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Die im Zuge der Reformen des 18. Jahrhunderts divergente Rolle der Frau am deutschen Theater
unter besonderer Berücksichtigung der Biografien von vier dazumal agierenden Schauspielerinnen
Katrin Wrann
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Hilde Haider
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.28767
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29708.60469.243061-0
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Arbeit hat sich mit der divergenten Rolle der Frau am deutschen Theater im 18. Jahrhundert auseinandergesetzt und es wurde hinterfragt, in wie weit sich diese Rolle im Zuge der Reformen im Zeitalter der Aufklärung verändert hat. Dabei stellen Kapitel eins bis inklusive sechs den theoretischen Teil dar und die Kapitel sieben bis zehn ergeben sich jeweils aus den Biografien von vier dazumal agierenden Schauspielerinnen. Im ersten Kapitel der Arbeit wurde die Institutionalisierung und Ästhetisierung des Theaters im deutschen Sprachraum besprochen. So kam es aufgrund der Theaterreform einerseits zu einer Errichtung der ersten stehenden Theater und damit verbunden einer Auflösung des Prinzipalwesens und der Wandertruppen. Andererseits wurde das Theater, dem Bildungsauftrag folgend, zu einer moralischen Anstalt erhoben. Dabei wurde die Situation des aristokratischen Hoftheaters zu den Wanderkomödianten verglichen und auch die regionalen Unterschiede in den deutschsprachigen Theatermetropolen herausgearbeitet. Es zeigte sich, dass am deutschen Theater des 18. Jahrhundert ein irritierendes Nebeneinander sowie Konkurrenz zwischen Altem und Neuem vorherrschte und als Ergebnis der Bürgerreform eine immer größere werdende Kluft zum Fahrenden Volk entstand. Dort setzten nun die Reformer mit ihren Ideen an, demzufolge sich die Schauspieler in einem moralischen Zivilisationsprozess dem Bürgertum anpassen mussten, in dem sie z. B. Sesshaft wurden. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Industrialisierung und dem Kulturwandel des deutschen Bürgertums, wodurch es im 18. Jahrhundert zu einer Polarisierung der Geschlechter kam. Demzufolge wurden archetypische Geschlechterrollen als Naturgegebenheit untermauert und in repressiven patriarchalischen Systemen festgeschrieben. Hierbei wurde aufgezeigt, dass die Schauspielerin komplett gegen diesen Archetypus verstoßen hat und eine diametrale Position einnahm. Des Weiteren wurde auf die Theaterreformer, die maßgeblich an selbiger beteiligt waren, näher eingegangen, mit besonderem Augenmerk auf die Reform Gottscheds. Dabei kristallisierte sich heraus, dass im Endeffekt das Publikum den Reformern einen Strich durch die Rechnung machte, indem es keinerlei Interesse oder Verständnis für die Neuerungen am deutschen Theater aufbrachte. Die Konsequenzen des Zivilisationsprozesses für die Schauspielerin wurden im dritten Kapitel präzisiert. Diesbezüglich wurde das erste Auftreten der Frau als Berufsschauspielerin auf der deutschen Bühne herausgearbeitet und die unterschiedlichen Erscheinungsbilder von der ersten Theaterprinzipalin zu Beginn bis zur Primadonna und Fürstenmätresse am Ende des 18. Jahrhunderts aufgezeigt. So versuchte man die Schauspielerin im Zuge des Reputationswechsels des Theaters in die Rolle der bürgerlichen Frau hineinzuzwängen. Der Schauspielerin galt das Hauptinteresse der Gesellschaft und des Theaters und sie war es, die das ganze Jahrhundert hindurch unter der vorherrschenden Doppelmoral zu leiden hatte. Das vierte Kapitel gibt nun Aufschluss über die kompromittierende Haltung der Kirche gegenüber dem Theater und vor allem