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Demokratische Organisationsstrukturen und ihr Einfluss auf die Lebenswelt in der genossenschaftlichen Unternehmensgruppe von Mondragón
eine qualitative Studie
Astrid Hafner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Anton Amann
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DOI
10.25365/thesis.2539
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30484.29315.367365-4
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Für eine Analyse sozialer Lebensbereiche müssen heute Wertverständnisse im Kontext eines gesellschaftlichen Wandels betrachtet werden, der in den letzten 50 Jahren vornehmlich durch ökonomisierte und technokratisierte Strukturen beeinflusst wurde. Genau dieser Zeitraum wird in der vorliegenden qualitativen Studie über die genossenschaftliche Unternehmensgruppe Mondragón näher ins Auge gefasst. Die Lebenswelt im nordspanischen Mondragón wurde seit der Gründung des Kooperativennetzwerkes im Jahr 1956 stark von genossenschaftlichen Organisationsweisen beeinflusst. In einem kurzen Abriss wird als Einstieg ins Thema die Hegemonie des Kapitalismus und die ihm zugrunde liegende neoliberale Handlungslogik erklärt. Wirtschaft und Gesellschaft wird als dialektische Einheit dargestellt: Gerade in der Zeit einer aufstrebenden Wirtschaft, zu Beginn der Industrialisierung, als die Produktivkraft sprunghaft anstieg, wurde durch die industrielle Revolution eine Neuordnung der gesellschaftlichen Arbeit geschaffen, die das soziale Gefüge erschütterte. Mit dem Fokus auf die sozialen Frage begann man, soziale und gesellschaftliche Komponenten der Arbeit einzufordern. Die Ideen demokratischer, sozialer Arbeitsorganisation entstanden im Sozialen Utopismus, und im Dunstkreis der Französischen Revolution wurden zeitgenössische, genossenschaftliche Organisationsformen vorsichtig ausgetestet. Wenn in vielen Fällen die Konzepte der Utopisten auch fehlgeschlagen sind, fand ein Transfer dieses Gedankenguts bis in die heutige Zeit statt. Der aktuelle Überbegriff für soziale Formen der Ökonomie könnte als Solidarökonomie bezeichnet werden. Darunter versteht man Selbstverwaltung, die auf einer eigenen, inneren Disposition gründet und sich an Prinzipien wie Identität, Demokratie und Solidarität orientiert. Nach einer theoretischen Abhandlung der Lebenswelt, in der eine Interpretation des Handelns im Sinne von M. Weber zu einer Darstellung der lebensweltlichen Strukturen nach A. Schütz, T. Luckmann und P. Berger führt, wird der sinnhafte Aufbau der sozialen Wirklichkeit in Mondragón erörtert. In der 22.000 EinwohnerInnen zählenden baskischen Kleinstadt, in der sich die weltgrößte Industriekooperative befindet, hat sich eine besondere Ausformung der Lebenswelt entwickelt, die in vielen Bereichen beeinflusst durch das Genossenschaftswesen interpretiert werden kann. In einer Darstellung der besonderen Bedingungen des Baskenlandes werden polit-historische wie sozial-moralische Dimensionen erörtert, die die Gründung und Konstituierung des Kooperativen-Konzerns geprägt haben. Ebenso wird das selbstverwaltete Genossenschaftsnetzwerk in der Ausformung seiner Prinzipien, seiner Komplexität und seiner Probleme, solidarische Strukturen in einer globalisierten Ökonomie umsetzen zu können, dargestellt und als Genossenschaft typisiert. Der gesellschaftliche Wissensvorrat wurde durch eine Dominanz genossenschaftlicher Denkstrukturen genährt: Genossenschaftliche Institutionen im Gesundheits-, Bildungs-, Vorsorge-, Lebensmittelversorgungs- und Finanzsektor haben eine Autonomie gegenüber staatlichen Anstalten geschaffen, die außergewöhnlich ist. Nationalstaatliche, spanische Einrichtungen wurden durch genossenschaftliche Anstalten substituiert. Mit der Hilfe von qualitativen ExpertInneninterviews wurde im Rahmen einer Feldforschung versucht, den grundlegenden Achsen der Lebenswelt in Mondragón auf den Grund zu gehen und den expliziten Einfluss der genossenschaftlichen Arbeitsweise aufzuspüren. Das genaue methodisch-empirische Vorgehen findet in der Analyse ausführlich Platz, um die eruierten Kategorien, in denen die Forschungsergebnisse abschließend interpretiert werden, theoretisch zu unterfüttern. Die Ergebnisse der Forschung zeigen eine dominante Bildungskategorie, die als Teil der Unabhängigkeitsüberlegungen, sowie als Teil der Selbstverwaltung und eigenen Selbstorganisation Beachtung findet. Aktuell wird versucht, genossenschaftliches Gedankengut und betriebswirtschaftliche Zugeständnisse an eine internationalisierte Wirtschaft unter einen Hut zu bringen und eine Neu-Ordnung innerhalb des sozialen Gebildes des Genossenschaftsnetzwerkes zu erwirken. Ein Unterfangen, das schwierig ist, jedoch in Mondragón nicht als unmöglich angesehen wird. Der gesellschaftliche Wandel wird dort auf komplexen, genossenschaftlichen Prinzipien basierend diskutiert und vorangetrieben, damit die unvollendete Erfahrung von Mondragón weitergeht.
