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Meister Eckhart und die Gottesgeburt im Menschen
eine fundamentaltheologische Betrachtung
Michaela Richter
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Katholisch-Theologische Fakultät
Betreuer*in
Kurt Appel
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.24340
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30350.86072.394459-7
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Das Motiv der Gottesgeburt im Menschen ist das zentrale Motiv in den deutschen Pre-digten Meister Eckharts und stellt für ihn Ziel und Angelpunkt jeder menschlichen Exis-tenz dar. Mit seiner Lehre von der Gottesgeburt nimmt Eckhart den Menschen in das Geheimnis der Inkarnation mit hinein, denn die Inkarnation Gottes, wie sie historisch in seinem Sohn Jesus Christus erfolgte, ist - wie es schon die Kirchenväter erkannten - zugleich die Einwohnung Gottes in jedem Menschen. Mit der Selbstmitteilung Gottes in seinem Sohn wird sein Heilshandeln zu einer neuen Grundrelation zwischen Gott und Mensch, welche die menschliche Existenz nicht nur berührt, sondern entscheidend ver-ändert. In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, Eckharts Gedanken dazu an-hand ausgewählter Zitate zu analysieren und zu verstehen, sowie eine Deutung seiner Aussagen im Horizont der heutigen Theologie vorzunehmen. Dabei geht es um das Denken eines spekulativen Mystikers, der es - ganz im Sinne der Fundamentaltheologie heute - stets als seine Aufgabe ansah, den Glauben mit den Mitteln der Vernunft zu ver-stehen und im Horizont der Theologie bzw. Metaphysik seiner Zeit auszulegen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu einem zeitgemäßen Verständnis des Themas beizutragen und es auch im Kontext aktueller Fragen zu beleuchten. So erweisen sich Eckharts pro-vokante Sprache, seine stringente Logik und sein radikales Denken als für uns postmo-dern durchaus anschlussfähig. Nach einer Einführung in die biblischen Ursprünge des Motivs der Gottesgeburt - von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen in der Schöpfung bis hin zur Gotteskindschaft und Neuschöpfung des Menschen durch die Menschwerdung Gottes in seinem Sohn - wird ein kurzer Blick auf das Motiv der Gottesgeburt bei den Kirchenvätern geworfen, die die Tradition der Einwohnung Gottes im Menschen begründeten. Der Hauptteil der Arbeit widmet sich zunächst der Klärung der Voraussetzungen der Gottesgeburt bei Eckhart: Die Abgeschiedenheit - die Loslösung von Bildern, Begehren und Wünschen - als unabdingbare conditio sine qua non der Geburt, das Verständnis von Gott und Trini-tät als Erkenntnisvorgang sowie Seele und Seelenfunke als Ort der göttlichen Selbstmit-teilung werden besprochen. Die Gottesgeburt wird sodann in ihrer Ursächlichkeit, ihrer Zeitlichkeit(das „ewige Nun“), hinsichtlich ihres Ortes, gemäß ihrem Wesen als Erkenntnisvorgang und der vollzogenen Erfahrung des Menschen (dem „Durchbruch“) betrachtet. Mit der Gottesgeburt im Menschen bringt Eckhart ein Geschehen zum Ausdruck, in dem der Mensch als Individuum offen wird für das Transzendente, für die freie Selbst-mitteilung Gottes. Das historische Ereignis der Geburt des Sohnes Gottes vollzieht sich ununterbrochen in jedem Menschen und in dieser Geburt ereignet sich die Vereinigung der menschlichen Seele in ihrem tiefsten Grund mit Gott. Subjekt- und Objektdenken werden dabei durchbrochen, um die Wesensgleichheit zwischen Erkennendem und Er-kannten zu erlangen. Es geht Eckhart dabei letztlich um eine bestimmte Weise mensch-lichen Daseins in der Welt: Die Gottesgeburt ist kein Vorgang in weltabgewandter Schau, sondern eine Transformation menschlichen Lebens, das den Menschen zu einer neuen Form der Weltwahrnehmung befähigt. Ziel der Geburt Gottes im Menschen ist es, nicht nur in allen Dingen Gott zu ergreifen, sondern von der Gegenwart Gottes so durchdrungen zu sein, dass die ganze menschliche Existenz auf Gott hin „verwesent-licht“ ist. Gemäß der Zielsetzung einer Aktualisierung des Themas im Kontext der Moderne widmet sich das letzte Kapitel dem Denken Meister Eckharts im Licht der anthropologi-schen Wende des 20. Jahrhunderts. So soll der Versuch unternommen werden, das Ge-dankengut Eckharts in der Moderne zu verorten: Insbesondere sein relationaler Gottes-begriff, die apophatische Sprache seiner negativen Theologie, die Abgeschiedenheit als Entzugserfahrung und zugleich als Erfahrung von Freiheit, die Unbedingtheit aber auch Unverfügbarkeit Gottes und das Ziel, „wesentlich“ zu leben, sind Motive, die in einer postmodernen Theologie ganz aktuell sind. So zeigt sich, dass das Ziel der Gottesgeburt im Menschen auch heute eine neue spirituelle und existenzielle Grundhaltung des Men-schen sein kann, in der Gott immer wieder und immer mehr Mensch wird, wo der Mensch sich selbst als von Gott bejahte Existenz erfährt - als „der Sohn selber“, um es mit Eckhart zu sagen -, und sich damit nicht nur auf Gott hin, sondern auch in gelebter Solidarität auf den Anderen hin überschreiten kann als Wesen der Transzendenz mitten in der Welt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Meister Eckhart Mystik Gottesgeburt
Autor*innen
Michaela Richter
Haupttitel (Deutsch)
Meister Eckhart und die Gottesgeburt im Menschen
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine fundamentaltheologische Betrachtung
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
123 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Kurt Appel
Klassifikationen
08 Philosophie > 08.22 Mittelalterliche Philosophie ,
11 Theologie > 11.52 Mittelalterliches Christentum ,
11 Theologie > 11.69 Systematische Theologie: Sonstiges
AC Nummer
AC10738692
Utheses ID
21760
Studienkennzahl
UA | 011 | | |
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