gegenüber der Schauspielerin. Demzufolge kam es im Laufe der Geschichte immer wieder, und im Zeitalter der Aufklärung im deutschen Kulturraum erneut, zu einem Disput zwischen Kirche und Theater. Rezeptionsgeschichtlich berief sich der Klerus auf die lateinischen Kirchenväter, weshalb die bekanntesten Polemiken der selbigen in dieser Arbeit angeführt wurden. Dabei wurde aufgezeigt, welches Machtmonopol die geistliche Obrigkeit noch zu Beginn und des 18. Jahrhunderts innehatte, indem sie Theater- und Spielverbote erwirkte und die Schauspielerin zu Huren und Dirnen degradierte. Das Theater wurde zur Zeit der Aufklärung im selben Atemzug mit Sittenlosigkeit genannt, wie im fünften Kapitel dargelegt wird, weshalb die Reformer nun versuchten, die Schauspieler unter ein strenges Tugenddiktat zu stellen. Hierbei stach die Erziehung Goethes, als Leiter des Weimarer Hoftheaters, zum Sittenkodex besonders hervor. In Bezugnahme auf die Schauspielerin wurde gegen Ende des Jahrhunderts beobachtet, dass sie zwar immer mehr zum Star des Theaters avancierte, dabei aber zum Ziel ständiger Beobachtung und sittenstrenger Kritik wurde und die Macht des Publikums erneut deutlich zu Tage trat. Das sechste Kapitel stellt nun einen Exkurs in die Literatur und das Zeitschriftenwesen des 18. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum dar. Dabei wurden die Moralischen Wochenschriften als Übermittler des Sittenkodex besonders berücksichtigt, wobei die Erziehung der Frau einen sehr hohen Stellenwert einnahm. Analog dazu sollten die Theaterzeitschriften die Schauspieler und das Publikum zur Tugendhaftigkeit erziehen. Hier stand die Schauspielerin erneut im Mittelpunkt der Kritik. Des Weiteren wird ein kurzer Einblick in die Briefkultur, in die erste Frauenliteratur und in die autobiografischen Memoiren von Schauspielerinnen gegeben. Anhand der ersten sechs Kapitel zeigte sich, dass die Schauspielerinnen am deutschen Theater im 18. Jahrhundert eine Sonderstellung als Frauen und eine Randposition in der Gesellschaft einnahmen. So wurden ihnen das gesamte Jahrhundert hindurch Vorurteile von Seiten der Kirche, des Adels, der bürgerlichen Gesellschaft, des Publikums, der Reformer und der Theaterkritiker entgegen gebracht und sie mussten immer wieder Kämpfe gegen eine dieser Parteien austragen. Deshalb wurden im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit vier Biographien von Schauspielerinnen dieser Zeit herangezogen, um die im ersten Teil vorliegenden Fakten noch deutlicher herauszuarbeiten und zu untermauern. Es wurde versucht, möglichst unterschiedliche Biografien auszuwählen, um die divergenten Rollen der Theaterfrauen zu unterstreichen. Im siebten Kapitel wurde dementsprechend auf die Veltin eingegangen. Sie war die erste deutsche Theaterprinzipalin und ging mit ihrem Manifest gegen die geistliche Obrigkeit in die Geschichte ein. Das achte Kapitel hat sich mit der Neuberin auseinander gesetzt, die durch ihre Zusammenarbeit mit Gottsched und ihrer gemeinsam angestrebten Bühnenreform rezeptionsgeschichtliche Bedeutung bekam. Sie ist nicht nur die bekannteste, sondern auch die letzte bedeutende Prinzipalin ihrer Zeit. Mit der Schulze-Kummerfeld beschäftigt sich nun das neunte Kapitel. Ihre Memoiren traten als Apologie in Erscheinung, in der es ihr wichtiger erschien, ihren tugendhaften Ruf und ihr Leben nach dem Sittenkodex hervorzuheben, als ihre künstlerischen Errungenschaften zu beschreiben. Abschließend setzt sich Kapitel zehn mit der Biographie der Jagemann auseinander, die nicht nur als Schauspielerin, sondern vor allem auch als Fürstenmätresse und Primadonna Berühmtheit erlangte.
