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The quirky in the work of Wes Anderson
metamodern oscillations at the basis of a quirky sensibility
Stefan Heiden
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Stefan L. Brandt
DOI
10.25365/thesis.24539
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30011.46827.734162-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Seit dem Ende des letzten Jahrzehnts hat ein Schlagwort sich immer mehr verbreitet und ist schließlich unvermeidlich geworden, wenn im englischsprachigen Raum über Filme debattiert wird. Heute wird der englische Begriff „quirky” (in etwa „schrullig“, „verschroben“, „sonderbar“) nicht nur als eine Kategorie verwendet, die zur Vermarktung von Filmen, Serien, Büchern oder Popmusik dient, sondern er wird auch im filmwissenschaftlichen Diskurs verwendet, wo er für eine Sensibilität im Sinne Susan Sontags steht: für eine besondere Weise des Denkens und Erfahrens.
Das Werk Wes Andersons, dessen Arbeiten von vielen Filmwissenschaftlern als die nachdrücklichste und wohl extremste Manifestation der „quirky sensibility“ aufgefasst wird, soll in der vorliegenden Arbeit als Beispiel dienen, um diese Sensibilität eines genaueren Blicks zu würdigen. Darüber hinaus wird auch die Verwurzelung des „quirky“ in der Metamoderne aufgedeckt. Zuvor wird jedoch der etymologische Ursprung des Begriffes beleuchtet, der bereits im 16. Jahrhundert Verwendung fand, damals jedoch noch einen anderen Bedeutungsinhalt aufwies, der dem deutschen „quer“ entsprach.
Im gegenwärtigen Sinn wird der Begriff „quirky“ erst seit den 1960ern verwendet. Bis zum Ende der 2000er, als er begann als Kategorie für Filme, Musik und Bücher eingesetzt zu werden, beschrieb er die Eigenschaften „eigenartig“, „sonderbar“, „schrullig“, usw. Schließlich definierte James MacDowell den Begriff für die Verwendung im filmwissenschaftlichen Diskurs.
Der „quirky“ Film, dessen hier vorliegende Analyse an MacDowells Bemühungen anschließt, zeichnet sich durch eine Reihe wiederkehrender Eigenschaften aus. So kreisen Andersons Filme in thematischer Hinsicht vor allem um die Konfrontation des Individuums mit dem Absurden und den menschlichen Versuchen dem Leben gerecht zu werden bzw. ihrer Kehrseite: Resignation und Melancholie. Andersons Protagonisten lehnen sich gegen das Absurde auf indem sie nach persönlichem Erfolg, spiritueller Einsicht oder romantischer Erfüllung streben. Auch Nostalgie und Unschuld sowie Krankheit und Tod sind im Werk Andersons allgegenwärtig. In stilistischer Hinsicht, lässt sich bei dem Auteur eine wiedererkennbare Handschrift erkennen, die beispielsweise durch spezielle Aufnahmetechniken wie etwa der planimetrischen Totale oder durch eine von übernatürlicher Ordentlichkeit geprägter Inszenierung charakterisiert ist. Der Humor, der Andersons Filme durchzieht, speist sich aus trockener, verbaler Situationskomik, einem lustvollen Mitleiden bei Peinlichkeiten und Blamagen sowie morbiden Anspielungen. Doch auch klassischer Slapstick erheitert die Zuschauer von „quirky“ Filmen.
Für ein näheres Verständnis der Kategorie des „quirky“ Films werden auch Andersons künstlerische Vorläufer wie etwa Mike Nichols and Hal Ashby und sein wirtschaftliches Umfeld, das oft als „Indiewood“ bezeichnet wird, untersucht. Bei Indiewood handelt es sich um eine Gruppe von Töchtern großer Hollywood Produktionsgesellschaften (wie z. B. Columbia, Universal, Walt Disney, usw.), die durch finanzielle und organisatorische Unterstützung einigen künstlerischen Freiraum schaffen. Nichtsdestoweniger verbinden diese Unterstützer wirtschaftliche und imagemäßige Interessen mit ihrem Engagement. Andersons Filmen ist gemeinsam, dass sie einer „quirky“ Sensibilität zum Ausdruck verhelfen, welche mit dem Begriff der Metamoderne in Verbindung steht.
