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Die Macht der Chronisten
Berichte über Tod und Reputation englischer Könige im Mittelalter
Ingeborg Lechner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Georg Scheibelreiter
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.2598
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30053.39821.656563-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Das Thema der vorliegenden Arbeit erhob sich während einer langen und langweiligen Straßenbahnfahrt an einem nieseligen Tag in Wien, an dem nicht einmal das mitgeführte Buch interessant erschien: wie starben Englands Könige und wie wurde von diesem Tod berichtet durch welchen mittelalterlichen Historiographen. Der Durchgang der Königsliste von Harald II. bis Richard III. ergab schnell, daß ein Schlachtentod eines englischen Königs eine wirkliche Rarität darstellte, nur die als Klammer gewählten Könige kamen im Kampfgetümmel ums Leben. Zwei der drei Normannenkönige und Stephan von Blois starben im Bett, Heinrich I. an den berühmten Neunaugen, die sein Körper nicht vertrug, der vierte, Wilhelm II. erlag einem Pfeilschuß auf der Jagd im Neuen Forst. Drei von 13 Königen aus der Familie der Plantagenets wurden ermordet (Eduard II., Richard II. und Heinrich VI.), Eduard II. wurden die Eingeweide mit einem Lötkolben ausgebrannt. Richard I. fiel seinem Leichtsinn zum Opfer, da er es ablehnte, auf dem Inspektion um die Burg von Chaluz seine Rüstung anzulegen. Alle anderen starben, friedlich oder weniger so, betrauert oder verachtet, in ihren Betten, Johann an Pfirsichen, die er mit Most hinunterspülte, oder an Gift, je nachdem, welche Geschichte glaubwürdiger klingt. Eduard I. befahl NICHT, das Fleisch von seinen Knochen zu kochen und das Skelett vor dem Heer einherzutragen bis Schottland unterworfen wäre, diese Geschichte erzählt erst Froissart im 15. Jahrhundert. Außerdem wäre die letzte Ruhe Eduards I. nachhaltig gestört durch Parlament und weitgehende Autonomie, die Schottland heute genießt! Die Auswahl der editierten Originalquellen mußte auf den Bücherschatz beschränkt werden, den die Universitätsbibliothek Wien beziehungsweise einige Fachbibliotheken hüten. Überraschenderweise sind Quellen für das 12. und das 13. Jahrhundert reichlich vorhanden, während ab dem 14. Jahrhundert eine gewisse Knappheit eintritt. Auf die Behandlung von Königen aus dem 15. Jahrhundert mußte verzichtet werden, da die Quellen etwas spärlich fließen beziehungsweise Rahmen und Umfang der Arbeit zu groß geworden wäre. Die Liste der behandelten Könige konnte mit Eduard II. limitiert werden, da unter den elf gekrönten Herren alle Todesarten englischer Könige vorkamen. Im Endeffekt wurde eine Auswahl von 21 editierten Originalquellen aus den Jahrhunderten 11 bis 14 getroffen und die brauchbare Information daraus "geplündert": Originalzitate der Todesmeldungen über den König, Vorzeichen und Träume vom herannahenden Lebensende des Monarchen. Die Mönchshistoriker verfaßten oft grausame Geschichten, um ihre Leser zu unterhalten und zu belehren, ihnen zu predigen oder Moralvorstellungen vorzuhalten, die in modernen Augen so sonderbar erscheinen und das Durchhaltevermögen des Historikers auf eine harte Probe stellen. Allzu oft träumten Könige Visionen, die einem den Magen umdrehen, starben an gangränegeschwollenen Wunden oder ekligen Krankheiten, die Leiche stank, mußte ausgeweidet werden und sonderte trotzdem giftige Flüssigkeit ab, die die Ehrenwache ums Leben brachte, oder blutete aus der Nase, wenn eine gewisse Person sich der Bahre näherte. Richard I. war auf einen verräterischen Landstrich wütend genug, um den Bewohnern bloß seinen Kot zu hinterlassen, aber sein Löwenherz ruht in Rouen. Zumindest ein Sarkophag war zu kurz, der Leichnam mußte gefaltet