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Kriegskritik und Kriegskomparation in der tschechischen Literatur der Zwischenkriegszeit
Veronika Binarova
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Jiří Holý
DOI
10.25365/thesis.25654
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29802.13856.409870-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Deutsches Abstract
Der Anstoß zu dieser vorliegenden Forschungsarbeit gab eine Arbeit über die Gesellschaftskritik in Jan Nerudas Povídky malostranské, die in Prag im Wintersemester 2009 im Rahmen der Lehrveranstaltung Czech short stories verfasst wurde. Das Thema der Kriegskritik und der Kriegskomparation in der tschechischen Literatur der Zwischenkriegszeit entstand dabei aus dem allgemein gehaltenen Forschungsgegenstand der Gesellschaftskritik in der tschechischen Literatur. Die zur Untersuchung herangezogenen Autoren wurden zuerst anhand ihrer Schaffensphase aus dem Buch Slovník českých spisovatelů bestimmt. Danach wurden die Werke, welche den 1. Weltkrieg in irgendeiner Weise behandeln und ihre Erscheinungsjahre genauer begutachtet. Autoren wie beispielsweise Richard Weiner, Jaroslav Hašek und Jaroslav Kratochvíl wurden dabei außer Acht gelassen, da es aufgrund der großen Anzahl an Schriftstellern nicht möglich war, sie alle für die Ausarbeitung des zugrundeliegenden Forschungsthemas zu heranzuziehen. Da versucht wurde eine möglichst breite Spanne an Prosa – Kurzgeschichten, Romane, Novellen usw. – in Kontrast zu bringen und es ferner auch einige Abhandlungen über die Werke der zuvor erwähnten Autoren gibt, wurden eben diese nicht weiter behandelt. Wichtig bei der getroffenen Auswahl der Primärliteratur, war die Thematisierung irgendeiner Art des 1. Weltkrieges. Die Literaten mussten den Krieg nicht direkt kritisieren, es reichte vollkommen aus, wenn dieser überhaupt Erwähnung fand. Zur weiteren Begutachtung wurde die in der Komparatistik häufig zur Anwendung kommende literaturwissenschaftliche Methode der Thematologie verwendet. Dabei war das eigentliche Hauptthema der Werke von zweitrangiger Bedeutung, da ausschließlich der Stoff des 1.Weltkrieges und die darin verarbeiteten Motive herausgefiltert werden sollten. Inhaltsanalysen, Interpretationen von Protagonisten, ihre Positionierung zum Krieg als auch Textinterpretationen dienten ferner als Hilfsmittel zur Ausarbeitung bezüglich der Themenstellung. Es wurde weiters versucht die erarbeiteten Motive in möglichst kompakte und sich entsprechende Themenkapitel zu ordnen, die zu jedem Autor gesondert angeführt wurden. Das angestrebte Ziel dieser Arbeit war es, in einem Kapitel die in den Werken vorgefundenen Motive zu vergleichen, um mögliche Differenzen oder gar Parallelen aufzuzeigen.
Zur Untermauerung der Motive werden Textpassagen, die nicht zwingend kritischen Äußerung entsprechen müssen, da eine Thematisierung des Krieges ausreichend ist, angeführt, wobei diese nicht unbedingt kritische Äußerungen wiedergeben müssen.
Dank der durchgeführten Komparation der einzelnen Motive, wurde festgestellt, dass viele Themenpunkte einander entsprechen und anhand derer die in dieser Forschungsarbeit behandelten Autoren idente Standpunkte scheinbar eingenommen haben. Das Kapitel über die Kritik an der Obrigkeit stellt ein gutes Beispiel dafür dar, da während der Komparation hervorging, dass viele der Schriftsteller bemerkenswerter Weise der Bevölkerung eine Teilschuld oder gar eine Schuld am Kriegsausbruch oder an der langen Kriegsdauer gaben.
