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Das Medizinstudium im Nationalsozialismus
Änderungen in Studienplan und Lehrveranstaltungsangebot an der Universität Wien
Matthias Köhler
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Mitchell Ash
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.27014
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29569.49841.966862-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Diese Arbeit befasst sich mit dem Medizinstudium an der Universität Wien im Nationalsozialismus dar und geht der Frage nach, welche Änderungen bzw. Kontinuitäten sich dort zwischen den älteren Studienplänen des 20. Jahrhunderts und den neuen deutschen Studienplänen von 1939 und 1944 ergeben hatten. Zu diesem Zweck wurde auch das gesamte Lehrveranstaltungsangebot der Medizinischen Fakultät untersucht. Außerdem wurden versucht, die Stimmung unter den Professoren und den Studierenden gegenüber den neuen deutschen Studienplänen zu erforschen. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde das Medizinstudium im gesamten Reich vereinheitlicht. Auch die Universität Wien war daher von dem 1939 neu erlassenen deutschen Studienplan betroffen, der nicht nur einen neuen Lehrplan sondern auch neue Regelungen für das Prüfungssystem und die ärztliche Zulassung mit sich brachte. Der neue Studienplan sollte besonders die Interessen des Nationalsozialismus in der medizinischen Ausbildung berücksichtigen – vor allem die Rassehygiene und die Vorbereitung auf den Krieg. Die Grundlage dieser Arbeit bilden eine detaillierte Darstellung und ein struktureller Vergleich der verschiedenen Studienplänen aus Österreich, der Weimarer Republik und der NS-Zeit betreffend der Lehrpläne und Prüfungsbestimmungen, aber auch aller fakultativen Lehrveranstaltungen von 1920-1945. Da es das Ziel war festzustellen, was im neuen Studienplan wirklich neu war, mussten dafür zuerst die älteren Studienpläne gründlich dargestellt werden. Nur so konnte eine klare Aussage getroffen werden, was an dem deutschen Studienplan neu war und wo ältere Traditionen nur fortgesetzt oder neu belebt wurden. Ein Vergleich zwischen den Lehrveranstaltungen von 1920-1938 und den Lehrveranstaltungen von 1939-1945 sollte außerdem zeigen, welche Themen mit Bezug zur nationalsozialistischen Gesundheitspolitik erst dann an der Universität Wien neu auftauchten. Es zeigte sich, dass der neue deutsche Studienplan aus österreichischer Sicht strengere Prüfungsbestimmungen mit sich brachte und dadurch mit der liberalen österreichischen Tradition der Lernfreiheit gebrochen wurde. Der alte Lehrplan war teilweise nicht verpflichtend gewesen, wohingegen im neuen deutschen Studienplan die Lehrveranstaltungen des umfangreichen Lehrplans obligatorisch waren. Obwohl in der deutschen Literatur öfters behauptet wird, der neue Studienplan hätte eine Zunahme der Lehrveranstaltungen mit sich gebracht, kann dies aus österreichischer Sicht nicht bestätigt werden, da der Umfang an Semesterstunden relativ gleich war. Allerdings war die Einführung der neuen Lehrveranstaltungen mit ideologischem Hintergrund auf Kosten der traditionellen medizinischen Fächer gegangen, deren stundenmäßiger Umfang abgenommen hatte. Obwohl vorgegeben wurde, dass mit dem neuen deutschen Studienplan die praktische Ausbildung verbessert werden sollte, bot er weniger traditionelle medizinische Ausbildung als der alte österreichische Studienplan. Von all den neuen Lehrveranstaltungen waren jene mit Bezug zur Rassenhygiene für das NS-Regime am wichtigsten. Eine detaillierte Analyse der Vorlesungsverzeichnisse zeigte, dass die Rassenhygiene an der Universität Wien bereits 1934 Teil der Hauptvorlesung aus Hygiene geworden war, wohingegen sie im Deutschen Reich erst 1936 am Lehrplan stand. Trotz der Vergleichbarkeit der Lehrveranstaltungstitel konnte hier keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese Lehrveranstaltungen auch inhaltlich vergleichbar waren, da ein inhaltlicher Vergleich der Lehrveranstaltungen den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte. Dieser fehlende Einblick in den Inhalt der Lehrveranstaltung musste auch bei allen weiteren Vergleichen bedacht werden. Behält man dies im Hinterkopf, so kann man zu dem Schluss gelangen, dass es früher oftmals bereits thematisch ähnliche freiwillige Lehrveranstaltungen zu den neuen Pflichtlehrveranstaltungen gegeben hatte. Auf der anderen Seite fanden sich jedoch die freiwilligen Lehrveranstaltungen mit rassenhygienischem Hintergrund vermehrt erst in den 1940ern. Der neue Studienplan und seine neuen Pflichtfächer wurden – abgesehen von der Rassenhygiene – von den Professoren und den Studierenden der Universität heftig kritisiert. Forderte man in den Anfangsjahren eher nur leichte Änderungen des neuen Studienplans, schlug die Stimmung mit den Jahren um und man präsentierte schlussendlich eine leicht modifizierte Form des alten österreichischen Studienplans als Grundlage für die Neugestaltung des deutschen Studienplans. Die zuständigen Ministerien genehmigten schließlich 1943 und 1944 Änderungen, wodurch vor allem einige der recht unpopulären neuen Gegenstände wieder abgeschafft wurden.
