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Der Brief als Maske
Hedwig Dohms Briefromane als versteckte Essays
Sarah Hellwagner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Konstanze Fliedl
DOI
10.25365/thesis.24910
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29198.95166.565270-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Hedwig Dohm (1831 - 1919) ist eine Autorin, die sich in ihren Texten mit den verschiedenen Facetten der Frauenfrage auseinandersetzt. In ihren Essays Was die Pastoren denken (1872), Der Jesuitismus im Hausstande (1873), Die wissenschaftliche Emancipation der Frau (1874), Der Frauen Natur und Recht (1876), Die Antifeministen (1902) und Die Mütter (1903) nimmt sie sich kein Blatt vor den Mund. Sie legt die Vorurteile und Probleme ihrer Zeit offen und scheut nicht davor zurück, renommierten Philosophen und Professoren zu widersprechen und deren frauenfeindliche Aussagen zu widerlegen. Dennoch passt sie sich hinsichtlich der Gattung dem an, was unter „weiblichem Schreiben“ verstanden wird. Die theoretische Entwicklung von der Briefliteratur zur Frauenliteratur zeigt jedoch, dass diese angenommene Zugehörigkeit der Gattung Briefroman zum „weiblichen Schreiben“ auf einer Rollenzuschreibung basiert. Die „Geschlechtscharaktertheorie“ sprach Frauen jene Eigenschaften zu, die in der Empfindsamkeit auch den Briefroman auszeichneten. In einer Zeit, in der Frauen an das Leben im Haus gebunden waren, forderten Gellert und Gottsched sie auf, zu lesen und Briefe zu schreiben. Der bevorzugte „natürliche“ Briefstil sei von Frauen eher auszuführen, da ihre Schreibfähigkeit nur von Emotionen und nicht dem Verstand und der Vernunft gelenkt werde. Da es ihre so gut wie einzige öffentliche Ausdrucksmöglichkeit war, machten sich bürgerliche Frauen nun daran, Briefe zu schreiben und in weiterer Folge auch Briefromane, die im 18. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebten. Der erste deutschsprachige Roman einer Frau war Sophie von La Roches‘ Geschichte des Fräuleins von Sternheim, ein Briefroman. Da die Tendenzen der Literatur sich im 19. Jahrhundert mehr und mehr dem Realismus angenähert haben, spielten die Gefühlsaussprache und der empfindsame Stil keine große Rolle mehr. Die Gefühlsbetontheit und Sensibilität blieb allerdings am Frauenbild haften, weshalb Silvia Bovenschen 1979 den Brief als „Trojanisches Pferd“ erkannte. Durch ihn sei das vorherrschende empfindsame Weiblichkeitsideal gefördert worden. Anita Runge versteht nach der Analyse von Caroline Auguste Fischers Briefromanen, die Gattung nicht als Falle, sondern als Maske. Auch Hedwig Dohm verwendet ihre Briefromane Schicksale einer Seele (1899), Sibilla Dalmar (1896) und Christa Ruland (1902) als Masken. Bei Dohm verstecken diese Masken die Essays.
In der Zeit, in der Dohm ihre ersten Essays veröffentlichte, war es für Frauen nicht einfach, sich politisch zu engagieren. Frauenvereine, die sich für bessere Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten für Frauen einsetzten, waren für Dohm nicht radikal und durchsetzungsfähig genug. Sie erwartete mehr Initiativen und weitreichendere Forderungen. So setzte sie sich auch für das Frauenwahlrecht ein und bekundete, dass nicht die Natur, sondern die gewohnte Tradition und die Erziehung das Frauenbild prägen. Mit ihren Texten möchte Dohm aufrütteln und zum Umdenken und Hinterfragen der bestehenden Zustände aufrufen. Sowohl in den Essays, als auch den Briefromanen bringt sie das zum Ausdruck. Die Destruktion der Meinungen und Vorurteile zu den Themen der Frauenfrage ist Hedwig Dohms Ziel. Die Methoden, die sie dafür einsetzt sind, die Demontage der gegnerischen Vorurteile mittels „Refutatio“, die Verspottung von Klischees durch Ironie und Satire, die Verdeutlichung der Prägung durch „Sitte und Tradition“ mit Bildern und Vergleichen sowie die Fragestellung als Anstoß zur Reflexion. Der Briefroman ist als maskierter Essay zu sehen, da die Kernaussagen und Intentionen gleich sind. Im Essay werden diese Punkte von Anfang an offen angesprochen und radikal in Frage gestellt. Im Briefroman werden die Thesen in eine Entwicklung gesteckt und erzählerisch verpackt. Zum Teil werden die drei „Ichs“ der Briefromane sogar so konkret und deutlich, wie Dohm in ihren Essays und es zeigen sich auch die gleichen rhetorischen Mittel. In dieser Hinsicht kann der Briefroman bei Hedwig Dohm als versteckter Essay gelten.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Hedwig Dohm Briefromane Essays Frauenbewegung Frauenliteratur Brief
Autor*innen
Sarah Hellwagner
Haupttitel (Deutsch)
Der Brief als Maske
Hauptuntertitel (Deutsch)
Hedwig Dohms Briefromane als versteckte Essays
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
103 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Konstanze Fliedl
AC Nummer
AC10691042
Utheses ID
22272
Studienkennzahl
UA | 332 | | |