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Fragmentarische Narration
Erzählstrategien in den Filmen von Alejandro González Iñárritu
Dewi Katarina Kostial
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Ulrich Meurer
DOI
10.25365/thesis.24470
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29993.59354.534166-8
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Im Zuge der Diplomarbeit werden narrative Strukturen im Bereich Film untersucht. Insbesondere wird auf die Filme Amores Perros, 21 Gramm, Babel und Biutiful von dem mexikanischen Regisseur Alejandro González Iñárritu eingegangen. Speziell diese Filme weisen eine auffällige Narrationsweise auf. Amores Perros, 21 Gramm und Babel weichen von der für den Zuschauer gewohnten filmischen Erzählstruktur ab und laufen der etablierten, klassischen Dramaturgie in gewissen Punkten entgegen. Die Filme weisen dabei nicht nur stets mehrere Protagonisten auf, sondern werden darüber hinaus fragmentarisch, episodisch, teils multiperspektivisch, teils dem gewohnten Prinzip von Linearität und Kausalität zuwider laufend oder gar achronologisch strukturiert. Alejandro González Iñárritu und sein Drehbuchautor Guillermo Arriaga, die diese drei Filme gemeinsam konzipiert und realisiert haben, pflegen vor allem in Hinsicht auf den Umgang mit Informationen, die dem Zuschauer während der Rezeption zuteil werden, einen sehr gezielten und besonderen Umgang. Dem Rezipienten werden im Filmverlauf durch die fragmentarische Struktur der Filme, also durch das Erzählen der Geschichten in Bruchstücken, Häppchen und Ausschnitten, größere Zusammenhänge und Ursache-Wirkungs-Schemata häufig erst nach und nach bewusst bzw. nach und nach offenbart, was das Wirkpotenzial der Filme erhöht und auszeichnet. Das Spiel mit der Verteilung von Information sowie ein ungewöhnlicher Umgang mit Zeit innerhalb der Filme macht das erstmalige Sehen meist verwirrend, die mehrfache Rezeption aber besonders spannend, da stets genauer auf Andeutungen und Orientierungspunkte innerhalb des Films geachtet werden kann. Der Zuschauer ist bei der Seherfahrung insofern aktiv, indem er das Gesehene immer wieder überdenken, ordnen und mit neuen Bildern in Zusammenhang bringen muss. Erzählerisches Charakteristikum der drei Filme Amores Perros, 21 Gramm und Babel ist außerdem stets ein Zufallsereignis in Form eines fatalen, tragischen Unfalls, der die erzählerische Entwicklung anstößt und zugleich alle Figuren miteinander in Verbindung bringt. Die Protagonisten sind durch das Ereignis selbst oder die daraus resultierenden Folgen miteinander vernetzt.
Der Film Biutiful entspricht diesen dramaturgischen Strategien weniger. Es handelt sich bei dieser Arbeit des Regisseurs um den ersten Film, bei dem er das Drehbuch selbst verfasst hat. Der Film weist die fragmentarische Struktur der Vorgängerfilme nicht mehr in dem Maße auf, wird überwiegend linear erzählt und konzentriert sich auf einen Einzelprotagonisten sowie dessen persönliches Schicksal. Biutiful lässt sich mehr über ästhetische und thematische Merkmale zu den übrigen Filmen zuordnen.
Die Themen, die in den Arbeiten Alejandro González Iñárritus zentral sind, finden sich immer wieder in den verschiedenen Filmen: der Tod, das Sterben, Verlust, Schuld, Liebe, Familie, menschliche Beziehungen, (gescheiterte) Kommunikation, emotionale Abgründe und stets sehr persönliche Schicksale der Figuren beschäftigen den Regisseur in seinen Arbeiten nachhaltig. Die Filme sind figurenzentriert, weisen aber zum Teil auch globale Themen auf, wie etwa Folgen der Globalisierung, Armut, Kriminalität und Vorurteile.
Zuvor wird jedoch die sog. klassische Hollywood-Dramaturgie näher beleuchtet, um nachvollziehbar zu machen, wo und wie die ausgesuchten Filme diesem Prinzip zuwider laufen. Es hat sich mit der Zeit eine Vielzahl an Erzählelementen etabliert, die dem Publikum bekannt und die in beinahe jedem Spielfilm auszumachen ist. Einige ausgewählte Elemente wie die Drei-Akt-Struktur, das Prinzip von Linearität, Kontinuität und der Ganzheit der filmischen Handlung sowie das personenzentrierte Erzählen werden in der Arbeit behandelt.
Eine Abkehr von der klassischen Narration erfolgte vereinzelt seit den 1970er Jahren, spätestens aber seit den 1990ern gehäuft. Zahlreiche Filmemacher experimentierten mit Erzählverfahren und Figurenkonstellationen. Mit dieser Welle des Filmemachens etablierte sich der Begriff des postklassischen oder postmodernen Kinos. Allen voran gilt Quentin Tarantino mit seinem Film Pulp Fiction als einer der Hauptvertreter dieser Strömung. Auch Alejandro González Iñárritu steht in der Tradition dieser Filmemacher. Zuletzt wird also auf das postklassische Kino und dessen Entwicklung eingegangen. Des Weiteren wird versucht, Alejandro González Iñárritu in der Postklassik zu verorten. Obwohl der Regisseur sich diverser nicht-klassischer Narrationsspielereien bedient, welche der sog. postmodernen Filmgestaltung entsprechen, weisen seine Filme dennoch auch der Norm entsprechende Elemente auf, wie die heterosexuelle Liebesgeschichte, ein versöhnliches Filmende oder die vollständige Auflösung aller narrativer Unklarheiten, alle losen Enden fügen sich zuletzt doch zu einem in sich abgeschlossenen und stimmigen Gesamtbild.
In der Diplomarbeit wird explizit auf die Filme Alejandro González Iñárritus eingegangen, sie werden unter den Aspekten 'Dramaturgie' und 'narrativer Gestaltung' analysiert und ihre spezifischen Eigenheiten herausgearbeitet. Die Untersuchungen erfolgen dabei direkt am Filmmaterial, um Beispiele geben zu können. Ausgewähltes Anschauungsmaterial befindet sich im Anhang der Diplomarbeit.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Film Erzählstruktur Alejandro González Iñárritu Amores Perros 21 Gramm Babel Biutiful postklassisches Kino klassisches Hollywood-Kino
Autor*innen
Dewi Katarina Kostial
Haupttitel (Deutsch)
Fragmentarische Narration
Hauptuntertitel (Deutsch)
Erzählstrategien in den Filmen von Alejandro González Iñárritu
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
117 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Ulrich Meurer
Klassifikation
24 Theater > 24.30 Film: Allgemeines
AC Nummer
AC10716818
Utheses ID
21876
Studienkennzahl
UA | 317 | | |