werden und platzte, die Trauergemeinde in die Flucht treibend! Die Arbeit beginnt mit kurzen Betrachtungen über das Konzept des Guten oder Schlechten Todes im Mittelalter. Allerdings erhoben sich Nebenfragen wie einige Aspekte des Königtums, zum Beispiel, wie man den König als solchen erkennt, ein Abriß über die Königskrönung, Heirat, Regierungsstil, die Rolle der Königin im Leben ihres Gatten und bei Hof, Grablege, sonderbare Vorkommnisse beim Begräbnis und erforderten ein eigenes Kapitel. Es wurde danach gestrebt, für all die okkulten Vorkommnisse und Phänomene eine natürliche Erklärung zu finden, sogar für die Blutquelle und die selbstmörderischen Fische. Ein Werk über die Englische Geschichte im 12. Jahrhundert wäre unvollständig ohne Kommentare über die Magna Carta und die Anfänge des Parlamentarismus. Das Leben des Königs bestimmte natürlich die Berichte über seinen Tod, daher wurden für jeden König biographische Skizzen verfaßt, um das Bild abzurunden, dafür wurden allerdings moderne Biographien und/oder die Serie der "Oxford History of England" herangezogen. Für jeden toten König wurden die ausgewählten Originalzitate den Quellen entnommen und aus dem Lateinischen - unter Verwendung vorhandener englischer Übersetzungen als Anhalt - übersetzt. Nach den Übersetzungen stehen die Kommentare der Autorin der Arbeit über die Art, wie vom Tod des Königs berichtet wurde, die Einstellung des Historiographen zu ihm, die Länge oder Kürze des Berichts und sein Stil beziehungsweise "Leihen" des mittelalterlichen Historiographen bei seinen Kollegen. Als einzige Nicht-Pergament-Quelle scheint der einzigartige Bayeux-Teppich mit der Beschreibung von Haralds II. Todesszenario auf. Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit den Quellen. Wenn möglich, wurde ein kurzer Lebenslauf des Verfassers der Quelle hinzugefügt, und jede Quelle wurde, unter Verwendung des Einleitungskapitels der jeweiligen Editoren als Grundlage herangezogen, und Antonia Gransdens Werk als Ergänzung hinzugenommen. Diese Kapitel spiegeln vor allem die Ansichten der Editoren. Die Information über viele Historiographen des Mittelalters ist sehr spärlich, Elternhaus, Zivilname und Leben vor dem Klostereintritt sind sehr selten bekannt, da es die meisten verschmähten, darüber zu schreiben. Eine große Hilfe stellte das Internet dar, das drei Raritäten in Form von ganzen Werken lieferte, darunter eine Reimchronik Schottlands, die verwendet wurde, um den schottischen Standpunkt zu drei ausgewählten Königen zu vertreten, wie Johann und die beiden Eduards. Bei der Übersetzung der Abschnitte für Johann und Eduard I. strebte die Autorin der vorliegenden Arbeit nach Beibehaltung der Metrik und des Tones; dies wurde aus Pietätsgründen bei Eduard II. unterlassen. Die vorliegende Arbeit wurde erschöpfend annotiert, um allen Quellen die geforderte Anerkennung zuteilwerden zu lassen. Auf Bebilderung wurde verzichtet, da sie als Ablenkung vom Text empfunden wurden. Im Zuge der Verfassung der Arbeit wurden so viele verwandte Gebiete wie möglich kurz oder ausführlich berührt, um das gewichtige "Brot" der grundlegenden Geschichte und den brütenden Schatten der Berichte lang zurückliegenden Todes zu erhellen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Mittelalter England Könige Tod Reputation Chronisten
Autor*innen
Ingeborg Lechner
Haupttitel (Deutsch)
Die Macht der Chronisten
Hauptuntertitel (Deutsch)
Berichte über Tod und Reputation englischer Könige im Mittelalter
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
X, 328 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Georg Scheibelreiter
Klassifikation
15 Geschichte > 15.64 Großbritannien, Irland
AC Nummer
AC07095481
Utheses ID
2235
Studienkennzahl
UA | 312 | 295 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1