Abstract
(Englisch)
The present work dealt with the divergent role of women in the German theatre in the 18th Century and it questioned to what extent this role has changed in the course of the reforms in the Age of Enlightenment. This set includes six chapters one to six to represent the theoretical part and chapter seven to ten each contain the four biographies of those days performing actresses. In the first chapter of the work, the institutionalization and aestheticization of the theatre in the German language was discussed. On the one hand, due to the theatre reform, first permanent theatres were established and hence lead to dissolution of the principal system and the touring companies. On the other hand, the theatre, following the educational mandate, was now viewed as a moral institution. Thereby the situation of the aristocratic court theatre was compared to the hiking comedians and even the regional discrepancies in the German theatre metropolises were eradicated. It became apparent that, in the German theatre of the 18th Century, an irritating coexistence and competition between old and new prevailed and as a result of civil reform an increasingly widening gap towards traveling people developed. Consequently reformers based their ideas on this, according to which the actor had to adjust in a moral civilization process to the bourgeoisie, by settling down for instance. The second chapter dealt with the industrialization and the cultural transformation of the German bourgeoisie, which caused a polarization of the sexes. Accordingly archetypal gender roles were substantiated as a fact of nature and enforced in repressive patriarchal systems. Here, it was demonstrated that the actress had completely violated this archetype and had taken a diametrical. Furthermore attentions were focussed on the theater reformers, who had been instrumental in this development, with particular attention to the reform Gottsched’s. In the end it became evident that these reforms were lost on the audience who could not muster any interest or understand the latest developments on the German theatre. The consequences the actress faced due to the civilization process were clarified in the third chapter. In this regard, the first appearance of women on the German stage as a professional actress was removed and the different manifestations from the first female theatre director in the beginning to the Prima Donna and count mistress at the end of the 18th Century revealed. Thus in the wake of the theatre reputation transformation, the actress was forced into the role of middle-class women. The actress was the main interest of the society and of the theatre and it was she, who had to suffer under the prevailing double standards throughout the century. The fourth chapter provides information about the compromising attitude of the church concerning the theatre and especially towards the actress. Consequently it caused, repeatedly throughout history and again during the Age of Enlightenment in German cultural areas, a dispute between church and theatre. In its reception history, the clergy referred to the Latin Church fathers, so the famous polemics of those were cited in this paper. It showed the power monopoly held by the religious authorities, by obtaining theatre and game bans and degrading the actress to whores and harlots, at the beginning of the 18th Century. During the Age of Enlightenment the theatre was mentioned in the same breath with immorality, which is why the reformers were now trying to put the actors under a strict dictate of virtue, as explained in the fifth chapter. Here stood the education of Goethe, head of the Weimar court theatre, as a codex of virtue, particularly out. Towards the end of the century, in reference to the actress, it was observed, that while she increasingly emerged as the star of the theatre, she also became the target of constant observation and puritanical criticism and the power of the audience noticeably came to light again. The sixth chapter is now an excursion into the literature and the scholarly journals of the 18th Century in the German-speaking. Particularly the moral weeklies were considered to be a mediator of the ethical code, where the upbringing of women was of great importance. Analogously, the theatre journals should educate the actors and the audience to virtue. Here the actress was again the focus of criticism. Furthermore, a brief insight into the letter culture, the first female literature, and into the autobiographical memoirs of actresses was given. Based on the first six chapters it was demonstrated, that the actresses in the German theatre occupied a special position as a women and a marginal position in society in the 18th Century. Throughout the entire century prejudices on the part of the church, the nobility, the bourgeois society, the audience, the theatre critics and the reformers were held against them and they always had to fight battles against these parties. Thus, in the second part of the present work, four biographies of actresses of that time were used to emphasize facts from the first section more clearly and to substantiate them. It was attempted to select rather different biographies to underline the divergent roles of theatre women. Accordingly the seventh chapter discussed Veltin. She was the first female German theatre director and went down in history with her manifesto against the spiritual authorities. The eighth chapter deals with Neuberin, who gained historical reception significance through her collaboration with Gottsched and their common ambition towards stage reform. She was not only the most famous, but also the last noteworthy, female theatre director her time. Schulze-Kummerfeld is deliberated in the ninth chapter. Her memoirs appeared as apologia, in which it seemed more important to her to highlight her good reputation and her righteous life according to the codex of virtue, than to describe her artistic achievements. Finally, chapter ten debated the biography of Jageman, who not only gained fame as an actress but also as count mistress and Prima Donna.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Reformen am deutschen Theater des 18. Jahrhunderts divergente Rolle der Frau Biografien von vier dazumal agierenden Schauspielerinnen Institutionalisierung und Ästhetisierung des Theaters Zeitalter der Aufklärung deutscher Sprachraum deutscher Kulturraum subventioniertes Bildungstheater soziale Stellung der Schauspieler gewerberechtliche Grundlagen regionale Unterschiede des Theaters
Autor*innen
Katrin Wrann
Haupttitel (Deutsch)
Die im Zuge der Reformen des 18. Jahrhunderts divergente Rolle der Frau am deutschen Theater
Hauptuntertitel (Deutsch)
unter besonderer Berücksichtigung der Biografien von vier dazumal agierenden Schauspielerinnen
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
196 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Hilde Haider
Klassifikation
24 Theater > 24.06 Theatergeschichte
AC Nummer
AC10888958
Utheses ID
25686
Studienkennzahl
UA | 317 | | |
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