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Untersuchung zur Bedeutung der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit und der Bindungssicherheit des Kindes für die Entwicklung der Theory of Mind und der Reflexiven Kompetenz von Kindern im Vorschulalter
Lisa Müller
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Ulrike Willinger
DOI
10.25365/thesis.27484
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30089.58251.376769-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Fragestellung
In dieser Studie wurde untersucht, inwiefern sich verschiedene Komponenten des familiären Umfelds des Kindes positiv auf die Theory of Mind bzw. die Reflexiven Kompetenz des Kindes auswirken: Es wurde unterschiedliche Aspekte der Eltern-Kind Kommunikation erfasst, die als Indikator für die elterliche Mentalisierungsfähigkeit herangezogen wurden. Ebenso wurde die Bindungssicherheit des Kindes erfasst.
Zusammenhänge zwischen den genannten Variablen wurden unter Berücksichtigung des kindlichen Geschlechts, Alters, Sprachverständnisses und des sozioökonomischen Status der Eltern untersucht. Basierend auf dem Modell von Sharp & Fonagy (2008) wurde die Hypothese aufgestellt, dass (1) die elterliche Mentalisierungsfähigkeit, als Voraussetzung für feinfühliges elterlicher Interaktionsverhalten, sowohl die Bindungssicherheit als auch (2) die Theory of Mind / Reflexive Kompetenz von Kinder vorhersagt. Ebenso wurden (3) Interaktionseffekte zwischen elterlicher Mentalisierungsfähigkeit und Bindungssicherheit überprüft. Es wurde vorhergesagt, dass eine sichere Bindung nur dann mit der Theory of Mind / Reflexiven Kompetenz des Kindes zusammenhängt, wenn Eltern über eine hohe Mentalisierungsfähigkeit verfügen.
Methode
Die Fragestellung der Studie wurde an 61 Eltern-Kind Paaren überprüft, welche vorwiegend aus der Mittelschicht stammten. Die Kinder waren zwischen 4 und 5 ½ Jahren alt.
Zur Erfassung der Kennwerte der Kinder wurden folgende Verfahren eingesetzt:
Die Theory of Mind wurde an Hand einer Testbatterie bestehend aus 8 verschiedenen Aufgaben zu unterschiedlichen mentalen Konzepten (entnommen aus Hofer & Aschersleben, 2007; Ruffman et al., 2002) erfasst. Die Reflexive Kompetenz wurde mit Hilfe der Skala zur Reflexiven Kompetenz erhoben (Juen, 2005; Juen et al., 2009). Die Bindungssicherheit wurde mit dem Geschichtsergänzungsverfahren zur Bindung (GEV-B) (Gloger-Tippelt & König, 2009) erfasst. Die rezeptive Sprachkompetenz des Kindes wurde mit einem Subtest des SET-K 3-5 („Sprachverstehen“) (Grimm, 2001) erfasst.
Zur Erfassung der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit wurden zwei verschiedene Verfahren eingesetzt: Einerseits ein interaktives Verfahren, in welchem der Elternteil seinem Kind eine Geschichte zu einem textfreien Bilderbuch erzählte (interaktionsbasierte Mentalisierungsfähigkeit) (Slaughter et al., 2007). Andererseits wurden die Eltern gebeten, ihr Kind zu beschreiben (repräsentationsbasierte Mentalisierungsfähigkeit) (Meins et al., 1998).
Ergebnisse
Es konnte gezeigt werden, dass unterschiedliche Aspekte der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit mit der Bindungssicherheit und der Theory of Mind / Reflexiven Kompetenz des Kindes zusammenhingen.
Hinsichtlich der Theory of Mind erwies sich eine differenzierte Analyse des elterlichen Narrativs als relevant: Nur ein „perspective shifting discourse“ (Zusatzkategorie +F) konnte die Theory of Mind des Kindes – nach dem das Alter und die Sprachfähigkeit des Kindes kontrolliert wurden - signifikant vorhersagen, während die Anzahl mentaler Wörter keine signifikanten Korrelationen mit der Theory of Mind aufwies.
Ebenso konnte ein Vorteil sicher gebundener Kinder hinsichtlich der Theory of Mind Leistung gefunden werden, und zwar nur in Bezug auf Aufgaben, die ein Verständnis des Konzepts Überzeugung überprüften. Dieser Zusammenhang blieb signifikant, nachdem das Alter und das Sprachverständnis des Kindes berücksichtigt wurden. Die nachfolgende Regression brachte keine signifikanten Ergebnisse.
Diese Ergebnisse bestätigen die These von Meins et al. (2002), dass die elterliche Mentalisierungsfähigkeit ein besserer Prädiktor für die Theory of Mind des Kind ist als seine Bindungssicherheit.
