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Mehrsprachigkeit im römischen Südosteuropa
eine soziolinguistische Analyse der Sprachwahl in der westpontischen Stadt Histria
Adrian High
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Fritz Mitthof
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.25393
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30498.86611.454666-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Wie mit der vorliegenden Diplomarbeit veranschaulicht wird, erweist sich ein Brückenschlag zwischen Soziolinguistik und Altertumswissenschaft im Hinblick auf antike Mehrsprachigkeitsphänomene als besonders erkenntnisreich. Eine Beantwortung der soziolinguistischen Frage „Wer kommuniziert wann mit wem in welcher Sprache und warum?“ erscheint trotz der Lückenhaftigkeit der dokumentarischen Evidenz möglich, wenn die zu studierende Sprechgemeinschaft mit der gebotenen Vorsicht gewählt und die methodische Vorgehensweise an die Besonderheiten inschriftlichen Quellenma-terials aus der griechisch-römischen Antike angepasst wird. Die epigraphische Evidenz aus dem westpontischen Histria der römischen Zeit wurde als geeigneter empirischer Rahmen erkannt, um eine Analysemethode auszuarbeiten, die zur Klärung der oben erwähnten Leitfrage mit Bezug auf antike Kontexte dienen kann. Die Mehrsprachigkeit dieser Gemeinschaft ist durch die Koexistenz griechischer (137), lateinischer (93) und zweisprachiger (12) Dokumente eindeutig belegt. Nicht ganz unbegründet erscheint außerdem vor dem Hintergrund des onomastischen Materials die Vermutung, dass in diesem Bereich bis in römische Zeit hinein indigene Idiome, wie das Thrakische und Dako-Mösische, in Gebrauch waren. Da jedoch keine direkten Zeugnisse dieser Sprachen erhalten geblieben sind, muss jede Einschätzung ihrer Rolle im sprachlichen Gefüge der Gemeinschaft als fadenscheinig bewertet werden. Zwei verschiedene Betrachtungsebenen müssen bei der Erforschung der Sprachwahl in multilingualen Sprechgemeinschaften berücksichtigt werden. Einerseits gilt es nämlich, die Frage zu beantworten, ob es kollektiv gesehen Muster bei der Wahl des linguistischen Codes gab. Andererseits besteht die Aufgabe des Forschers darin, erwartungswidriges Sprachwahlverhalten vor dem Hintergrund individueller Zielsetzungen des Inschriftenaufstellers hinsichtlich Selbstdarstellung und Identitätskonstruktion zu erklären. Die Untersuchung der 242 histrianischen Inschriften aus dem 2. und 3. Jh. n. Chr. stellt eine erste empirische Anwendung des vorgeschlagenen zweistufigen Analysemodells dar. Als wesentliches Resultat dieser Abhandlung ist die Schaffung eines methodischen Rahmens für die soziolinguistische Konzeptualisierung multilingualer Sprechgemeinschaften der Antike und die Abwicklung einer ersten empirischen An-wendungsphase zu betrachten. In Zukunft wäre zusätzlich zu einer weiteren Verfeinerung der methodischen Vorgehensweise eine Ausweitung der Analyse auf andere Sprechgemeinschaften wünschenswert. Durch eine komparative Untersuchung mehrerer urbaner Zentren auf dieser Grundlage wären zweifellos beträchtliche Fortschritte im Hinblick auf die Erforschung antiker Mehrsprachigkeitsphänomene zu erzielen.
Abstract
(Englisch)
It has become increasingly clear in recent years that theories and concepts drawn from sociolinguistics hold promise as an insightful avenue for the examination of multilingualism in the Graeco-Roman worlds. An overarching concern of sociolinguists is epitomized by a question that Joshua A. Fishman formulated as the title of a scholarly article: “Who speaks what language to whom and when?” (La Linguistique 1, 1965, 67-88). Despite the patent shortcomings of their sources, researchers of the ancient world may plausibly attempt to answer this question. It must be kept in mind, however, that such an endeavor requires considerable caution when selecting a speech community for investigation and also entails some adaptation of the methodology to the particularities of documentary evidence. The epigraphic record from second- and third-century Histria, a city located along the western rim of the Black Sea, meets all the specifications needed to serve as a case study for the development of an analytical framework concerned with multilingualism. The array of contemporary Greek (137), Latin (93), and bilingual (12) documents amply testifies to the multilingual character of this environment. As the onomastic material furthermore seems to indicate, it would be unwise to categorically discount the possibility that indigenous vernaculars such as Thracian or Daco-Mysian continued to be spoken in this area. However, the complete absence of direct evidence makes it impossible to speculate how they might have entered the linguistic equation of the speech community. The approach set out here derives its explanatory force from two interconnected levels of inquiry. First of all, it involves uncovering the societal patterns of language choice that can be extrapolated from the mass of data as a whole. Secondly, it focuses on providing a reasoned account of individual cases of counterintuitive language choice by foregrounding the user’s desire to deliberately negotiate his/her identity in a diverse environment. A main result of this study was the construction of an analytical framework in support of a sociolinguistic conceptualization of multilingual speech communities in antiquity. An empirical test using epigraphic material from Histria conclusively demonstrated the usefulness of such an approach. Further advances are to be expected by fine-tuning the two-pronged research strategy described here and by widening the scope of investigation to include a range of other multilingual communities, which would provide us with a comparative perception of the phenomenon.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Dobrudja Domains Epigraphy Histria Multilingualism Sociolinguistics Language Choice Speech Community Southeast Europe Bilingualism
Schlagwörter
(Deutsch)
Dobrudscha Domänen Epigraphik Histria Mehrsprachigkeit Soziolinguistik Sprachwahl Sprechgemeinschaft Südosteuropa Zweisprachigkeit
Autor*innen
Adrian High
Haupttitel (Deutsch)
Mehrsprachigkeit im römischen Südosteuropa
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine soziolinguistische Analyse der Sprachwahl in der westpontischen Stadt Histria
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
165 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Fritz Mitthof
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.14 Diplomatik, Epigraphik ,
15 Geschichte > 15.28 Römisches Reich ,
15 Geschichte > 15.71 Osteuropa ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.20 Soziolinguistik: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.23 Mehrsprachigkeit ,
71 Soziologie > 71.11 Gesellschaft
AC Nummer
AC10787208
Utheses ID
22672
Studienkennzahl
UA | 310 | | |
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