geringen Anzahl an PICs kein geeigneter Marker zum Auflösen tieferer Knoten in phylogenetischen Untersuchungen bei den Bromeliaceae. Amplifizierte Fragmente der Gene Malat-Synthase (MS) und RNA-Polymerase-II, Beta-Untereinheit (RPB2) sind aufgrund ihrer geringen Länge und der begrenzten Anzahl an PICs nicht sonderlich hilfreich. Glucose-6-Phosphat-Isomerase (PGIC), Nitrat-Reduktase (NIA) und Xanthin-Dehydrogenase (XDH) müssen weiter untersucht werden. Phosphoribulokinase (PRK) und Phytochrom C (PHYC) sind nützliche nukleäre Marker und bringen eine gute Auflösung innerhalb vieler Bereiche der Stammbäumen, jedoch sind einige Ver-wandtschaftsverhältnisse nicht aufgelöst oder nur schlecht unterstützt.
Die kombinierte Analyse der Kern-DNS-Sequenzdaten (PRK, PHYC) mit den bereits vor-handenen Plastiden-DNS-Sequenzdaten (atpB-rbcL, matK, rbcL, einem Teilstück des rbcL-accD, rps16 intron, einem Teilstück des trnK intron, trnL intron und trnL-trnF) zeigt eine deutliche Steigerung der Auflösung innerhalb der Stammbäume der Tillandsioideae. Basierend auf morphologischen Merkmalen konnten neun bisher akzeptierte Gattungen neu definiert und drei Gattungen neu beschrieben werden. Für morphologisch abweichende Artengruppen innerhalb von Racinaea und Tillandsia werden zwei neue Untergattungen aufgestellt. Viridantha wird auf Untergattungsniveau herabgestuft. Geringe Probenahme im Cipuropsis-Mezobromelia-Ast und fehlende Unterstützung für Verwandtschaftsgruppen innerhalb von Tillandsia verhindern eine taxonomische Beschreibung weiterer Artengruppen.
Abstract
(Englisch)
The monocot family Bromeliaceae comprises approximately 3,140 species distributed in tropi-cal and subtropical regions of the New World from the southern United States to southern Argentina. The family is subdivided into eight subfamilies; the most species-rich are Tillandsi-oideae and Bromelioideae. Taxonomic concepts within Bromeliaceae are highly problematic, since discriminating morphological characters have been shown to be homoplastic or plesio-morphic. The present study aims to provide a robust phylogenetic framework for Bromeliaceae, especially for the most diverse and complicated subfamilies Bromelioideae and Tillandsioideae. Resulting phylogenies provide a basis to estimate the usefulness of morphological characters and to propose or strengthen hypotheses concerning evolutionary traits, biogeography, age and origins of bromeliads. The main questions raised are: (1) Do additional sequence data from the plastid genome and a wider sampling within Bromeliaceae provide a better resolved, robust phylogenetic framework? What are the reasons for the low DNA sequence divergence observed up to now? (2) Can nuclear DNA sequences be successfully implemented for phylogenetic reconstruction? What are the challenges to optimize nuclear markers and do they perform better than plastid loci? (3) Can the resulting phylogeny based on plastid and nuclear DNA sequences together with the re-evaluated morphological characters provide a reasonable, stable classification?
To provide a more robust phylogenetic hypothesis for the classification of Bromeliaceae, eight rapidly evolving plastid DNA markers (atpB-rbcL, matK, ndhF, psbA-trnH, rpl32-trnL, rps16, trnL intron, and trnL-trnF) and 90 bromeliad species were included in the current study and analysed using maximum-parsimony, maximum-likelihood, and Bayesian approaches. Results support the formerly proposed eight-subfamily classification based on the single plastid gene ndhF. Support values for five of the subfamilies increase, but that for Lindmanioideae, Puyoideae, and Bromelioideae decrease as a result of expanded taxon sampling, including several more divergent species. The initially proposed monophyletic origin of Puyoideae cannot be unambiguously confirmed. Calibration of the resulting phylogeny against time and biogeographic analysis reveals that Bromeliaceae originated in the Guayana Shield about 100 million years ago (Ma) and spread radially into adjacent areas ca. 16—13 Ma. Extant lineages arose between 20 and 5 Ma. Andean uplift facilitated diversification of core Tillandsioideae about 14.2 Ma and Bromelioideae 10.1 Ma, the latter having their greatest diversity in the Brazilian Shield due to dispersal from the Andes. The most species-rich genera did not appear before 8.7 My with a high diversification between 5 and 4 Ma, which is most likely the reason for the comparatively low sequence divergence.
