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Belastungs-Beanspruchungs-Profil der Wiener Berufsfeuerwehr
Erhebung leistungsdiagnostischer Kenngrößen unter Belastung durch Atemschutzausrüstung
Lukas Küster
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport
Betreuer*in
Wolfgang Marktl
DOI
10.25365/thesis.25099
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29505.64600.736253-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Einleitung:
Feuerwehrleute, insbesondere Atemschutzträger, sind in ihrer Arbeit regelmäßig diversen Gefahren und besonderen Anforderungen ausgesetzt. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der individuellen physischen Leistungsfähigkeit sind grundlegend für das professionelle und sichere Agieren im Feuerwehreinsatz. Auf der Basis von wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen können in dieser Berufsgruppe spezielle Handlungsfelder identifiziert werden, die eine nachhaltige Verbesserung des Gesundheitszustandes sowie der Leistungsfähigkeit von Feuerwehrleuten ermöglichen. Dafür ist die Leistungsdiagnostik als objektives Messinstrument bestens geeignet und stellt ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der inneren Beanspruchung auf äußere Belastungen dar.
Ziel und Fragestellung:
Ziel der Untersuchung war die Bestimmung des Belastungs-Beanspruchungs-Profils von Berufsfeuerwehrmännern unter anforderungsspezifischen Bedingungen im Labor. Dabei sollten folgende Annahmen einer Überprüfung unterzogen werden:
Leistungseinschränkungshypothese: Die kardiopulmonale und metabolisch-muskuläre Leistungsfähigkeit eines Berufsfeuerwehrmannes wird durch die Atemschutzausrüstung in mehrdimensionalen Testserien unter Laborbedingungen eingeschränkt. Eine zentrale Kenngröße in der Beurteilung von leistungsdiagnostischen Daten stellt die Laktatkonzentration unter Belastung dar. Laktatkurven verlaufen in Abhängigkeit zur Leistungsfähigkeit für jeden individuellen Probanden exponentiell.
Kurvenanpassungshypothese: Bestimmt man den durchschnittlichen Verlauf von exponentiell verlaufenden individuellen Laktatkurven in einer Gruppe von Probanden (z.B. mit Hilfe eines statistischen Kurvenanpassungsverfahrens), so bleibt der exponentielle Charakter der durchschnittlichen Laktatkurve nicht erhalten. Der wichtigste Grund dafür besteht darin, dass weniger leistungsfähige Probanden bei hohen Laktatendwerten auf einer niedrigen Leistungsstufe abbrechen. Um möglichst genaue Schätzungen bzw. Bestimmungen von Standardwerten der Leistungsfähigkeit an der aeroben und anaeroben Schwelle durchführen zu können, sind möglichst homogene Verläufe der Laktatkurven mit möglichst homogener Verteilungsstruktur wünschenswert. Es soll in dieser Arbeit gezeigt werden, dass diese Homogenität durch ein entsprechendes Korrekturverfahren erreicht werden kann.
Abbruchhypothese: Vorzeitig abbrechende Probanden mit geringer Leistungsfähigkeit tendieren unter Atemschutzbelastung zu einem geringeren Leistungsabfall als leistungsfähige Probanden. Die durch theoretische Überlegungen unter Anwendung mathematischer Grundsätze getätigten Annahmen werden nach Auswertung der Daten bestätigt.
Methoden:
Für jeden einzelnen Berufsfeuerwehrmann wurden leistungsdiagnostische und biochemische Kenngrößen zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit erhoben, sowie Untersuchungen zur Beurteilung der Koordination (Gleichgewichtsfähigkeit) sowohl in Sportkleidung (Test 1) als auch unter Atemschutzbelastung (Test 2) durchgeführt.
37 Berufsfeuerwehrmänner (38,1 (± 7,0) Jahre, 180,5 (± 6,6) cm, 85,2 (± 10,5) kg) absolvierten sportmedizinische Fahrradergometrien mit Laktatmessung sowie Untersuchungen mittels MFT S3 Check jeweils mit und ohne Atemschutzausrüstung. Weiters wurde ein Transformationsalgorithmus der Fahrradergometrieprotokolle WHO 50 und 40/40/4 entwickelt, der die Maximalleistung in Prozent im 40/40/4 Protokoll angibt.
