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Die „malerische Konzeption“ und der Einfluss von Aleatorik im Werk von Mary Bauermeiste - im Kontext zu Karlheinz Stockhausens Kompositionstechnik
Michaela Geboltsberger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Werner Kitlitschka
DOI
10.25365/thesis.24869
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29354.90366.442159-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die serielle Kompositionstechnik wurde von Karlheinz Stockhausen innerhalb der avantgardistischen Musik ab den 1950er Jahren angewendet und weitergeführt. Als er die Künstlerin Mary Bauermeister 1960 in Köln bei einer Veranstaltung für zeitgenössische Kunst und Musik in deren Atelier kennenlernte, sollten sich ihre künstlerischen Wege längere Zeit nicht mehr trennen.
Als Mary Bauermeister 1961 an einem „internationalen Ferienkurs für Neue Musik“ teilnahm, der von Karlheinz Stockhausen geleitet wurde, entwickelte die Künstlerin eine Technik, mit deren Hilfe sie die serielle Kompositionstechnik auf die bildende Kunst übertragen konnte. Sie arbeitete mit dem Planungsverfahren von Musik und setzte es innerhalb der bildenden Kunst um. Mary Bauermeister gab dieser Technik den Namen „malerische Konzeption“ – daraus entstanden Einzelprojekte, aber auch Gemeinschaftsarbeiten mit ihrem späteren Ehemann Karlheinz Stockhausen. Fast zeitgleich fanden sich in den Werken von Stockhausen und Bauermeister Einflüsse des alltäglichen Lebens, genauso wie die Verwendung von Aleatorik. Diese Erweiterung könnte für den streng strukturalistisch arbeitenden Stockhausen als eine Einbeziehung von Mary Bauermeisters offener Arbeitsweise gesehen werden. Auf der anderen Seite begann die Künstlerin zu jener Zeit, ihre Arbeiten genau durchzuplanen, zu komponieren.
Es stellen sich jedoch auch Fragen, ob serielle Techniken und Aleatorik sich überhaupt entsprechen können bzw. ob diese beiden Begriffe, im Eigentlichen etwas völlig Gegenteiliges darstellen?
„Die Musik wurde befreit von Gebilden wie Motiven und Themen. Zum Einheit stiftenden Prinzip emanzipierte sich das Verhältnis der Klänge, die nicht mehr als Tonhöhe, sondern kompakter als eine Zusammensetzung aus Höhe, Dauer, Intensität und Farbe verstanden wurden.“
In einem Text für eine gemeinsame Ausstellung in Amsterdam befasste sich Karlheinz Stockhausen mit Mary Bauermeisters Verhältnissystemen und bediente sich dabei einer musikwissenschaftlichen Sprache. Er betonte dadurch den engen Zusammenhang von Mary Bauermeisters Werken ab 1961 mit musik-avantgardistischen Techniken.
Wie genau verschränkte sie Musik und bildende Kunst? Welchen Einfluss kann dabei Karlheinz Stockhausen eingeräumt werden und inwiefern kann von multimedialen Einflüssen gesprochen werden?
Mary Bauermeister war tief eingebunden in den Bereich der zeitgenössischen Musik – Köln war damals eines der Zentren für zeitgenössische Musik in Europa –, und sie brachte KünstlerInnen aus unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Nam June Paik veranstaltete in ihrem Atelier seine frühen Aktionen, John Cage und David Tudor präsentierten ihre Werke, genauso wie Hans G Helms, Wolf Vostell oder Christo. Weil diese Gruppe später den Namen „Fluxus“ erhalten sollte, kann bei den Veranstaltungen von Mary Bauermeisters Atelier von einer Prä-Fluxus-Gesellschaft gesprochen werden.
Wie können Mary Bauermeisters Werke ab 1961 innerhalb der Kunst positioniert werden? Wo können ihre künstlerischen Vorbilder und Einflüsse festgemacht werden? Einerseits zeigte sich eine Auseinandersetzung mit dem Bauhaus, Marcel Duchamps Ready-mades bis hin zur amerikansichen Pop-Art, doch auch im Bereich der Literatur können wichtige Ansätze gefunden werden, ebenso wie im Theater bzw. der frühen Performance.
Abstract
(Englisch)
The technique of serial composition was used and developed further from the 1950s onward in avant-garde music by Karlheinz Stockhauen. When the composer met the artist Mary Bauermeister in her studio, at the occasion of a contemporary art and music event, in Cologne in the 1960s, their artistic paths should not diverge for a long period of time.
When in 1961 Mary Bauermeister took part in an international Ferienkurs für Neue Musik that was led by Stockhausen, she developed a technique for transferring serial composition to the visual arts. She worked with the compositional strategy of process planning and effectively used it in works of visual art. Bauermeister called her technique “malerische Konzeption“ (painterly concept) – resulting in both individual projects and collaborations with her later husband Stockhausen. Almost simultaneously, the influence of everyday life and the use of aleatorics were found in the works by Karlheinz Stockhausen and Mary Bauermeister at that time. This expansion of the repertoire of the strict structuralist Stockhausen could be seen as the result of the adoption of Bauermeister’s more open working method. But at the same time Mary Bauermeister began to plan her works more carefully – to compose them.
However, the general question of whether serial techniques and aleatorics, which in fact are terms of opposite signification, can actually correspond with each other is still very much unsettled.
Music was liberated from elements like motifs and themes. The relationship between sounds emancipated itself to become a unifying principle, no longer understood as pitch level but – more consolidated – as combination of pitch, frequency, intensity and color.
In a text for a joint exhibition in Amsterdam, Karlheinz Stockhausen was concerned with Mary Bauermeister‘s systems of relationships. By drawing on musicological terminology, he emphasized the close association of Bauermeister’s works from 1961 onward with techniques of avant-garde music.
But how did she connect music and visual art? What was the impact of Karlheinz Stockhausen on her work and to what extent can we talk about multi-media influences?
Mary Bauermeister was deeply involved in the field of contemporary music – Cologne was a European center of contemporary music at that time – and she brought together artists from various disciplines. Nam June Paik did his early performances in her studio, John Cage and David Tudor presented their works there, as did Hans G. Helms, Wolf Vostell and Christo. Due to the fact that this group of artists was later referred to as Fluxus one might see the events in Mary Bauermeister’s studio as activities of a pre-Fluxus society.
How can Bauermeister’s works from 1961 onward be located in artistic movements? What and who were the influences and role models that shaped her work? On the one hand, there is evidence of her preoccupation with Bauhaus principles, Marcel Duchamp’s ready-mades and the American Pop Art movement, but, on the other hand, important approaches from the fields of literature, theater and early performance art are relevant as well.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Mary Bauermeister Karlheinz Stockhausen
Autor*innen
Michaela Geboltsberger
Haupttitel (Deutsch)
Die „malerische Konzeption“ und der Einfluss von Aleatorik im Werk von Mary Bauermeiste - im Kontext zu Karlheinz Stockhausens Kompositionstechnik
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
155 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Werner Kitlitschka
Klassifikation
20 Kunstwissenschaften > 20.89 Kunstgeschichte: Sonstiges
AC Nummer
AC10689947
Utheses ID
22234
Studienkennzahl
UA | 315 | | |