To test the usefulness of nuclear regions for phylogenetic reconstruction in Bromelioide-ae, DNA sequences of part of the low-copy nuclear gene phosphoribulokinase (PRK) and five plastid loci (matK, 3'trnK intron, trnL intron, trnL-trnF, and atpB-rbcL) were investigated. Phylogenetic trees obtained from analyses of the PRK sequences do not contradict trees obtained from plastid markers. The PRK matrix shows a significantly higher number of potentially PICs (phylogenetically informative characters) than the plastid dataset (16.9% vs. 3.1%), which improves resolution and support in the resulting trees. Although PRK is not able to resolve relationships completely, the combined analysis with plastid markers yields good support for several uncertain relationships observed previously. The early diverging lineages can be identified (“basal bromelioids”) and the remainder of the subfamily clustered into a highly supported clade (“eu-bromelioids”). Results indicate that taxonomic circumscriptions within “core bromeliads” are still insufficient, and relationships complex and difficult to solve. Several genera appear polyphyletic, and Aechmea as well as Quesnelia remain the most complicated genera of the subfamily. Most-parsimonious character state reconstructions for two evolutionary traits (tank habit, sepal symmetry) indicate that both characters have undergone few transitions within the subfamily and thus are not as homoplasious as previously assumed.
The comparative study of nuclear DNA sequences within Tillandsioideae shows that some nuclear markers are able to provide more information and a higher degree of resolution in phylogenetic trees than plastid markers. However, their utility does not depend only on sequence variability, but also on methodological challenges in using traditional Sanger-sequencing. The internal transcribed spacer of nuclear ribosomal DNA (ITS nrDNA) is not recommended as a suitable marker for phylogenetic investigations of Bromeliaceae due to the presence of strong secondary structures which create problems in amplification and sequencing as well as its low number of PICs for resolving deeper nodes. Amplified fragments of the genes malate synthase (MS) and RNA polymerase II, beta subunit (RPB2) are not helpful due to their small size and limited number of PICs. Glucose-6-phosphate isomerase (PGIC), nitrate reductase (NIA), and xanthine dehydrogenase (XDH) need to be further investigated. Phosphoribulokinase (PRK) and phytochrome C (PHYC) are useful nuclear markers and able to provide considerable resolution in phylogenetic trees, but some relationships are poorly supported.
The combined analysis of nuclear DNA sequence data (PRK, PHYC) with the already existing plastid DNA sequence data (atpB-rbcL, matK, rbcL, partial rbcL-accD, rps16 intron, partial trnK intron, trnL intron and trnL-trnF) shows a significant increase of resolution within phylogenetic trees of Tillandsioideae. Nine accepted genera can be re-circumscribed and three new genera are described taxonomically based on morphology. For morphologically distinct species groups within Racinaea and Tillandsia, two new subgenera are erected. Viridantha has been downgraded to subgeneric rank. Poor sampling within the Cipuropsis-Mezobromelia clade and missing support for clades within Tillandsia prevent the recognition of further taxonomic groups.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Bromeliaceae Bromelioideae Tillandsioideae phylogeny plastid DNA nuclear DNA character state reconstruction biogeography phosphoribulokinase phytochrom C PRK PHYC
Schlagwörter
(Deutsch)
Bromeliaceae Bromelioideae Tillandsioideae Phylogenie Stammbaumrekonstruktion Plastiden-DNS Zellkern-DNS Merkmalsevolution Biogeographie PRK PHYC Phosphoribulokinase Phytochrom C
Autor*innen
Michael Harald Johannes Barfuss
Haupttitel (Englisch)
Molecular studies in Bromeliaceae
Hauptuntertitel (Englisch)
implications of plastid and nuclear DNA markers for phylogeny, biogeography and character evolution with emphasis on a new classification of Tillandsioideae
Paralleltitel (Deutsch)
Molekulare Studien bei Bromeliaceae ; Auswirkungen von Plastiden- und Zellkern-DNS-Markern auf Phylogenie, Biogeographie, und Merkmalsevolution mit Schwerpunkt auf Klassifizierung der Tillandsioideae
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
244 S. : Ill., graph. Darst., Kt.
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Mark Chase ,
Kurt Weising
Klassifikationen
42 Biologie > 42.03 Methoden und Techniken der Biologie ,
42 Biologie > 42.07 Biogeographie ,
42 Biologie > 42.21 Evolution ,
42 Biologie > 42.38 Botanik: Allgemeines ,
42 Biologie > 42.40 Pflanzencytologie, , Pflanzenhistologie, Pflanzenmorphologie ,
42 Biologie > 42.44 Pflanzengeographie, Pflanzenökologie, Pflanzensoziologie ,
42 Biologie > 42.47 Spezielle Botanik: Allgemeines ,
42 Biologie > 42.56 Angiospermae ,
42 Biologie > 42.57 Monocotyledoneae
AC Nummer
AC10510698
Utheses ID
21496
Studienkennzahl
UA | 091 | 438 | |