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Die dalmatinischen Abgeordneten im österreichischen Reichsrat nach der Wahlrechtsreform von 1907
Wolfgang Pav
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Alojz Ivanišević
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.342
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30358.79798.402553-3
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Arbeit befasst sich mit der Tätigkeit der 11 dalmatinischen Abgeordneten (9 Kroaten und 2 Serben)398 im österreichischen Reichsrat beginnend mit der 18. Session im Juni 1907 bis zum vorzeitigen Ende der Legislaturperiode mit der 20. Session Ende März 1911. Die Abgeordneten waren auf Grund der Wahlrechtsreform von 1907 erstmals in allgemeinen und geheimen Wahlen – allerdings nur von Männern – gewählt worden. In einem allgemeinen Teil wird das politische Umfeld analysiert, aus dem die Abgeordneten kamen und in dem sie ihre Funktion ausübten. Dies waren zunächst die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Dalmatien selbst. Das Land hatte große Wirtschaftsprobleme: fehlende Infrastruktur (Bahn, Straßen, Häfen, Dampfschiffe), rückständige Landwirtschaft und Weinbaukrise (veraltetes Kolonats - System und Schäden durch die Phyloxera). Dazu kamen Gesundheitsprobleme (Malaria), Analphabetismus und eine hohe Auswanderungsrate. Politische Hauptthemen waren das staatsrechtliche Problem der Trennung des „Dreieinigen Königreiches“ in Kroatien und Slawonien (ungarische Reichshälfte) und Dalmatien (österreichische Reichshälfte), sowie die Forderung nach Kroatisch statt Italienisch als Amtssprache. Nach den Resolutionen von Rijeka und Zadar wurde mit der Bildung der Kroatisch-Serbischen-Koalition eine gemeinsame Stoßrichtung gegen die Wiener Regierung festgelegt. Die Wiedervereinigung von Dalmatien mit Kroatien, die Selbstbestimmung durch den kroatischen Landtag ohne Bevormundung durch Wien und Budapest, die Lösung der Sprachenfrage sowie gezielte ökonomische Maßnahmen der Regierung zum Abbau der wirtschaftlichen Rückständigkeit waren die Hauptforderungen, mit denen die Abgeordneten nach Wien gingen. Ein Kapitel zeigt die geheimen Memoranden von Außenminister Aehrenthal auf, die durchaus im Sinne dieser kroatischen Forderungen gewesen wären, aber in der politischen Führung der Monarchie nicht durchsetzbar waren. 398 Die Weiters werden die Auswirkungen der Wahlrechtsreform auf die Kandidatenauslese in Dalmatien und den Persönlichkeitswahlkampf zwischen Anhängern und Gegnern der Resolution dargestellt, sowie schließlich die gewählten Abgeordneten detailliert vorgestellt. Insgesamt hielten die dalmatinischen Abgeordneten im Analysezeitraum 67 Reden im Plenum des Reichsrates und 17 Reden in den vier Delegationssitzungen. Hauptakteur aus dalmatinischer Sicht war dabei der langjährige Abgeordnete Biankini mit 20 Reden im Plenum und fünf Reden in der Delegation. Die dalmatinischen Abgeordneten brachten in den drei Sessionen mehr als 100 Anträge und 440 Interpellationen ein. Fast die Hälfte der Reden (29) wurden zum Budget und zu den Budgetvoranschlägen gehalten mit dem Schwergewicht auf finanzielle Forderungen zur Hebung der dalmatinischen Wirtschaft. Ein derartiges Programm wurde von der Regierung tatsächlich beschlossen, aber nur in kleinen Teilen realisiert. Ebenfalls immer wieder gefordert wurden mehr und bessere Bildungseinrichtungen. Breiten Raum in den Reden nahmen staatsrechtliche Fragen ein, wobei die Wiener Regierung – allerdings erfolglos - nachdrücklich zum Einschreiten gegen das Vorgehen Ungarns in Kroatien und den von den dalmatinischen Abgeordneten konstatierten „magyarischen Gesetzesbruch“ der Ausgleichsvereinbarungen aufgefordert wurde. Auch zur Annexion von Bosnien und Herzegowina gab es intensive Debattenbeiträge aus Dalmatien, wobei einerseits die Vereinigung der annektierten Länder mit Kroatien gefordert und andererseits stellvertretend „für die Brüder gleicher Sprache“ deren Staatsbürgerschaft und eine moderne Verfassung eingefordert wurde. Der auf Fälschungen basierende Prozess gegen führende serbische Persönlichkeiten in Zagreb („Agramer Hochverratsprozess“) wurde nicht nur öffentlichkeitswirksam debattiert, sondern auch zur Manifestation der Zusammengehörigkeit von Kroaten und Serben benützt. Neben Vorstößen zur Gleichstellung der kroatischen Sprache und zur besseren Einbindung der Dalmatiner in Führungspositionen der Marine war es vor allem ein Thema, das in der Legislaturperiode von sämtlichen dalmatinischen Abgeordneten mit Verbissenheit immer wieder vorgebracht wurde: der Ausbau des marginalen Eisenbahnnetzes in Dalmatien, vor allem aber seine Anbindung an das europäische Eisenbahnnetz und damit eine Verbindung - durch die ungarische Reichshälfte - nach Österreich. Die Zähigkeit war tatsächlich von Erfolg gekrönt, wenn auch noch nicht in dieser Parlamentsperiode: dieses von Ungarn zum Schutz der Vorrangstellung „seiner Hafenstadt Fiume“ (Rijeka) lange Zeit verzögerte Projekt erlebte tatsächlich 1913 seinen Baubeginn. Schon zuvor - 1912 - war in Dalmatien selbst, nach jahrzehntelangem Tauziehen, Kroatisch als Amtssprache eingeführt worden.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Reichsrat Dalmatien Wahlrechtsreform 1907 Aussenminister Aehrenthal Statthalter Nardelli dalmatinische Eisenbahn
Autor*innen
Wolfgang Pav
Haupttitel (Deutsch)
Die dalmatinischen Abgeordneten im österreichischen Reichsrat nach der Wahlrechtsreform von 1907
Publikationsjahr
2007
Umfangsangabe
151 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Alojz Ivanišević
Klassifikation
15 Geschichte > 15.06 Politische Geschichte
AC Nummer
AC06573423
Utheses ID
246
Studienkennzahl
UA | 312 | | |
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