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Der Priesterpolitiker Ignaz Seipel und der Heilige Stuhl
ein Konflikt der Loyalitäten ?
Jürgen Steinmair
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Rupert Klieber
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.26371
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29400.31270.684966-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Mit der Öffnung der Archivbestände für das Pontifikat Pius’ XI. (1922-1939) im Vatika-nischen Geheimarchiv stehen der historischen Forschung eine Fülle bedeutender, bisher unbearbeiteter Quellen zur Verfügung. Dieser „historiographische Glücksfall“ bot Anlass, das Verhältnis des österreichischen Bundeskanzlers und katholischen Priesters Ignaz Sei-pel zur römischen Kirchenzentrale einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Denn die bisherige, vorwiegend auf nationalen Quellen beruhende Forschung ließ diesen Aspekt weitgehend unbeachtet und konnte nur mutmaßen, inwieweit der christlichsoziale Bun-deskanzler sein politisches Handeln mit kirchlichen Stellen abgestimmt hatte. Die Unter-suchung der Wiener Nuntiaturberichte zeigt nun, dass die Kontakte Seipels nach Rom viel intensiver waren, als es die österreichischen Akten vermuten ließen. Die römischen Dokumente lassen den Prälaten als autoritätsbezogen und papstorientiert erscheinen, der den Kontakt mit den römischen Behörden häufig von sich aus suchte. Die Kommunikati-on zwischen Ignaz Seipel und der Kurie verlief dabei fast ausschließlich über die päpstli-che Vertretung in Wien, wo Seipel in Nuntius Enrico Sibilia einen loyalen Gesinnungs-genossen gefunden hatte, dem sich der Kanzler auch in privaten Angelegenheiten anver-trauen konnte. Umgekehrt hatte aber auch die kirchliche Hierarchie den praktischen Nut-zen eines begabten Priesters in dieser hohen Position erkannt und für eigene Zwecke ein-zusetzen gewusst. Die Bandbreite der an Seipel herangetragenen Interventionen reichte von banalen bürokratischen Anfragen bis hin zur Beeinflussung personeller Entscheidun-gen. Grundsätzlich gestalteten sich die vatikanischen Einflussnahmen aber sehr behutsam und in überschaubarem Ausmaß. Inhaltliche Direktiven von nennenswerter innenpoliti-scher Relevanz blieben aus und wären auch nicht nötig gewesen. Ignaz Seipels stark von religiösen Überzeugungen geprägtes politisches Verständnis deckte sich größtenteils mit jenem der Kurie. Von sich aus nahm er sich konfessioneller Anliegen an und musste nicht eigens dafür interessiert werden. Noch weniger war er auf theologische Ratschläge oder Lektionen in Staatstheorie angewiesen. Zu einem Konflikt zwischen staatlichen und kirchlichen Interessen konnte es folglich nur schwer kommen, da für Seipel kirchliche Anliegen stets zum Wohle des Staates waren. Loyalitätskonflikte entzündeten sich des-halb weniger an grundsätzlichen Richtungsfragen, sondern waren eher Folge von Inter-ventionen. Sein diplomatisches Geschick erlaubte ihm aber, Gewissenskonflikte elegant zu entschärfen.
Abstract
(Englisch)
The Secret Archives of the Vatican have recently made accessible the records for the pe-riod of the pontificate of Pius XI. (1922-1939). The archives now provide a pool of so far unexplored resources to scholars of the historical sciences. The emergence of these new sources presented an occasion to undertake research on the relations between Austrian chancellor and catholic priest Ignaz Seipel and the Roman Church headquarters. Despite obvious close connections between the two, this aspect has not been studied so far. Earlier research which was predominantly based on national sources had ignored this aspect to a large part and had only speculated on how the Christian Social Chancellor had arranged his political action with church authorities. The investigation into the reports of the Vien-nese Nunciature which was undertaken for this dissertation reveals that Seipel’s liaison with Rome was much more intensive than it was documented in Austrian sources. The Roman documents portray the prelate as a person who was submissively following au-thorities and who was strongly oriented towards the pope, often seeking contact with the Roman authorities on his own initiative. The communication between Ignaz Seipel and the Roman Curia was based almost exclusively on the papal diplomatic mission in Vienna. There Seipel had met nuncio Enrico Sibilia, a loyal like-minded person, to whom the chancellor confided even private matters. Conversely, the church hierarchy recognized the practical value of an able priest in this high position and used their influence for their own ends. The variety of interferences by the church ranged from mundane bureaucratic inquiries to influencing personnel decisions. Generally, the interferences of the Vatican were cautious and had a moderate extent. Substantial directives with high political relev-ance have not been issued and were also not necessary. The political understanding of Ignaz Seipel was strongly shaped by his religious beliefs. Thus, it coincided largely with the ideas of the Curia. Least of all he needed theological advices or lessons in political theory. Because Seipel found that ecclesiastical concerns were always for the good of the state, a conflict between the interests of Church and State was unlikely. Loyalty conflicts were more often the result of diplomatic interventions than that of debates on principles. However, his diplomatic skills enabled Seipel to defuse such conflicts.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Ignaz Seipel Holy See Vatican Apostolic Nunciature papal Nuncio diplomatic mission ecclesiastical diplomacy Roman Catholic Church Pius XI. Enrico Sibilia Ludwig Pastor First Austrian Republic
Schlagwörter
(Deutsch)
Priesterpolitiker Ignaz Seipel Heiliger Stuhl Vatikan Apostolische Nuntiatur päpstlicher Nuntius vatikanische Diplomatie diplomatische Beziehungen Loyalitätskonflikte Pius XI. Enrico Sibilia Ludwig Pastor Zwischenkriegszeit Erste Republik Katholische Kirche
Autor*innen
Jürgen Steinmair
Haupttitel (Deutsch)
Der Priesterpolitiker Ignaz Seipel und der Heilige Stuhl
Hauptuntertitel (Deutsch)
ein Konflikt der Loyalitäten ?
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
V, 391 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Rupert Klieber ,
Werner Drobesch
Klassifikation
15 Geschichte > 15.06 Politische Geschichte
AC Nummer
AC10730010
Utheses ID
23577
Studienkennzahl
UA | 092 | 312 | |
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