Ergebnisse:
Beim Vergleich der absoluten Leistung (Fahrradergometrie) kommt es unter Atemschutzbelastung zu einer signifikanten Reduktion der Leistungsfähigkeit sowohl an der aeroben (AS) als auch an der anaeroben Schwelle (ANS), sowie beim Leistungsmaximum (MAX). AS: Perzentil 25 von 1,0 auf 0,8 Watt/kg, Median jeweils 1,3 Watt/kg, Perzentil 75 von 2,0 auf 1,7 Watt/kg (p < 0,001). ANS: Perzentil 25 von 1,7 auf 1,5 Watt/kg, Median jeweils 2,0 Watt/kg, Perzentil 75 von 2,7 auf 2,5 Watt/kg (p < 0,001). MAX: Perzentil 25 von 2,6 auf 2,3 Watt/kg, Median von 3,0 auf 2,7 Watt/kg, Perzentil 75 von 3,4 auf 3,2 Watt/kg (p < 0,001). Der prozentuelle Überschuss der Maximalleistung auf der Basis des Transformationsalgorithmus zeigt eine signifikante Reduktion am Median um 12,6% von 133,9% auf 121,3% (p < 0,001). Die Ergebnisse des MFT S3 Check zeigen sowohl für die Sensomotorik [%] als auch für die Stabilität [%] (links/rechts) eine signifikanten Unterschied. Sensomotorik [%]: Perzentil 25 von 120% auf 109%, Median von 139% auf 116%, Perzentil 75 von 155 auf 136,5% (p < 0,001). Stabilität [%]: Perzentil 25 von 93% auf 85%, Median von 109% auf 98%, Perzentil 75 von 133% auf 116% (p = 0,001). Sowohl für das Symmetrieverhältnis (links/rechts) als auch für die Messungen in der Frontalebene (vor/zurück) können keine signifikanten Unterschiede ermittelt werden.
Schlussfolgerung:
Die Atemschutzausrüstung schränkt sowohl die kardiopulmonale und metabolisch-muskuläre Leistungsfähigkeit als auch das Gleichgewichtsverhalten signifikant ein. Die Exponentialfunktion eignet sich nach Anwendung eines Korrekturverfahrens zur Schätzung des durchschnittlichen Laktatanstiegs (nach einer Fahrradergometrie mit Stufenprotokoll) für eine beliebige Gruppe von Probanden. Vergleicht man die Fahrradergometrie mit Atemschutzausrüstung mit jener ohne Atemschutz, so kann der Gebrauch des Atemschutzgerätes als schlechtere, das Fehlen des Atemschutzes als bessere Bedingung interpretiert werden. Aus sportmedizinischer und -wissenschaftlicher Sicht zeigt die Gültigkeit der Abbruchhypothese, dass Probanden mit geringer Leistungsfähigkeit weniger von guten Bedingungen (fehlender Atemschutz) profitieren als Leistungsfähige.
Die verpflichtende Gesundheitsüberwachung (GSÜ) für Feuerwehrleute stellt die gesetzliche Grundlage zur Erfassung des Gesundheitszustands dar. In diesem Arbeitsfeld könnte die sportmedizinische und sportwissenschaftliche Leistungsdiagnostik ein zentrales Instrument zur Leistungsoptimierung darstellen, da sie mittels differenzierter diagnostischer Messverfahren Informationen zur aktuellen körperlichen Leistungsfähigkeit der Einsatzkräfte liefert.
Abstract
(Englisch)
Introduction:
In their work, fire fighters – particularly those wearing a self-contained breathing apparatus (SCBA) – are routinely exposed to various forms of stress and hazards and specific physical challenges. Maintaining and improving individual physical capacity is essential for professional and safe performance on duty. In this group of professionals, specific areas of performance can be identified; and based on scientific findings, physical fitness and well-being of fire fighters may be sustainably enhanced and improved. As an objective instrument of measurement, capacity diagnostics, is an important tool perfectly suited to evaluate internal stress response to external challenges.
Aim and research questions:
The aim of this investigation is the identification of a stress profile for professional fire fighters under performance-related laboratory conditions based on the following assump-tions:
Hypothesis of performance restriction: The cardiorespiratory and metabolic muscular capacity of professional fire fighters is restricted by their wearing a SCBA in multi-dimensional test series under laboratory conditions.
One core criteria in the evaluation of capacity diagnostic data is the lactate concentration under stress conditions. Lactate curves in each of the test persons are related to their physical capacity, showing an exponential trend curve.
Curve adaptation hypothesis: If average trend of individual lactate curves with exponen-tial trends are being determined within a group of probands (e.g., with the help of proce-dures of statistical curve adaptation), the exponential trend is not sustained. The most important reason for this lies in the fact that test persons with insufficient capacity and higher end levels of lactate drop out at an earlier stage of performance. In order to carry out, estimate and determine standard results of physical capacity at the aerobic and an-aerobic thresholds as exactly as possible, preferably homogeneous trends in lactate curves are desirable in combination with a preferably homogeneous distribution pattern. In this work, it will be demonstrated that this homogeneity can be attained by applying ade-quate procedures of adjustment.