Die Metamoderne ist für die beiden Kulturwissenschaftler Timotheus Vermeulen und Robin van den Akker ein Rahmen, der dem Empfinden in Teilen der Westlichen Zivilisation des frühen 21. Jahrhunderts zugrunde liegt und der oszilliert zwischen einer Sehnsucht nach Wahrheit und Bewusstheit der Kontingenz, Hoffnung und Zweifel, Aufrichtigkeit und Ironie, Empathie und Distanziertheit sowie Konstruktion und Dekonstruktion. Um zu untersuchen wie die Empfindung des „quirky“ in Andersons Werk hervorgerufen wird und seinen Zusammenhang mit dem Metamodernen aufzudecken, wurden vier seiner Filme herangezogen: Rushmore, Die Royal Tenenbaums, Die Tiefseetaucher sowie Darjeeling Limited. Bei dieser Auswahl konnten anschließend in Bezug auf vier Dimensionen räumliche, zeitliche, epistemologische und teleologische Oszillationen festgestellt werden.
In Hinblick auf die räumliche Dimension lässt sich in Rushmore eine Pendelbewegung zwischen Motiven der Offenheit und Geschlossenheit, der Transparenz und der Undurchsichtigkeit sowie der Tiefe und der Zweidimensionalität ausmachen. Zum einen wird der Raum durch den Einsatz der Kamera und des Schnitts realistisch dargestellt. Dann wieder wird er als flächig dargestellt und auf diese Weise denaturalisiert. In Bezug auf Die Royal Tenenbaums konnte gezeigt werden, dass sich Phasen, die Veränderlichkeit zum Ausdruck bringen, abwechseln mit solchen, die statisch erscheinen. Analog dazu lässt sich in Die Tiefseetaucher die Koexistenz zweier sich widersprechender Motive feststellen, welche die menschliche Erkenntnisfähigkeit betreffen. Zum einen wird die Hoffnung ausgedrückt, dass Menschen durch künstlerische Artefakte oder auch im Allgemeinen dazu fähig sind, Wahrheit zu erkennen. Andererseits wird aber auch Häme über diese Zuversicht zum Ausdruck gebracht. The Darjeeling Limited hingegen weist eine Oszillation auf, die einmal die Bedeutung und ein andermal die Bedeutungslosigkeit der menschlichen Existenz ins Zentrum rückt. Verschiedene thematische und stilistische Merkmale erzeugen dabei Spannungen, denen der Konflikt zweier Auffassungen zugrunde liegt: dass das Universum von Ordnung und Sinn erfüllt ist bzw., dass alle Ereignisse willkürlich und letztlich sinnlos sind.
Eine weitere Aufgabe beim Versuch, den “quirky” Film zu verstehen, ist die Suche nach einer Art des Schauens und Hörens, die dem Genuss dieser Art von Filmen eigen ist. Zentral ist hier, dass die Natur der oben beschriebenen Oszillationen dazu führt, dass das Publikum sich dem Geschehen nicht entziehen kann. Beim Betrachten eines “quirky” Films bestehen die Möglichkeiten, sich empathisch an den Repräsentationen auszurichten oder aber in eine kritische Distanz zurückzuweichen. Durch die oszillative Art der Repräsentation jedoch wird jede diesbezügliche Entscheidung bald wieder hinfällig. Dieser Umstand bewirkt, dass das Publikum sich in einem metamodernen Dazwischen befindet. Obwohl Haltungen, die weithin der Postmoderne zugerechnet werden heute bis in die Alltagskultur vorgedrungen sind, empfindet das Publikum beim Betrachten von Wes Andersons Filmen eine Nostalgie nach einer wahren Welt, eine Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Leben und eine Vertiefung des emotionalen Engagements.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Wes Anderson Quirky Metamoderne Metamodernismus Postmoderne Filmwissenschaften Strukturelle Oszillationen
Autor*innen
Stefan Heiden
Haupttitel (Englisch)
The quirky in the work of Wes Anderson
Hauptuntertitel (Englisch)
metamodern oscillations at the basis of a quirky sensibility
Paralleltitel (Deutsch)
Die Quirky Sensibilität in Wes Andersons Filmen
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
VII, 114 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Englisch
Beurteiler*in
Stefan L. Brandt
Klassifikationen
24 Theater > 24.34 Filmgattungen, Filmsparten ,
24 Theater > 24.37 Film: Sonstiges
AC Nummer
AC10702427
Utheses ID
21930
Studienkennzahl
UA | 190 | 344 | 299 |