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Gefängnisliteratur
Bettina Schieraus
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Norbert Bachleitner
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.26125
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30157.65147.345861-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Arbeit mit dem weit gefassten Titel „Gefängnisliteratur“ beschäftigt sich mit dem Thema der Literaturproduktion in der totalen Institution Gefängnis. Als theoretische Grundlage dienen Michel Foucaults Werke „Überwachen und Strafen“ sowie „Mikrophysik der Macht“. Foucault geht grundlegend davon aus, dass Gefängnisinsassen der institutionalisierten Macht auf eine Weise ausgesetzt sind, die ihren Diskurs direkt beeinflusst. Daraus lässt sich folgern, dass bei einer Analyse von Literatur, die im Gefängnis entstanden ist, die Institution stets mitgedacht werden muss. Als Methode der Textanalyse wird naheliegender Weise die von Michel Foucault geprägte Diskursanalyse herangezogen. Ergänzend zu Foucault wird Erving Goffmans Abhandlung „Asyle“ berücksichtigt, in der die Mechanismen von totalen Institutionen ebenfalls untersucht werden und den Gefangenen eine Möglichkeit zugesprochen wird, diese zu umgehen, oder, nach Goffmans Terminologie, zu ‚unterleben‘. Die Institution Gefängnis ist jedoch nicht nur als theoretisches Konstrukt zu verstehen sondern muss unter Berücksichtigung einer Entwicklung, die sie seit ihrem Entstehen an der Wende zum 18. Jahrhundert durchgemacht hat, sowie unter Miteinbeziehung nationaler Unterschiede gesehen werden. Auf der Basis von zwei bereits vorliegenden umfangreichen theoretischen Werken zur Gefängnisliteratur in Deutschland, einerseits Sigrid Weigels „Und selbst im Kerker frei …!“, andererseits „Schreiben, um zu überleben“ von Nicola Keßler, untersucht die vorliegende Arbeit deshalb anhand eines Vergleichs deutscher Gefangenentexte mit Werken aus den USA, ob die allgemeine Gültigkeit der These, dass die Machteinflüsse der totalen Institution aus den diskursiven Handlungen ihrer Insassen stets herauszulesen sind, bestätigt werden kann. Außerdem geht es um die Frage, inwieweit durch die länderspezifische Entwicklung und aktuelle Situation der Institution Gefängnis in beiden Ländern in der nationalen Gefangenenliteratur Unterschiede entstehen. Als weiterer Punkt wird untersucht, ob sich Texte in beiden Nationen finden lassen, die als Beispiele für ein erfolgreiches ‚Unterleben‘ der Institution dienen können. Dies geschieht durch einen historischen Abriss der Entwicklung von Institution und Gefängnisliteratur in Deutschland und den USA, einer Analyse aktueller lyrischer Texte aus beiden Ländern, sowie einem Einblick in zwei für die Vereinigten Staaten spezifische Themen der Gefängnisliteratur. Um auf die Ergebnisse der Arbeit zu sprechen zu kommen, bestätigt sich letztlich die These des unumgänglichen Einflusses der totalen Institution Gefängnis auf ihre Insassen auch in den USA. Ähnlichkeiten in den Gefängnissystemen führen dabei zu ähnlichen Reaktionen in der Gefangenenliteratur. Es wird jedoch auch offensichtlich, dass die länderspezifische Entwicklung der Institution zu einigen Unterschieden in den jeweiligen Gefangenentexten führt. Der historische Abriss zeigt, dass der Unterdrückungsmechanismus der Isolation in deutschen Gefängnissen weitaus ausgeprägter war als in den USA, während dort die Disziplinierung der Häftlinge durch Zwangsarbeit erfolgte. Herauszustreichen ist jedenfalls die Geschichte der Sklaverei in den USA als Urform der Gefangenschaft, die über die Jahrhunderte zu einem verstärkten Bewusstsein der noch immer sozial benachteiligten Gesellschaftsgruppe der Afroamerikaner in Bezug auf die eigene Unterdrückung geführt hat. Für afroamerikanische Gefängnisautoren, sind die Unterdrückungsmechanismen der Institution nahezu gleichzusetzen mit jenen der gesamten Gesellschaftsordnung, weshalb Gefängnistexte von afroamerikanischen Autoren stets Texte des Widerstands und somit auch von hoher politischer Brisanz sind. Die fortbestehende Existenz der Todesstrafe als weiteres Spezifikum US-amerikanischer Gefängnisse führt ebenfalls zu politischen Äußerungen seitens der Häftlinge, allerdings drücken viele Gefängnistexte aus amerikanischen Todestrakten auch die besonders hohe psychische Belastung der Konfrontation mit dem eigenen Tod aus. Insgesamt bemüht sich die Arbeit anhand der zwei nationalen Literaturen aus Deutschland und den USA um einen möglichst umfassenden Überblick über das weite Feld der Gefängnisliteratur und soll vor allem zur weiteren Beschäftigung mit diesem Thema anregen, das nicht nur im Rahmen der literaturwissenschaftlichen Analyse von Interesse ist, sondern auch eine große sozialpolitische Relevanz in sich birgt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Gefängnisliteratur
Autor*innen
Bettina Schieraus
Haupttitel (Deutsch)
Gefängnisliteratur
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
112 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Norbert Bachleitner
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.92 Vergleichende Literaturwissenschaft: Allgemeines
AC Nummer
AC10712322
Utheses ID
23340
Studienkennzahl
UA | 393 | | |
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