Die Reflexive Kompetenz des Kindes korrelierte sowohl mit der relativen Häufigkeit mentaler Wörter während des Geschichtenerzählens als auch mit der Zusatzkategorie +F. Allerdings konnte auch hier nur letztere die Reflexive Kompetenz des Kindes signifikant vorhersagen.
Ebenso konnte gezeigt werden, dass Aspekte der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit mit der Bindungssicherheit zusammenhingen. Die Anzahl genuiner mentaler Zuschreibungen in der Buchsituation und die Anzahl kognitiver mentaler Wörter korrelierten positiv mit der Bindungssicherheit, konnten diese aber nicht signifikant vorhersagen.
Zwischen elterlicher Mentalisierungsfähigkeit und Bindungssicherheit des Kindes wurden keine Interaktionseffekte gefunden.
Der Vorteil interaktionsbasierter Verfahren und der mit dieser Methode einhergehende Möglichkeit einer differenzierteren Analyse des elterlichen Narrativs wurden anschließend diskutiert. Ein Modell, welches unterschiedliche Aspekte der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit in Verbindung mit der Bindungssicherheit und Theory of Mind des Kindes bringt, wurde aufgestellt.
Abstract
(Englisch)
Objectives
The aim of the study was to investigate the influence of different aspects of the family environment on the child’s theory of mind competence and reflective functioning: Different aspects of parent-child communication, parental mentalising abilities and child attachment security were analyzed.
The following potential confounding variables were controlled: Child sex, age, receptive language competence and parents educational level. Based on a model of Sharp & Fonagy (2008) the following hypotheses were stated: parental mentalisation competence, which is a precondition of parental sensitivity, promotes (1) the formation of a secure attachment relationship between parent and child and (2) relates to theory of mind competence and reflective functioning of the child. (3) Interaction effects between attachment and parental mentalisation in predicting theory of mind performance were as well investigated.
Method
The sample consisted of 61 parent-infant dyads - most of them from a middle class background. Children were between 4 and 5 ½ years old.
The following measures were used: Theory of Mind performance was assed using a test battery which consisted of 8 different tasks testing different mental concepts (Hofer & Aschersleben, 2007; Ruffman et al., 2002). Child reflective functioning was assessed using the reflective functioning scale (Juen, 2005; Juen et al., 2009). Attachment security was measured with the GEV-B (GeschichtsErgängzungsVerfahren zur Bindung; Gloger-Tippelt & König, 2009). Receptive language competence was assed using a scale of the SET-K 3-5 (Grimm, 2011).
Parental mentalisation was assessed using two different measures: (1) An interactive measure (Slaughter et al., 2007) and (2) a representative measure (Meins et al., 1998).
Results
Results from this study reveal that different aspects of parental mentalisation relate to child attachment security and theory of mind / reflective functioning.
While the amount of mental states references in the parents narrative did not relate to theory of mind performance, a “perspective shifting discourse” (Code +F) made a significant prediction, even after child age and language competence were controlled for.
Attachment security correlated positively with the child’s ability to understand the concept of belief, after child age and language competence were controlled for. The following regression analysis was not significant.
This confirms the prediction based on Meins et al. (2002) that parental mentalisation is a stronger predictor of children’s theory of mind understanding than child attachment security.
Child reflective functioning was positively related to the amount of parental references to the mind while telling a story and to a “perspective shifting discourse” (Code +F). Regressionanalysis revealed that only the later significantly predicted reflective functioning.
The amount of genuine mental state references in the interactive context was positively related to child attachment security, although this variable made no significant prediction.
Attachment security did not interact with parental mentalisation variables in predicting children’s theory of mind performance and reflective functioning.
Based on the results of this study the advantage of interaction based assessments of parental mentalisation is discussed. Finally a testable model is proposed in which different aspects of parental mentalisation relate to attachment security and child theory of mind.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
theory of mind reflective functioning attachment parental mentalisation mental state language mind-mindedness parent-child communication pre-school age
Schlagwörter
(Deutsch)
Theory of Mind Reflexive Kompetenz Bindung elterliche Mentalisierung Mental State Language Mind-Mindedness Eltern-Kind Kommunikation Vorschulalter
Autor*innen
Lisa Müller
Haupttitel (Deutsch)
Untersuchung zur Bedeutung der elterlichen Mentalisierungsfähigkeit und der Bindungssicherheit des Kindes für die Entwicklung der Theory of Mind und der Reflexiven Kompetenz von Kindern im Vorschulalter
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
304 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Ulrike Willinger
AC Nummer
AC10781886
Utheses ID
24569
Studienkennzahl
UA | 298 | | |