Abstract
(Englisch)
For a contemporary analysis of a social life-world (Lebenswelt) one has to consider value conceptions in the context of societal change, which has mainly been influenced by economicalized and technocraticalized structures of the last 50 years. This will be the time period, which the present paper on the Mondragón Cooperative Corporation focuses on. The cooperative forms of organization have influenced the life-world of the northern-Spanish city Mondragón since the foundation of the cooperative network in 1956. In a short outline of the topic the hegemony of capitalism and its underlying neoliberal logics of action will be explained. Economy and society will be presented as a dialectical unit: Especially in times of flourishing economy, at the beginning of industrialization when productivity showed rapid increases, the industrial revolution created a new social order of work which shocked the social fabric. With the social question social components of work entered the debate. The ideas of democratic, social organization of work were born in the Social Utopism and have been precautiously tested in the orbit of the French Revolution. Even though in many cases the concepts of the Utopists failed, the body of thought has been transferred into recent times. The current general term for social forms of economics can be called Solidarity Economics. It refers to workers management, which is based on an own, inner disposition and on principles such as identity, democracy and solidarity. After a theoretical discussion of life-world, in which the interpretation of acting (Handeln) in the sense of M. Weber leads to a presentation of structures of life-world discussed by A. Schütz, T. Luckmann and P. Berger, the reasonable (sinnhafte) construction of social reality in Mondragón will be examined. Mondragón with 22.000 inhabitants houses the biggest industrial cooperative of the world. The unique type of local life-world and its different developed areas have to be interpreted by means of the cooperative system. After a presentation of the special conditions of the Basque country politic-historical and social-moral dimensions, which influenced the foundation and constitution of the cooperative corporation, will be discussed. The self-managed network will be presented and typologized as a cooperative considering its principals, its complexity and its struggle to implement solitarian structures in a globalized economy. In Mondragón the social pool of knowledge has been nourished by the dominance of cooperative structures of thought: cooperative institutions in the sectors of health, education, social security, finance and food provisions have created an autonomy of governmental institutions. On the level of the nation-state Spanish institutions have been substituted by the cooperative. With the help of qualitative expert-interviews during a field research the paper analyses the underlying axes of Mondragón life-world and seeks the explicit influence of the cooperative form of work. The exact methodic-empirical approach is precisely described to theoretical substantiate the deductively raised categories which are used to interpret the results of the research. The results of the study show a dominant educational category, which is considered a part of autonomy consideration, self-management and self-organization. Currently the cooperative body of thought and the administrative concessions to an internationalized economy were tried to be harmonized. This shall create a new order within the social structure of the cooperative network. Even though this approach is difficult it is not considered impossible in Mondragón. Societal change based on complex cooperative principles is constantly discussed to continue the unfinished experience of Mondragón.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
democracy MCC life world cooperative corporation Mondragón Mondragon qualitativ solidarity economy economy
Schlagwörter
(Deutsch)
Demokratie Organisationsstrukturen Lebenswelt Genossenschaft Solidarökonomie qualitativ Mondragon Mondragón MCC
Autor*innen
Astrid Hafner
Haupttitel (Deutsch)
Demokratische Organisationsstrukturen und ihr Einfluss auf die Lebenswelt in der genossenschaftlichen Unternehmensgruppe von Mondragón
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine qualitative Studie
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
XI, 132 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Anton Amann
Klassifikation
71 Soziologie > 71.19 Sozialstruktur: Sonstiges
AC Nummer
AC07113794
Utheses ID
2180
Studienkennzahl
UA | 121 | | |
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