Überraschend war ebenfalls die gewählte Ausdrucksform der Literaten Bednář und Poláček, die beide wörtlich den Krieg als Galeere bezeichneten. Eine mögliche Erklärung wäre der Zufall oder die Vertrautheit Poláčeks (Podzemní město 1937) mit Bednářs Werk Červená země 1928. Poláček könnte diesen Ausdruck möglicherweise unbewusst von Bednář übernommen haben.
Im Kapitel des gesellschaftlichen Antagonismus kam – nicht besonders überraschend – zum Vorschein, dass dieser auf den bereits vor Kriegsausbruch bestehenden Gesellschaftsnormen beruht. Bringt man den historisch-politischen Hintergrund Böhmen und Mährens in Kontext zu dem thematisierten gesellschaftlichen Antagonismus, war es weiters ebenfalls nicht erstaunlich, dass das österreichische Volk als Antagonist dargestellt wurde.
Unvorhersehbar und erstaunlich war allerdings die Darstellung der deutschen Ethnie im Allgemeinen – der Österreicher, Deutschen und deutschen Tschechen – durch tschechische Literaten als homogene Masse eines einzelnen zusammengehörenden Volkes, ungeachtet ihrer Unterschiede. Hervorstechend war ebenfalls die Positionierung der Ungarn innerhalb der Werke, die oftmals als Handlanger der Donaumonarchie charakterisiert wurden.
Innerhalb der zur Untersuchung herangezogenen Bücher wurde durch die genaue Ausarbeitung des Motivs des wirtschaftlichen Aspektes eine breite Spanne an ökonomischer Kriegskritik, wie Wucher, Veruntreuung, eine marode Ausrüstung der Soldaten als auch ein wirtschaftlicher Verfall des Landes erfasst.
Unerwartet war weiters der unbeträchtliche Anteil an einer Kritik der militärischen Sanität. Die gesundheitliche Versorgung wurde von vielen der angeführten Autoren als literarisches Mittel zur Verstärkung anderer Missstände am Rande erwähnt.
Wie bereits in dieser Forschungsarbeit Erwähnung gefunden hat, scheinen viele der behandelten Literaten ihre Werke mit der Absicht einer grundlegenden Gesellschaftskritik verfasst zu haben – wie zum Beispiel Benšová, Klička, Poláček und Vančura – wodurch es weiters nicht erstaunlich ist, dass sie sich auch mit analogen Themenbereichen auseinandergesetzt haben und diese ebenfalls in ihren Werken angeführt wurden. Als einziger Autor scheint dabei Jan Weiss mit seinen Kurzgeschichten in Barák smrti aus der Reihe zu fallen, da er sich primär mit den Missständen in den russischen Kriegsgefangenenlagern beschäftigt hat.
Wie anhand der in dieser Arbeit angeführten Kapitel hervorgeht, wurden deutlich mehr Parallelen während der Ausarbeitung des Themas gefunden, als Gegensätzlichkeiten.
Ein mögliches Forschungsgebiet für zukünftige wissenschaftliche Projekte, wäre einerseits die Ergänzung dieser Arbeit, durch die fehlenden Autoren und andererseits eine Fortsetzung dieser Analyse der tschechischen Literatur für Werke, die nach dem 2. Weltkrieg verfasst wurden und diesen thematisiert haben. In weiterer Folge wäre eine Komparation der beiden Ergebnisse gut denkbar. Es wäre möglich, dass es zum Beispiel hinsichtlich der Meinung und Wahrnehmung einzelner Ethnien zu einer Verschiebung kommt oder diese gleich bleibt, wenn nicht gar verstärkt.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Criticism on war and war comparison
Schlagwörter
(Deutsch)
Kriegskritik und Kriegskomparation
Autor*innen
Veronika Binarova
Haupttitel (Deutsch)
Kriegskritik und Kriegskomparation in der tschechischen Literatur der Zwischenkriegszeit
Paralleltitel (Englisch)
Criticism on war and war comparison in Czech literature in the interwar period
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
147 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Jiří Holý
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.96 Vergleichende Literaturwissenschaft: Sonstiges
AC Nummer
AC10721047
Utheses ID
22905
Studienkennzahl
UA | 243 | 370 | |