Abstract
(Englisch)
This thesis aims at revealing changes and continuities of the medical studies at the University of Vienna, comparing the past courses of study from the 20th century with the new ones from 1939 and 1944 as well as the range of academic courses provided at the Medical Faculty. Additionally, opinions of the leading medical professors of the University towards this new curriculum are presented. Finally, it will be analyzed whether the Nazis had implemented their racial ideology into this new curriculum as it was assumed. The historical basis of the change of the course of study lies in the annexation of Austria by Nazi Germany in 1938, which led to a unification of the medical studies within the German Empire and therefore also affected the University of Vienna. For this reason, a new curriculum was introduced in 1939 by the Nazis with a new set of courses as well as new regulations for examinations and employment of medical doctors. These arrangements should supposedly fit their needs, namely eugenics and preparation for war. The basic method for this thesis is a detailed structural analysis of different medical curriculums from Austria, the Weimar Republic and Nazi Germany, concerning the examination regulations and the set of courses, as well as the academic lists from 1920-1945. Since it is the main goal to determine what really changed in the new curriculum, it is necessary to precisely reveal how the medical studies had been carried out previously. Only then a clear distinction can be made between what was really new and what was just a continuation of older curriculums or reverting older traditions. Concerning the academic courses, a comparison of the older courses which had been held between 1920 and 1938 and the courses being held from 1939 to 1945 should show which topics were new or promoted by the Nazi regime. The findings show that from the Austrian point of view, the new medical curriculum brought harder examination regulations that broke with the liberal Austrian tradition of the academic freedom to study without unreasonable interference. Formerly, the set of courses had only been recommended to some extend, but then became fully compulsory. Whereas German sources often cite that this new curriculum brought an increase in lectures, this cannot be said for the medical studies at the University of Vienna. The overall amount of the lectures’ academic hours was fairly alike. In detail although, the introduction of new ideological subjects was at the expense of traditional clinical subjects, and therefore the new curriculum provided less of the medical training that it actually pretended to increase. Among the new subjects, the lectures dealing with the Nazi’s eugenics were of highest importance to the regime. The in-depth analysis of the lecture lists show that in Austria the main hygienic course already included “racial hygienics” since 1934, whereas in Nazi Germany it became a mandatory subject not until 1936. Despite the conformity of the lectures’ titles, a statement cannot be made whether the contents in those days had been equivalent as such an in-depth analysis would go beyond the scope of this thesis. The missing insight into those lectures had to be taken into account in the course of all other comparisons made. Keeping this in mind, it can be stated for the University of Vienna that many of the “new” obligatory subjects in the new curriculum seem to already have had equivalences in earlier voluntary courses. However, the optional courses with eugenic background clearly increased during the 1940ies of the Nazi regime. The new curriculum and its new subjects – except from racial hygienics – were extensively criticized by the professors and students of the university. From initially demanding some minor changes in the curriculum, the mood later changed to a desire of a comeback of the old Austrian system in a slightly modified version. The Ministries finally approved changes to the curriculum in 1943 and 1944, which even abandoned some of the quite unpopular new subjects.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Medical Studies studies of medicine National Socialism Austria 1939 - 1945 course of study curriculum lectures academic courses University of Vienna 1872 1902 1903 1924 1926 1938 Weimar Republic German Empire
Schlagwörter
(Deutsch)
Medizinstudium Österreich Nationalsozialismus 1939 - 1945 Studienplan Lehrplan Lehrveranstaltungen Vorlesungen Universität Wien 1872 1902 1903 1924 1936 1938 Weimarer Republik Deutsches Reich
Autor*innen
Matthias Köhler
Haupttitel (Deutsch)
Das Medizinstudium im Nationalsozialismus
Hauptuntertitel (Deutsch)
Änderungen in Studienplan und Lehrveranstaltungsangebot an der Universität Wien
Paralleltitel (Englisch)
The medical studies in National Socialism ; changes in the course of study and the range of academic courses at the University of Vienna
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
205 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Mitchell Ash
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.24 Zweiter Weltkrieg ,
44 Medizin > 44.01 Geschichte der Medizin ,
44 Medizin > 44.04 Ausbildung, Beruf, Organisationen
AC Nummer
AC10792118
Utheses ID
24166
Studienkennzahl
UA | 312 | | |
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