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Freiheit, Verantwortung und Schuld
die Bedeutung des Determinismus-Indeterminismus-Streits für das deutsche Strafrecht
Daniel Kieser
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Gerhard Luf
DOI
10.25365/thesis.24054
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29608.73226.201065-8
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Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Freiheit, Verantwortung und Schuld - die vorliegende Arbeit will einen systematischen Überblick über die gegenwärtige Diskussion geben, ob das deutsche Strafrecht auf das Vorliegen von Willensfreiheit als Voraussetzung der Schuld angewiesen ist.
In diesem Rahmen findet ein systematischer Vergleich der einzelnen Theorien aus Rechtsphilosophie und Rechtsprechung mit dem aktuellen Meinungsstand der Strafrechtslehre statt.
Obwohl der Determinismus-Indeterminismus-Streit schon seit längerer Zeit schwelt und auch im Strafrecht immer wieder neu diskutiert wird, fehlte es bisher an einer strukturierten Übersicht der wesentlichen Meinungsstände mit Bezug auf den Schuldvorwurf im (deutschen) Strafrecht.
Ziel dieser Untersuchung ist es, die verschiedenen Meinungsstände vorzustellen und zu systematisieren, um Gemeinsamkeiten, Vereinbarkeiten und Unterschiede deutlich zu machen.
Wo es notwendig und angebracht ist, wird gegebenenfalls auf ausländische Rechtssysteme und Autoren Bezug genommen.
Der Zusammenhang zwischen Willensfreiheit, Schuld und Strafe scheint für das deutsche (und auch das österreichische) Strafrecht von fundamentaler Bedeutung, denn der Zusammenhang zwischen Schuld und Strafe ist auch gesetzlich normiert: § 32 des deutschen StGB besagt, dass sich die Höhe der Strafe an der Schwere der Schuld bemisst, woraus unmittelbar der so genannte Schuldgrundsatz folgt: strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt, § 4 StGB, also „keine Strafe ohne Schuld“.
Damit ist aber noch nicht gesagt, dass nur schuldhaft handelt, wer Willensfreiheit besitzt – hier ist eigentlich noch gar nichts über die Willensfreiheit gesagt: dafür müsste klar sein, welche Voraussetzungen der Schuldbegriff im Strafrecht hat und welche Anforderungen er an den Täter stellt.
Das bedeutet, dass die Strafzwecke und die Schuldtheorien geklärt sein müssen, denn nur wenn klar ist, welches Ziel und welchen Anspruch Strafrecht und Schuldvorwurf haben, kann ein sinnvoller Zusammenhang zur Willensfreiheitsdebatte hergestellt werden.
Bei einem Strafrecht mit einem Konzept der Strafe, das an das Konzept von Schuld und Sühne anknüpft, ist in jedem Fall auch die Frage nach der Verantwortung des Täters zu klären, weil sonst auch mit Gewalt erzwungene Taten bestraft werden müssten.
Betrachtet man den Schuldvorwurf im Strafrecht allerdings lediglich als Nichterfüllung eines vom Recht gesetzten Maßes, ohne über den Umweg der Verantwortlichkeit den konkreteren Vorwurf des Anders-Handeln-können machen zu müssen, wäre der Streit um die Willensfreiheit für das Strafrecht möglicherweise irrelevant.
Sollte hingegen die Antwort auf die Frage, ob Willensfreiheit eine Voraussetzung von strafrechtlicher Schuld ist, positiv ausfallen, muss natürlich geklärt sein, in welchem Sinn des Wortes „Willensfreiheit“ dies der Fall ist.
Abstract
(Englisch)
Freedom, responsibility and guilt – this piece of work wants to give a systematic overview about the ongoing scientific discussion, whether the german penal law needs to have free as a background for the definition of guilt.
In this context we have to compare systematically the single scientific theories delivered from the legal-philosophical side of view, the Jurisprudence and legal practice and the newest scientific doctrines.
While the dispute pro/contra determinism or free will is smouldering for a longer time and has its place also in scientific papers regarding the penal law, there is so far no structured overview of the important scientific findings with regard to the definition of guilt in the German penal law.
It is the aim of this analysis to present and to systematize the different positions and ideas that the similarities, compatibilities and differences become clear.
Where necessary and adequate, it will be referred to authors and results from other jurisdictions.
The coherence between free will, guilt and penalty seems to be a fundamental issue for the German (as well as for the others, like the Austrian) penal law, because of its written impact in the law itself: according to § 32 of the German StGB, the penalty relates to the severity of the guilt, the so called basic principle of guilt: punishable is only the culpable action, § 4 German StGB, “No punishment without guilt”.
But his doesn’t mean that free will would be necessary for culpable action – the law says nothing about free will, because so far it is not clear what the pre-conditions and requirements for guilt and the delinquent are.
So the purpose and scientific background of penal justice and guilt have to be cleared to distinguish the destination and demand of the penal law and the connection to the free-will-discussion.
When penal law has a concept of penalty which is connected with and based on the concepts of guilt and atonement, the role of individual responsibility has to be highlighted, otherwise from others enforced crimes could lead to unfair penalties of the enforced persons.
If individual guilt in penal law would be just the Non-fulfillment of a measure set by the law, without discussing about the individual responsibility and the accusation not to have acted the legal way, then the discussion about free will within the penal law would be irrelevant.
But if the answer to the question, whether free will is a precondition for guilt, shoul dbe “yes”, it has to be cleared in a second step, for which meaning of the term “free will” this is relevant.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Free will Determinism German penal law
Schlagwörter
(Deutsch)
Willensfreiheit Determinismus Schuld
Autor*innen
Daniel Kieser
Haupttitel (Deutsch)
Freiheit, Verantwortung und Schuld
Hauptuntertitel (Deutsch)
die Bedeutung des Determinismus-Indeterminismus-Streits für das deutsche Strafrecht
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
V, 208 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Gerhard Luf ,
Christian Stadler
Klassifikationen
86 Recht > 86.02 Rechtsphilosophie ,
86 Recht > 86.33 Strafrecht: Allgemeines
AC Nummer
AC10725272
Utheses ID
21509
Studienkennzahl
UA | 083 | 101 | |