The termination hypothesis states: Test persons with limited physical capacity tend to show less of a capacity decrease than those with stronger capacity. Assumptions made on the basis of theoretical considerations and by applying mathematical algorithms have been confirmed by the data obtained in the tests.
Methods:
For each individual professional fire fighter, capacity diagnostic and biochemical criteria for determining physical capacity have been gathered. Furthermore investigations into the assessment of coordination (balance capacity) both while wearing sports gear (Test 1) as well as breathing apparatus (Test 2) have been carried out.
37 professional fire fighters (38,1 (± 7,0) years, 180,5 (± 6,6) cm, 85,2 (± 10,5) kg) passed sports medicinal bicycle ergometries with lactate measurements as well as tests using MFT S3 Check. Furthermore, a transformation algorithm of bicycle ergometry protocols WHO 50 an 40/40/4 has been developed, which indicates maximum capacity in 40/40/4 percentages.
Results:
In comparing absolute physical capacity (bicycle ergometry) under conditions of wearing a SCBA a significant reduction of physical capacity is evident on both the aerobic (AT) and anaerobic thresholds (ANT), as well as regarding physical capacity maximum (MAX). AT: Percentile 25 of 1,0 to 0,8 watt/kg, median 1,3 watt/kg each, percentile 75 from 2,0 to 1,7/kg (p < 0,001). ANT: Percentile 25 from 1,7 to 1,5 watt/kg, median 2,0 Watt/kg each, percentile 75 from 2,7 to 2,5 Watt/kg (p < 0,001). MAX: Percentile 25 from 2,6 to 2,3 Watt/kg, median from 3,0 to 2,7 Watt/kg, percentile 75 from 3,4 to 3,2 Watt/kg (p < 0,001). Excess in the percentage of maximum capacity on the basis of transformational algo-rithms shows a significant reduction at median of 12,6% from 133,9% to 121,3% (p < 0,001). Results of the MFT S3 Check show significant differences for sensomo-torics [%] as well as for stability [%] (left/right). Sensomotoric [%]: Percentile 25 of 120% to 109%, median of 139% to 116%, percentile 75 of 155% to 136,5% (p < 0,001). Stabil-ity [%]: Percentile 25 of 93% to 85%, median of 109% to 98%, percentile 75 of 133% to 116% (p = 0,001). For both symmetry relations (left/right) and measurements at frontal level no significant differences can be established.
Conclusion:
Use of the SCBA significantly restricts both cardiorespiratory and metabolic muscular physical capacity as well as balance performance. After an application of adaptation pro-cedures, the exponential function serves to estimate average increases in lactate (i.e., following a bicycle ergometry combined with a step protocol) for a random group of pro-bands. By comparing bicycle ergometry with and without SCBA, the use of breathing ap-paratus can be interpreted as unfavourable, while the lack of breathing apparatus pro-duces favourable conditions. From a sports medicine and sports science point of view, the validity of the termination hypothesis has been established, confirming that test persons with lower physical capacity profit less from favourable conditions (i.e., lacking breathing apparatus) than those with stronger physical capacities.
Obligatory health control for professional fire fighters provides the legal basis for the as-sessment of their health status. In this field, sports medicine and sports science based physical capacity diagnostics provide an essential tool for capacity optimization because they provide information about actual physical capacities of fire fighters based on differen-tiated diagnostic measurement procedure.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
professional fire fighter self-contained breathing apparatus SCBA physical capacity capacity diagnostics lactate ergometry MFT S3 Check health control
Schlagwörter
(Deutsch)
Berufsfeuerwehr Ergometrie Laktat Gesundheitsüberwachung Leistungsfähigkeit MFT S3 Check Atemschutz Leistungsdiagnostik Belastung-Beanspruchung Koordination
Autor*innen
Lukas Küster
Haupttitel (Deutsch)
Belastungs-Beanspruchungs-Profil der Wiener Berufsfeuerwehr
Hauptuntertitel (Deutsch)
Erhebung leistungsdiagnostischer Kenngrößen unter Belastung durch Atemschutzausrüstung
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
111 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Wolfgang Marktl ,
Veronika Fialka-Moser
AC Nummer
AC10721788
Utheses ID
22430
Studienkennzahl
UA | 091 | 481 | |